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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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aufmerksam
wurde, denn die Bilder vorher zeigten, dass er zunächst einen anderen Mann verfolgt
hatte.
    Ich war ihm bisher noch nie persönlich begegnet, aber ich erkannte
ihn aus Brockhaus’ Akten, die er mir zugemailt hatte. François Muller. Der
Stadtrat. Der Vater von meinem heißgeliebten Frettchen Henri. Wie er in seinen
Mercedes einstieg und wegfuhr. Der natürlich auch in einem Halteverbot
gestanden hatte.
    Ich sah zu Landvogt hin, der sich langsam wieder regte. Wieso war er
hinter Muller her gewesen? Nun, die Frage konnte ich ihm nachher ja noch
stellen.
    Ich klickte weiter rückwärts, sah Muller die Straße herunterkommen,
vor einem Hotel stehen, durch die Rezeption gehen und dann, wie er einem Mann
die Hand schüttelte, der mit dem Rücken zur Kamera stand. Einen Mann, den ich
nur zu gut kannte, auch wenn ich ihn nur von hinten sah. Gernhardt. Drei Bilder
weiter und ich konnte ihn im Profil bewundern, er war es wirklich. Landvogt
hatte ihn an der Rezeption erwischt, wie er gerade dem Portier eine Magnetkarte
zurückgab. Und direkt neben ihm stand ein junger Mann mit Glatze, strahlend
blauen Augen und einem blonden Vollbart. An dessen Handgelenk eine alte
Breitling zu erkennen war.
    »Hhmpf!«, meldete sich Landvogt zu Wort.
    Wenn diese Uhr nicht gewesen wäre, hätte ich Horvath nicht erkannt.
Glatze, Kontaktlinsen, ein Bart … manchmal brauchte man nicht mehr, damit einen
selbst die eigene Mutter nicht erkennen konnte.
    Ich atmete tief durch und klickte wieder vor, bis zu dem Moment, in
dem Muller aus dem Hotel kam. Es war nicht der Elbhof, sondern das Hotel
Rheingau. Das sich auf der anderen Straßenseite vom Elbhof befand. Um was
sollte ich wetten, dass Horvath dort abgestiegen war? Und er sich ein Zimmer
genommen hatte, das es ihm erlaubte, einen Blick in Achim Krügers Zimmer zu
werfen? Was wäre geschehen, wenn ich dort aufgetaucht wäre? Ein Schuss von der
anderen Straßenseite? Oder hätte er gewartet, bis ich das Hotel verließ?
    »Mmm hmmpf!«, meinte Landvogt und stemmte sich gegen das Klebeband.
    Gernhardt, der mir von einem Währungsbetrug ungeheuren Ausmaßes
erzählt hatte. Muller, der Stadtrat, der darüber entschied, wer die städtischen
Recyclingaufträge erhielt. Marvin, der sich in ein Geldtransportunternehmen
eingekauft hatte, das beschädigtes Geld zur Bundesbank und neues Geld zu den
Banken karrte. Anschütz, der bei der Bundesbank die Aufträge für diese Touren
vergab. Lucio, der sowohl Marvin seine Windeln als auch Muller seine Lederdamen
vermittelt hatte. Horvath, der Lucio und Anschütz auf dem Gewissen hatte, und
beinahe noch Nina, die so gar nicht in das Muster passte.
    Mein alter Campingstuhl protestierte quietschend, als ich mich
nachdenklich zurücklehnte. Der Schlüssel zu dem Ganzen lag bei Clarion
Securities. Irgendetwas geschah in den Geldtransportern auf dem Weg hin oder
zurück zur Bundesbank. Nur was? Es war schwer vorstellbar, dass man den Banken
oder gar der Bundesbank auf diese Weise Blüten unterschieben konnte. Wenn die
Banken neue Scheine erhielten, mochte ich wetten, dass sie druckfrisch und
fortlaufend nummeriert waren. Und wenn die Banken selbst Falschgeld ausgeben
würden, dann würden sie es irgendwann bemerken. Dagegen sprach, dass die ganze
Sache schon seit Jahren laufen musste. Es wäre irgendwann aufgeflogen.
    »Hhmpfff!!«
    Irgendwie hatte es mein Gast fertiggebracht, sich mit den Fußspitzen
so abzustemmen, dass er mitsamt dem Stuhl nach hinten kippte. Es tat einen
dumpfen Schlag. »Hhmpfff!«, protestierte Landvogt erneut. Diesmal klang er eher
weinerlich dabei.
    Ich zog ihn und seinen Stuhl wieder hoch und stellte ihn an die
gleiche Stelle wie zuvor.
    Eines war sicher. Gernhardt hatte mich belogen. Er brauchte mich
wohl kaum, um Horvath zu finden oder den Währungsbetrug aufzudecken. Er saß mittendrin
im Netz. Wie eine fette haarige schwarze Spinne.
    Du bist erleichtert.
    War ich auch. Mein Hass auf Gernhardt hatte mich am Leben erhalten,
daran gab es kaum einen Zweifel. Hätte es sich gezeigt, dass Gernhardt es
ehrlich meinte, hätte es meine Grundfesten ins Wanken gebracht. Gernhardt hatte
mich nach Strich und Faden belogen. Wahrscheinlich war auch die Geschichte über
Horvath falsch. Selbst wenn er vor fast zwanzig Jahren gesehen haben sollte,
wie ich seinen Vater erschoss, hätte er mich kaum ohne Hilfe finden können. Vielleicht
hatte Gernhardt seine Finger darin. Wäre ihm zuzutrauen, er spielte immer gerne
andere gegeneinander aus.
    Ich

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