Der müde Bulle
in der Schule, Papa. Wirklich. Frag Bumper!«
»Frag Bumper!« brummte Cruz und trank einen Schluck Bier.
Die größeren Kinder waren inzwischen auch eingetroffen. Linda, George und Alice waren typische Highschool Teenager, und ich hatte für sie natürlich auch was zum Anziehen gekauft. Für George hatte ich ein paar langärmelige Hemden in modischen Farben besorgt, und seiner Miene nach zu schließen, hätte meine Wahl nicht besser ausfallen können.
Nachdem sich die Kinder alle mindestens ein dutzendmal bei mir bedankt hatten, befahl Socorro ihnen, die Sachen wegzuräumen, und rief uns zu Tisch. Dicht gedrängt und auf verschiedenen Stühlen saßen wir um den riesigen, viereckigen Eichentisch herum, der sicher eine Tonne wog. Ich wußte das, weil ich Cruz nämlich geholfen hatte, ihn vor zwölf Jahren ins Haus zu tragen, als noch niemand hätte sagen können, wie viele Kinder einmal an diesem Monstrum von Tisch sitzen würden.
Das Tischgebet wurde immer vom Jüngsten gesprochen. Und als Ralph damit fertig war, bekreuzigten sich alle. Mir lief bereits das Wasser im Mund zusammen, da direkt vor mir auf einer riesigen Platte die Chiles rellenos lagen. Die gewaltigen Chiles waren mit Käse gefüllt und in Butter gebraten. Und bevor ich mir noch etwas nehmen konnte, hatte mir Alice bereits meinen Teller gefüllt, ohne daß sich eines von den anderen Kindern etwas genommen hätte. Ihre Eltern mußten sie nie zu so etwas anhalten. Sie wußten einfach, was sich gehörte.
»Ihr habt also Cilantro«, stellte ich genüßlich fest, während mir schon fast der Speichel aus den Mundwinkeln tropfte. Ich konnte dieses herrliche Gewürz unmißverständlich herausriechen.
Mit den Fingern streute mir Marta noch etwas zusätzliches Cilantro über meine Carnitas, als ich das sagte, und dann biß ich in eine weiche, hausgemachte Mehltortilla, gefüllt mit Carnitas und Socorros eigener Chilisoße.
»Und, Bumper?« erkundigte sich Cruz, nachdem ich etwa einen halben Teller leer gegessen hatte, was etwa fünfunddreißig Sekunden gedauert hatte.
Ich verdrehte stöhnend die Augen, worauf alle zu lachen anfingen, da sie diesen Gesichtsausdruck schon zu gut kannten.
Socorro wandte sich ihrer Tochter zu. »Siehst du, Marta, du würdest sicher viel lieber kochen, wenn du für jemanden wie Bumper kochen könntest, der das Essen dann auch genießen würde.«
Mit einem zufriedenen Grinsen spülte ich etwas Chile relleno und Enchilada mit drei mächtigen Schlucken kaltem Bier hinunter. »Eure Mutter ist wirklich eine Kochkünstlerin!«
Ich verdrückte drei Portionen Carnitas – zarte, kleine Schweinefleischstückchen, über die ich etwas von Socorros Chilisoße, Cilantro und Zwiebeln gab. Als schließlich alle mit dem Essen fertig waren, blieben neun braune Augenpaare ungläubig an mir haften, während ich die letzten drei Chile rellenos auf meinen Teller lud und einen in die letzte Tortilla wickelte. Als ich dann auch noch die letzten Carnitas, die noch in der Schüssel lagen, verdrückte, wurden diese neun Augenpaare noch größer.
»Por Dios«, murmelte Socorro. »Ich dachte, ich hätte ausreichend für zwanzig Leute gekocht.«
»Das hast du doch auch, Sukie«, beruhigte ich sie und räumte in der beglückenden Gewißheit, die Bewunderung aller auf mich zu ziehen, die letzten Reste von meinem Teller. »Ich bin heute abend nur ganz besonders hungrig, und du hast heute abend besonders gut gekocht. Außerdem wäre es doch einfach jammerschade, etwas von den leckeren Sachen verkommen zu lassen.« Dabei aß ich noch einen halben Chile relleno und spülte ihn mit einem Schluck Bier hinunter. Und während ich zufrieden um mich blickte, mußte Nacho stöhnend rülpsen.
Wir alle konnten uns vor Lachen kaum halten, und Ralph fiel sogar von seinem Stuhl und kringelte sich auf dem Boden. Das war schon verdammt komisch, wenn ich es mir genauer überlegte. Mit meiner Gefräßigkeit lenkte ich die gesamte Aufmerksamkeit auf mich, und sie amüsierten sich dabei auch noch köstlich.
Nach dem Essen räumten wir den Tisch ab, und dann mußte ich mit Alice, Marta und Nacho eine Partie Scrabble spielen, während die anderen zusahen. Zwischendurch trank ich immer wieder Bier und nahm einen gelegentlichen Schluck Mescal, den Cruz inzwischen in aller Öffentlichkeit anbot. Um neun Uhr, als die Kinder ins Bett mußten, war ich schon ziemlich vollgetankt.
Mit Ausnahme von George und Nacho, die mir die Hand schüttelten, gaben mir alle einen
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