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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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Ein Handtuch musste als Ersatz für die alte Hundedecke
herhalten, da diese von Motten zerfressen war. Offenbar war es gut genug für
Hund, der sich zufrieden im Körbchen zusammenrollte und prompt wieder zu
schnarchen anfing.
    Fressen und schlafen, mehr brauchte es für Hund wohl nicht, damit
seine Welt in Ordnung war. Als ich endlich wie erschlagen ins Bett fiel, war es
fünf Uhr morgens, und gerade als ich mich wohlig zur Seite drehte und streckte,
fiel mir ein, was ich vergessen hatte. Oder wen. Den Kerl von der GEZ in meinem
Kofferraum.
    Eigentlich sollte ich wieder aufstehen und mich gleich jetzt darum
kümmern, dachte ich verschlafen … aber irgendwie kam ich dann doch nicht mehr dazu.

    Viel
zu früh wurde ich von lautem Schnarchen und einem albtraumhaften Gewicht auf
der Brust geweckt. Zugleich versuchte jemand, mich zu ersticken, was dann daran
lag, dass Hund auf meiner Brust lag und mich schnarchend mit seinem Mundgeruch
bedachte, während Captain Jack sich direkt vor meiner Nase auf dem Kopfkissen
zusammengekringelt hatte.
    Als ich
mich seufzend von der Menagerie befreite, strafte mich Hund dafür mit einem vorwurfsvollen
Blick und Captain Jack mit erhabener Missachtung. Nicht zu fassen, dachte ich
schmunzelnd, wie sehr die beiden mich um den Finger wickeln konnten!
    »Wuff!«, meinte Hund dazu und ich lachte. Vielleicht war Hund genau
das Richtige für Ana Lena. Und für mich. Ich hatte ganz vergessen, wie es gewesen
war, als George I noch unter uns weilte. Einen Freund konnte man immer
gebrauchen. Auch wenn er vier Pfoten hatte.
    An etwas anderes wurde ich sogleich auch erinnert. Ich warf einen
Blick auf die Uhr, stöhnte auf und war versucht, mich wieder unter dem
Kopfkissen zu vergraben. Die Zeiten, dass ich die Nächte ungestraft durchmachen
konnte, waren wohl endgültig vorbei.
    Also hieß es Gassi gehen. Hund ließ sich Zeit damit, schnupperte
hier und da und entschied sich dann dazu, einen der Gartenzwerge vom Nachbarn
anzupinkeln. Das erledigt, lief er mit hoch erhobenem Kopf und Schwanz zurück
zum Haus, rannte die Treppe hoch und lag wieder in meinem Bett, ehe ich auch
nur die Haustür geschlossen hatte.
    Nach dem Duschen rief ich bei Jenny an und bekam ihre Mutter an die
Leitung. Ja, Ana Lena ginge es besser, und ja, ich konnte sie abholen kommen.
Aber erst in einer Stunde, die beiden Mädels wären noch im Bad.
    Die Zeit nutzte ich zum ersten Mal seit langer Zeit dazu, in Ruhe zu
frühstücken und die Zeitung zu lesen. Ein Aufruhr in Jemen, Proteste im
Gaza-Streifen, in den USA musste ein Republikaner von seinem Posten zurücktreten,
weil seine Affären aufgedeckt worden waren, Berlusconi zeigte, wie man es
richtig machte, und gab wieder Partys. Bunga Bunga. Irgendwie musste man den
Mann bewundern. Dafür ließ die FDP erklären, dass sie dafür einstehen würden,
dass die Bürger wieder mehr Geld in die Taschen bekämen. Stimmte ja auch, wenn
man als Voraussetzung fürs Bürgertum ein Mindesteinkommen von hunderttausend
Euro pro Jahr veranschlagte … Nichtbürger sollten wie üblich weiterhin
geschröpft werden. Die Sache in Libyen zog sich immer noch hin, in Fukushima
gab es ein strahlendes Wetter, nichts Neues also. Bis auf die Tatsache, dass
gestern Abend eine Autobombe in einem Parkhaus hochgegangen war. Drei Tote,
acht Verletzte, die Polizei ermittelte, terroristischer Zusammenhang noch nicht
bestätigt.
    Angewidert faltete ich die Zeitung zusammen und legte sie zur Seite.
Mein Großvater hatte immer gesagt, dass mit jedem Tag die Welt weiter vor die
Hunde gehen würde, und mittlerweile verstand ich auch, wie der alte Mann das
gemeint hatte.
    »Wuff«, sagte Hund und hatte damit unbestritten recht. So dämlich
wie wir Menschen würden Hunde sich wohl nicht anstellen.
    »Wuff!«, wiederholte Hund, diesmal mit mehr Nachdruck, und sah
bedeutsam in Richtung Haustür.
    Richtig, dachte ich und seufzte. Es war ja erst zwei Stunden her.
Hunde brauchten Auslauf. Na gut, vielleicht würde es mir ja auch guttun.
    Während Hund neugierig die Nachbarschaft erschnüffelte, nutzte ich
die Gelegenheit, die Alarmmeldungen auf meinem Blackberry abzuarbeiten. Bernd
hatte seit gestern schon viermal versucht mich anzurufen, offenbar war im Laden
die Hölle los, und zudem hatte das Finanzamt eine Nachforderung von fast
siebzehntausend Euro gefordert und den guten Mann damit in Panik versetzt.
    Ich rief zurück. Ja, beruhigte ich ihn, während Hund erneut
ausgiebig den Gartenzwerg des Nachbarn markierte,

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