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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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und fiel vor mir erst auf die Knie
und dann der Länge nach noch auf die Schnauze.
    Ich hockte mich neben ihn und drehte ihn auf den Rücken. Er sah mit
weit aufgerissenen Augen zu mir hoch, schien noch etwas sagen zu wollen, doch
dann lag er still.
    Die Waffe, die er gezogen hatte, war eine von diesen
Elektroschockpistolen. Die Sorte, die hier in Deutschland verboten war. Die man
aber leicht über das Internet beziehen konnte. Sie schossen zwei Nadeln ab, an
denen Drähte hingen, über die man dem Opfer einen Stromstoß zufügen konnte.
    Das Dumme in dem Fall war, dass sich der Schuss direkt unter seinem
Kinn gelöst hatte. Ich öffnete ihm den Mund und fand die beiden Drähte, die in
seinem Gaumen verschwanden. Er hatte sich die Metallspitzen direkt ins Hirn
geschossen … und sich selbst gegrillt.
    Der Hund sah mit großen, traurigen Augen von seinem toten Herrchen
hin zu mir, setzte sich auf das Hinterteil und wedelte mit dem Schwanz.
    »Wuff«, kommentierte er die Lage und musterte mich erwartungsvoll.
Nur wusste ich auch nicht, was ich tun sollte. Es war ein Missverständnis, ein
Versehen, sagte ich mir, sollte ich etwa erst warten, bis ich die Waffe des
Gegners genauer sah? Welcher Depp geht denn schon mit einem Elektroschocker im
Schulterholster Gassi? Oder kommt auf die Idee, mit dem Ding herumzufuchteln?
Woher hätte ich denn wissen sollen, dass dann so etwas geschehen würde?
    »Wuff«, meinte der Hund. Ich sah von dem Hund zu dem GEZ-Schnüffler,
dann musterte ich die ruhige Umgebung. Die Lichter blieben aus, keine Rollläden
gingen hoch und auch von neugierigen Nachbarn war weit und breit nichts zu
sehen.
    Und jetzt?
    Ich löste die Leine aus der Hand des Toten, ging mit Hund und Leine
zurück zu meinem Wagen, ließ den Hund hinein und fuhr die zweihundert Meter
wieder zurück. Der Typ lag noch genauso da, wie er gefallen war, also hatte ich
mir die ganze Sache leider doch nicht eingebildet.
    Ich stieg aus, drehte den GEZ-Kerl auf den Rücken. Abgesehen von den
beiden Drähten gab es keine erkennbaren Wunden. Ich zupfte an den Dingern, doch
beide Nadeln stakten unerschütterlich im Gaumenknochen fest.
    Okay, ganz ruhig, dachte ich. Erstens war es Notwehr, zweitens war
es sein eigener verdammter Elektroschocker, und drittens hat er selbst
abgedrückt. Ich kann nichts dafür.
    Aber willst du dich wirklich mit der
Polizei auseinandersetzen?
    Nein, wollte ich nicht. Ich konnte es mir schon vorstellen, die
Verhöre, die Gerichtsverhandlung, die Meldungen in der Presse. Ich hatte genug
zu verbergen, wer wusste schon, was sie finden würden, wenn sie dann anfingen
zu graben.
    Du weißt ja, wie du ihn loswerden
kannst.
    Bislang dachte ich immer, es wäre die Stimme der Vernunft.
    Bin ich doch auch. Aber du hast
die Regeln gebrochen. Jetzt musst du den Müll auch wegräumen.
    Verfluchte Scheiße, dachte ich und hätte am liebsten laut geflucht.
Vielleicht sollte ich ihn doch einfach liegen lassen. Oder die Polizei holen.
    Klar. Ich war als Einzelkämpfer ausgebildet, und der Typ hat mich
mit seinem schwachsinnigen Spielzeug so in Bedrängnis gebracht, dass ich ihn
aus Notwehr umbringen musste.
    Du kannst ja versuchen, ihnen die
Geschichte zu verkaufen.
    Wohl eher nicht. Wo keine Leiche, da kein Mord. Eine alte Regel. Und
je länger ich hier herumstand, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass
noch irgendwer auf die Idee kam, seinen Köter Gassi zu führen.
    Ich öffnete meinen Kofferraum, nahm die Rolle mit der Plastikbahn,
packte den Toten in ein paar Lagen ein und wuchtete ihn dann in den Kofferraum.
Gott sei Dank war der Kerl nicht sonderlich groß gewesen.
    Der Hund war derweil damit beschäftigt, die Autofenster zu
beschlabbern.
    Klappe zu, Thema durch.
    Den Elektroschocker nahm ich auch mit. Ich musterte den Ort noch
einmal genauer, es würde mich wundern, wenn man hier noch Spuren finden könnte.
    Deshalb waren mir persönlich Unfälle am liebsten, dann brauchte man
sich um so einen Mist nicht zu kümmern. Nur wenn man so bescheuert ist, mitten
auf offener Straße jemanden umzulegen, nur weil der seinen Hund trat, dann
hatte man ein Problem. Aber ich konnte ihn ja nicht einfach so da liegen
lassen, oder etwa doch?
    Von wegen ein Problem. Es gab deren zwei, stellte ich fest, als ich
mich wieder in den Wagen setzte und der Hund mich vom Beifahrersitz aus
anhimmelte. Da habe ich einen neuen Fan gewonnen, dachte ich und kraulte das Vieh
hinter den Ohren. Und was jetzt?
    So viel zu Alibis und perfekten

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