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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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nicht, dass du nicht wusstest, wer er
war.«
    »Ich wollte ein Date mit dir«, antwortete ich ruhig. »Für ein Verhör
musst du mich schon vorladen.«
    »Beantworte mir die Frage und wir vergessen meinen Beruf«, sagte sie
mit einem leichten Lächeln, und es sah fast so aus, als ob sie es ernst meinte.
    »Ich habe mit seinem Tod nicht das Geringste zu tun«, sagte ich, und
sie nickte.
    »Das glaube ich dir. Du hättest ihn eher selbst umgelegt, als
jemandem einen Auftrag zu geben, nicht wahr?«
    Beinahe hätte ich mich an meinem Wein verschluckt. Offenbar konnte
sie mich noch immer erschreckend gut einschätzen.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Er hat mein Interesse erweckt, nicht
mehr. Es war ja kaum zu übersehen, was er für ein Typ war. Ich habe meinen
Cappuccino getrunken und ihm zugesehen, wie er Geschäfte getätigt hat. Er gab
sich wenig Mühe, etwas zu verbergen. Aber das war es schon.«
    »Du hast ihn dort zum ersten Mal gesehen?«
    »Im Café? Ja.« Was ja auch stimmte.
    »Und dann festgestellt, dass du ihn nicht magst und ihn dann dort
beobachtet? Ist das deine Geschichte?«
    »So war es in etwa. Ich habe mich etwas umgehört, das ist wahr, aber
viel herausgefunden habe ich nicht. Ich sagte bereits, ich habe mit seinem Tod
nicht das Geringste zu tun. Und das ist die Wahrheit.«
    Sie beugte sich etwas vor, um mir besser in die Augen sehen zu
können. »Und warum das Ganze?«
    »Ich mochte den Kerl einfach nicht. Ich hasse es, wenn sich jemand
an Frauen vergreift.«
    »Ja«, sagte sie leise. »Ich weiß.«
    Und was bedeutete das nun schon wieder? Sollte ich sie fragen? Nein,
besser nicht.
    »Das hättest du auch bei der Vernehmung sagen können«, warf sie mir
vor.
    »Nachdem er nun schon tot war, wollte ich mit der ganzen Sache
nichts mehr zu tun haben. Ist doch verständlich, oder? Ich wollte vermeiden,
dass ich diese Fragen gestellt bekomme!«
    Sie sah mich lange prüfend an.
    »Okay«, sagte sie langsam. »Das glaube ich dir sogar. Ich habe
gehört, dass du dich über die Bedienung geworfen hast.«
    Langsam wurde es mir unangenehm.
    »Reflex«, sagte ich und fühlte mich seltsam peinlich berührt. »Ich
mag Anette. Und sie ist eine alleinerziehende Mutter.«
    »Jetzt erkläre mir noch, wo und wie man einen solchen Reflex
entwickelt«, forderte sie spitz. »Kam es öfter vor, dass Schüsse fielen,
während du die Rollen gezählt hast?«
    Antonio rettete mich aus der Bredouille. Er war fast unbemerkt an
den Tisch gekommen, räusperte sich und bedachte uns beide mit einem
vorwurfsvollen Blick. »Ihr habt den Wein nicht einmal angerührt!«, beschwerte
er sich, als er das Essen servierte. »Ist guter Wein! Ihr esst Teller auf, ja,
sonste ich bin beleidigt, ja?« Er bedachte uns beide mit einem prüfenden Blick.
»Und nicht streiten, dann schmeckt Essen nicht!«
    »Der ernste Teil ist vorbei«, versprach Marietta mit einem
gewinnenden Lächeln. »Es ging nur um die Arbeit.«
    »Und was für eine Arbeit iste das?«, fragte Antonio neugierig.
    »Ich bin bei der Mordkommission.«
    »Oh«, nickte Antonio. »Das kann Appetit verderben«, gab er dann zu.
»Aber jetzt Schluss damit, ja, verstanden?«
    Als er wieder gegangen war, sah Marietta hinter ihm her.
    »Hat er plötzlich einen Sprachfehler bekommen?«
    »Das ist seine Ich-bin-Italiener-Masche. Er vergisst manchmal, bei
wem er sie anwendet.«
    Sie lachte kurz, doch dann wurde sie wieder ernst. »Er hat aber
recht. Es ist fast schon eine Berufskrankheit geworden, einem mit Fragen das
Essen zu verderben.« Sie bedachte mich mit einem schwer lesbaren Blick. »Ich
denke, dass jemand, der bei einer Schießerei versucht, eine Frau zu schützen,
die er nur flüchtig kennt, kaum schlecht sein kann. Vielleicht sogar auch
nett.«
    »Danke«, sagte ich erleichtert, als sie zu ihrem Besteck griff.
Vielleicht meinte sie es ja sogar ernst. »Sag mal, hast du Erfahrung mit
Sexualverbrechen?«
    Sie sah mich überrascht an und ließ das Besteck wieder sinken.
»Warum? Weil ich eine Frau bin?« Sie schüttelte den Kopf. »Das Thema eignet
sich ja wohl kaum besser als Tischgespräch!«, fügte sie vorwurfsvoll hinzu.
    »Nein. Da hast du recht«, gab ich leise zu. »Doch meine Nichte … ihr
ist da etwas geschehen. Und sie will keine Anzeige erstatten, weil sie
fürchtet, vor Gericht über glühende Kohlen gezogen zu werden.«
    »Das ist eine ernste Sache«, meinte sie nachdenklich und legte ihr
Besteck zur Seite, um mich lange anzusehen. »Offiziell sage ich natürlich,

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