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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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ein paar leere Schüsse gegeben haben, nur damit sie dahin kommen und nicht nach Q. Und Tehachapi soll sogar noch besser sein, habe ich gehört. Man kriegt dort gutes Essen, und arbeiten braucht man fast überhaupt nicht. Und dann haben sie dort diese Gruppentherapien. Das macht manchmal sogar richtig Spaß. Und in dieser Handelsschule, die sie dort hatten, wird ja auch nichts als blöd herumgelabert. Ich könnte mir also wirklich was Schlimmeres vorstellen. Ehrlich gesagt, das letztemal tat es mir richtig leid, als sie mich nach dreizehn Monaten entlassen haben. Aber die drei Jahre in Q haben mir das Kreuz gebrochen. Das kannst du mir glauben, Bumper. Wenn du dort sitzt, dann weißt du echt, daß du im Knast bist.«
    »Hast du auch im Knast immer noch ans Drücken gedacht?«
    »Klar, das geht einem nie aus dem Kopf.« Er entblößte seine verfaulten Zähne wieder zu einem Lächeln, als wir neben der Rufsäule stehenblieben. Zwar gingen hin und wieder Leute an uns vorbei, aber immer in einiger Entfernung. »Im Moment müßte ich mir gerade ganz nötig einen Schuß geben, Bumper. Wirklich.« Er sah mich an, als wollte er jeden Augenblick zu weinen anfangen.
    »Jetzt beruhig dich erst mal, Wimpy. Wenn du dich deinerseits ein wenig erkenntlich zeigst, werde ich dich vielleicht laufenlassen. Fang schon mal an, ein bißchen nachzudenken, während ich mal deine Bewährungsakte überprüfen lasse, ja?«
    »Ich habe dir doch gesagt – mit meiner Bewährung ist alles in Ordnung.« Dabei schien er bereits wieder merklich aufzuleben, da er merkte, daß ich ihn wegen seiner Einstiche nicht einlochen wollte. »Wir beide wären wirklich ein gutes Gespann, Bumper. Dir habe ich immer getraut. Dir wird ja auch überall nachgesagt, daß du echt nichts über deine Informanten kommen läßt. Wegen deiner Verhaftungen hat noch keiner ins Gras beißen müssen. Ich weiß genau, daß du eine ganze Schwadron von Informanten hast. Aber von denen ist bis jetzt noch keinem was zugestoßen. Du kümmerst dich wirklich um deine Leute.«
    »Und das gleiche gilt auch für dich, Wimpy. Du hast von meiner Seite nichts zu befürchten. Wenn du mir hilfst, wird kein Mensch etwas davon erfahren. Niemand.«
    Wimpy ging es tatsächlich nicht sonderlich gut, und so schloß ich die Rufsäule auf und beeilte mich mit der Überprüfung. Ich gab dem Mädchen seinen Namen und sein Geburtsdatum durch und zündete ihm die Zigarette an, während wir auf die Antwort warteten. Er fing an, sich umzublicken. Natürlich hatte er keine Angst, zusammen mit mir gesehen zu werden. Er hielt nur nach einem Kontakt Ausschau – nach einem Dealer oder einem Junkie, nach irgend jemandem, der etwas zum Drücken haben könnte. Bevor ich zu fixen anfange, würde ich mir eher den Schädel durchpusten, dachte ich.
    »Wo wohnst du eigentlich? In einem Übergangsheim?« erkundigte ich mich.
    »Nicht mehr. Weißt du, nachdem ich drei Jahre clean war, dachte ich, daß ich es diesmal packen würde. Und dann kam ich raus und habe mir schon am zweiten Tag einen Schuß gegeben. Darauf fühlte ich mich so miserabel, daß ich zu so einer Rehabilitationsstelle drüben im Osten ging und mich dort aufnehmen ließ. Dort bin ich dann auch noch drei Tage clean geblieben, aber dann bin ich wieder abgehauen, habe mir etwas Stoff besorgt, und seitdem habe ich ständig eine Nadel im Arm stecken.«
    »Hast du eigentlich auch im Knast mal gedrückt?« wollte ich wissen. Ich bemühte mich, unsere Unterhaltung in Gang zu halten, bis ich die gewünschte Auskunft bekam.
    »Nie. Dazu gab es ja auch gar keine Gelegenheit. Von ein paar Typen habe ich allerdings so was gehört. Und einmal habe ich auch zwei Typen gesehen, die sich selbst eine Spritze zusammengebastelt haben. Die haben von irgendwoher eine kleine Lieferung erwartet. Also, ich weiß echt nicht, was die eigentlich vorhatten, aber sie haben sich tatsächlich das ganze Zeug zusammengefummelt, um sich einen Schuß zu geben.«
    »Wie haben sie das denn gemacht?«
    »Sie haben eine Glühbirne zerbrochen, und dann hat einer den Draht mit einem Stück Pappe und irgendeinem Lumpen festgehalten, und der andere hat ihn mit Streichhölzern aufgeheizt, und dann haben diese Irren den Draht so lange gedehnt, bis sie eine richtig gute Nadel hatten. Dann haben sie mit einer Stecknadel ein Loch in das Ding gemacht und so ein Nasensprayfläschchen daran befestigt. Wenn ich gekonnt hätte, ich hätte mir echt auch so ein Ding in den Arm gesteckt, solange da nur ein

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