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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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dass
sie Anzeige erstatten sollte. Tatsächlich aber ist es so, dass die Beweisführung
für ein solches Verbrechen sehr schwer ist … es sei denn«, fügte sie mit einem
hoffnungsvollen Blick hinzu, »dass es Zeugen gibt.«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete ich. »Aber ich glaube eher nicht.
Also, was …«
    »Sie weiß, wer der Täter ist?«
    Ich nickte. Es war ja meistens so; der Fremde im Park war wohl eher
die Ausnahme.
    »Kann er sich einen guten Anwalt leisten?«
    »Den Besten. Sein Vater hat Geld und ist in der Politik.«
    Sie griff nach meiner Hand und hielt sie fest.
    »Sag Ana Lena, sie soll tun, was sie selbst für sich als das
Richtige empfindet«, riet sie mir eindringlich. »Der Kerl ist es nicht wert,
dass er ihr Leben ruiniert … und das kann vor Gericht ganz leicht geschehen. Es
ist eine traurige Tatsache, aber wahr. Wenn sie allerdings den Namen nennt,
kann man ihm mal auf den Zahn fühlen. Unauffällig, versteht sich. Vielleicht
gibt es noch andere Vorfälle.«
    »Die gab es«, nickte ich.
    Marietta zog ihre Brieftasche heraus, nahm eine ihrer Visitenkarten
und schrieb mir eine Nummer auf die Rückseite.
    »Das ist die Nummer einer Kollegin bei der Sitte, die sich mit
solchen Dingen sehr gut auskennt. Sie ist zudem sehr diskret. Sie … sie weiß
auch, um was es dabei geht. Wenn Ana Lena sich dafür entscheidet, dann soll sie
diese Nummer anrufen, ja?«
    Ich nahm ihre Karte an, einen Moment lang begegneten sich unsere
Blicke, dann schüttelte sie den Kopf, warf einen bedauernden Blick auf ihren
Teller und legte das Besteck endgültig zur Seite. »Heinrich, wenn du willst,
kann ich mit ihr reden. Wenn sie will.«
    »Nee, lass mal«, sagte ich. »Du hast mir schon geholfen.«
    »Wirklich?«, meinte sie zweifelnd. »Es tut mir leid, Heinrich«, sagte
sie dann leise. »Aber ich glaube, das hat heute keinen Zweck mehr.« Damit hatte
sie wohl recht. »So hatte ich mir das nicht vorgestellt.«
    Ich auch nicht.
    »Wir können das gerne bei einer anderen Gelegenheit nachholen, ja?«
    »Ja, sicher«, sagte ich und stand auf, als sie ihren Stuhl
zurückschob. Ich glaubte ihr kein Wort. So viel zu diesem Date. Aber was hatte
ich auch anderes erwartet? Du bist einfach nur ein Idiot, dachte ich, als sie
sich von mir verabschiedete. Mit Händedruck. Ganz formell.
    Antonio kam an unseren Tisch, und wir beide sahen zu, wie Marietta
durch die Tür ging. Dann musterte mein bester Freund die unangetasteten Teller.
    »Du hast es wieder versaut«, stellte er fest. »Was ist es nur mit
den Signoras? Sie fallen dir zu Füßen, und du bemerkst es gar nicht! Und wenn
dann eine kommt wie Marietta, dann baust du Mist! Sie liebt dich noch immer!«
    »Nein, Antonio, das ist schon lange vorbei.«
    »Quatsch«, widersprach er. »Da braucht man nur hinzusehen, um das zu
erkennen … warum stellst du dich immer so dumm an?«
    »Was ist mit deinem italienischen Akzent passiert?«
    »Den spare ich mir für essende Gäste«, antwortete Antonio
ungehalten. »Was ist eigentlich los mit dir? Macht dir Ana Lena immer noch zu
schaffen? Meine Älteste hat sich die Ohren mit fünfzehn löchern lassen. Viermal
an jeder Seite. Bis auf die für die Ohrringe sind die anderen schon wieder
zugewachsen und nicht mehr zu sehen!« Er warf die Hände theatralisch in die
Höhe. »Sie ist bald erwachsen, lass sie doch, es sind ihre Ohren!«
    Das hatte er schon das letzte Mal gesagt, als ich ihm mein Leid
geklagt hatte.
    »Nein«, meinte ich leise. »Die Piercings sind nun wirklich das
kleinste Problem.«
    »Dann erzähl mal«, sagte Antonio und setzte sich auf den Stuhl, den
Marietta gerade geräumt hatte. Er wies auf meinen Teller. »Und iss.«
    »Hast du nicht Gäste, um die du dich kümmern solltest?«, meinte ich
mit einem Blick auf das fast vollbesetzte Lokal.
    »Ich habe einen Freund, der Sorgen hat. Und auch Gast ist«, erklärte
Antonio. »Außerdem hat Teresa hier mit Liebe gekocht, das können wir doch nicht
verkommen lassen! Also, was ist geschehen?« Er hob drohend die Gabel. »Und
wehe, du isst nicht auf!«

    »Sei
einfach für sie da«, hatte Antonio gesagt, nachdem er erfahren hatte, was
geschehen war. Es hatte ihn sichtlich getroffen, er kannte Ana Lena schon, seitdem
Elisabeth sie als Baby das erste Mal mit hierhergebracht hatte. Es tat mir gut,
mit jemandem zu sprechen, dem ich rückhaltlos vertrauen konnte, wenigstens in
den meisten Fällen. Zudem konnte ich mir seiner Diskretion sicher sein.
    Für sie da
sein. Leichter gesagt

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