Der Müllmann
grinste der eine,
als ich an ihnen vorbeigehen wollte. Er stellte sich mir in den Weg.
Ein Schlag in den Kehlkopf, dem Typen links trete ich die
Kniescheibe weg und dem anderen …
Falscher Zeitpunkt, Heinrich.
Ich riss mich zusammen und ging einfach links an dem Kerl vorbei,
ohne ihn und seine Freunde auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen.
Aber ich hatte sie mir gemerkt.
Zu
Hause wartete Marietta auf mich, zusammen mit ihrem adretten Kollegen. Er
lehnte an dem schwarzen BMW, den die beiden wohl als Dienstwagen fuhren, hatte
die Arme verschränkt und sagte nichts weiter. Nur seine Augen waren beständig
in Bewegung, und seine Stirn war gefurcht, als gäbe es da jemand, der ihm nicht
gefiel. Dreimal durfte ich raten, wer das war.
Marietta
trug diesmal ein dunkelblaues Kostüm, mit einem Rock, der knapp unter den Knien
endete, dazu farblich passende Stiefel. Diesmal trug sie ihr Haar offen, sie
hatte eine Menge davon. Und endlos lange Beine.
Erinnere dich besser nicht an
diese Beine. Oder daran, wie sie sich angefühlt hat.
Zu spät.
Der BMW stand in meiner Auffahrt, sodass ich nicht in die Garage
fahren konnte. Also parkte ich auf der Straße und ging zu ihr hin.
»Sie haben Glück, dass wir Sie noch angetroffen haben«, begrüßte sie
mich.
Ich sah das genauso. Nur aus anderen Gründen. Auf Kommissar Dressman
hätte ich allerdings verzichten können. »Wieso?«
Sie schenkte mir ein schmales Lächeln. »Sonst hätten wir Sie ins
Präsidium vorgeladen.«
Gutes Argument.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte ich höflich.
»Mir ein paar Kleinigkeiten erklären.« Ihr Blick war aufmerksam und
direkt, es fiel mir schwer zu erkennen, ob sie sauer wegen etwas war.
Vermutlich schon. Ihre Augenbrauen waren etwas zusammengezogen, und ich kannte
diesen Blick. Ja, sie war noch immer sauer.
Oder wieder. Ich sag doch, sie hat
dich gestern Abend erkannt.
»Bitte«, sagte ich mit einem freundlichen Lächeln und öffnete meine
Arme zu einer Geste, die andeuten sollte, dass ich für sie ein offenes Buch
wäre. »Was wollen Sie wissen?«
»Sie haben vergessen zu erwähnen, dass Sie in den letzten drei Tagen
jeden Tag im Café gewesen sind. Zufälligerweise immer dann, wenn Herr Valente
auch anwesend war.« Sie sah mich prüfend an. »Haben Sie ein besonderes
Interesse an dem Herrn gehabt?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Der Cappuccino dort ist ganz gut.«
»Ja«, sagte sie. »Sicher. Das Café ist nicht gerade bei Ihnen um die
Ecke. Fahren Sie gerne eine halbe Stunde im Berufsverkehr, um dort Pause zu
machen? Ach, ich vergaß, Sie sind selbstständig und arbeiten von zu Hause aus.
Ist Ihre Kaffeemaschine kaputt?«
»Es ist ein Zufall«, sagte ich unwirsch. »Was wollen Sie?«
»Ich kannte mal einen Heinrich Schmitt«, sagte sie leiser. »Es ist
lange her, aber ich bin ziemlich sicher, dass er bei der Bundeswehr war. Hat
dort studiert. Wurde dann zum AMK versetzt. Der Mann, den ich kannte, hatte ein
ausgezeichnetes Gedächtnis und hätte sich geschämt, eine solche Zeugenaussage abzugeben.«
Sie blickte mir weiter in die Augen. »Ich habe etwas gegraben. Viel habe ich
nicht gefunden, nur dass du als Ausbilder zwei Jahre dem KSK zugeteilt gewesen
bist. Von Anfang an dabei. 95 bis 97. Aber deinen Sold hast du nach wie vor
über das AMK bezogen. Mir sagt das, dass du beim BND gewesen bist.«
»Ja«, nickte ich. »Das hört man immer wieder. Ist aber nicht wahr.
Wir erproben dort auch neue Materialien. Deshalb war ich auch beim KSK, es ging
dabei um Ausrüstung, Taktik und Strategie. Wenn du das als Ausbilden bezeichnen
willst«, ich hob die Schultern und ließ sie wieder fallen, »dann bitte sei mein
Gast.«
Sie tat, als hätte sie mich nicht gehört. »Dann hast du dich
angeblich an einem Schreibtisch festgehalten, wurdest zweimal befördert, ohne
dass sich dein Job geändert hätte, und wurdest dann …« Sie stockte kurz. »Du wurdest
für tot erklärt. Ich war auf der Trauerfeier.«
War sie? Das traf mich härter, als ich gedacht hatte. »Ich …«,
begann ich, doch sie unterbrach mich erneut. »Fang jetzt bloß nicht damit an,
dass es nur ein kleiner Irrtum gewesen wäre.« Sie atmete tief durch, um sich zu
fangen. »Es tut auch nichts zur Sache. Dann, vor sechs Jahren, bist du
plötzlich wieder aufgetaucht, und man hat dich in den Ruhestand versetzt. Vier
Jahre, bevor du deine vierundzwanzig Jahre voll gehabt hättest. Was ist
passiert, Heinrich?«, fragte sie.
»Mein Rücken wollte nicht
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