Der müde Bulle
deine Schlüssel, Charlie«, bat ich ihn. »Ich werde mich jetzt lieber verdrücken. Du brauchst mich ja nicht mehr.«
»In Ordnung, Bumper. Schön, daß du mitgekommen bist.« Charlie warf mir die Wagenschlüssel zu. »Steck sie unter die Sonnenblende. Du weißt ja, wo wir unsere Autos immer abstellen.«
»Ja.«
»Ich werde dich weiter auf dem laufenden halten, Bumper.«
»Bis dann also, Charlie. Und Ihnen alles Gute«, verabschiedete ich mich von Reba.
»Auf Wiedersehen.« Sie winkte mir wie ein kleines Mädchen nach.
11.
In dem neuen Wagen mit der Klimaanlage war die Rückfahrt zum Glashaus ganz erträglich. Angeblich waren auch einige von den neuen Schwarzweißen damit ausgestattet, aber ich hatte noch keinen zu Gesicht bekommen. Ich schaltete das Radio ein, suchte einen Sender mit ruhiger Musik und steckte mir eine Zigarre an. Im Fenster einer Bank war die Temperatur angezeigt. Sie betrug zweiunddreißig Grad. Mir kam es allerdings wesentlich heißer vor. Es war verdammt schwül.
Nachdem ich den Harbor Freeway überquert hatte, kam ich an einem großen Maklerbüro vorbei, das ich einmal um einen Großteil seiner Maschinen gebracht hatte. Einer meiner Informanten hatte mich darauf hingewiesen, daß jemand aus diesem Büro von einem Einbrecher Büromaschinen kaufte. Aber er wußte nicht, wer der Käufer war, und den Einbrecher kannte er ebensowenig. Also erschien ich eines Tages während der Mittagspause in dem betreffenden Büro. Um diese Zeit hielten sich dort kaum Angestellte auf, und ich erzählte ihnen, ich käme im Zuge einer Sicherheitsüberprüfung zur Vermeidung von Einbrüchen. Eine hübsche kleine Büromaus, die keineswegs auf den Mund gefallen war, führte mich durch die Räume, so daß ich Fenster und Türen überprüfen konnte. Und dann half sie mir sogar dabei, die Seriennummern der einzelnen Büromaschinen aufzuschreiben, damit wir von der Polizei sie leichter wieder beschaffen könnten, falls sie je gestohlen werden sollten.
Wieder zurück auf der Station, rief ich sofort Sacramento an und gab ihnen die Nummern der Maschinen durch. Wie sich herausstellte, waren dreizehn von neunzehn Maschinen bei verschiedenen Einbrüchen im Großraum Los Angeles gestohlen worden. Zusammen mit den Detectives von der Einbruchsabteilung fuhr ich wieder zu dem Maklerbüro und kassierte die Maschinen zusammen mit dem Abteilungsleiter ein. Elektrische Schreibmaschinen sind im Augenblick der große Renner. Die meisten werden von den Dieben an ›ehrbare‹ Geschäftsleute verhökert, die sich solch eine günstige Gelegenheit natürlich nicht durch die Lappen gehen lassen wollen.
Die Mittagspause rückte näher, als ich Charlies Wagen vor der Station abstellte und in meinen Schwarzweißen umstieg. Ich überlegte, was ich an diesem Tag zu Mittag essen sollte. Olvera Street kam jedenfalls nicht in Frage, da ich ja am Abend zuvor schon bei Socorro und Cruz mexikanisch gegessen hatte. Ich dachte schon an Chinatown, aber dort war ich erst am Dienstag gewesen. Ich entschloß mich gerade für eine gute Hamburgerbude, als mir Odell Bacon einfiel. Ich hatte schon einige Zeit kein Barbecue gegessen, und so fuhr ich auf der Central Avenue in Richtung Süden zur Newton Street, und als ich an so ein saftiges Steak dachte, lief mir das Wasser im Mund zusammen.
Ich sah eine Negerin aus einem Bus steigen und in eine Seitenstraße der Central Avenue biegen. Ohne einen bestimmten Grund bog auch ich in diese von Wohnhäusern gesäumte Straße, um zur Avalon hinüberzuwechseln. Dann fiel mir ein Schwarzer auf der Veranda eines weiß gestrichenen Holzhauses auf. Er beobachtete die Frau und wollte gerade aufstehen, als er den Streifenwagen sah. Er tat so, als schaute er in den Himmel, und setzte sich dann wieder – eine Spur zu gelassen – in seinen Sessel. Ich fuhr einfach an ihm vorbei, bog um die nächste Ecke und trat dann wie ein Verrückter aufs Gaspedal, um möglichst schnell um den Block zu fahren und in derselben Straße wieder herauszukommen. Es war ein altbekannter Trick, daß sich Handtaschenräuber in der Nähe einer Bushaltestelle ein Haus suchten, in dem gerade niemand zu Hause war, um es sich dort dann auf der Veranda bequem zu machen, bis eine Frau vorbeikam. Dann stürzte so ein Kerl auf sie zu, entriß ihr die Handtasche und rannte durch den Garten eines Hauses zur Parallelstraße hinüber, wo sein Wagen geparkt war.
Die meisten schwarzen Frauen in dieser Gegend tragen allerdings keine Handtaschen mehr.
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