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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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ich weiß, dass du nicht so blind bist, wie du bei
Valente getan hast, liegt eigentlich nichts gegen dich vor. Du warst und bist
nur ein Zeuge. Aber als wir routinemäßig deinen Namen ins System eingegeben
haben, war es, als ob wir in ein Hornissennest gestochen hätten. In mehrere
zugleich. Mit den entsprechenden und zum Teil widersprüchlichen Reaktionen. Es
lässt sich so zusammenfassen: Finger weg von Heinrich Schmitt … und haltet ihn
unter Beobachtung.« Sie sah mich offen an. »Es gibt eine Menge Leute, die an
dir interessiert sind, Heinrich. Und bei einigen von ihnen glaube ich, dass sie
Angst vor dir haben. Vor dir oder vor etwas, das du weißt.«
    Damit könnte sie recht haben, dachte ich, während ich darüber
nachdachte, was ich ihr sagen sollte. Oder wie viel. Doch sie sprach schon
weiter.
    »Vielleicht verstehst du Thomas jetzt besser. Er kennt dich nicht.
Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob ich dich kenne.« Sie sah mich ernsthaft an.
»Ich würde gerne sagen, dass es mir egal ist. Ist es aber nicht. Ich hänge an
meinem Job. Ich will nicht in der Verwaltung landen.«
    »Du willst von mir hören, dass es nichts bei mir gibt, das dich in
Verlegenheit bringen könnte?«
    »Genau das.« Sie griff nach meiner Hand. »Verstehst du, warum es mir
so wichtig ist? Bitte mach mir keinen Vorwurf daraus.«
    »Warum soll ich dir einen Vorwurf daraus machen? Es ist dein gutes
Recht … und zudem vernünftig.« Ich sah auf unsere Hände herab, strich ihr dann
sanft über den Handrücken und zog meine Hand zurück. Komisch, dachte ich. Es
tut fast weh. »Aber das, was du hören willst, kann ich dir nicht versprechen.«
    Sie sagte nichts darauf, sondern sah mich nur an. »Was denkst du
gerade?«, fragte sie dann leise.
    »Dass es komisch ist. Als ich dich sah, dachte ich, dass es besser
wäre, die Finger von dir zu lassen. Aber nicht daran, dass ich dir schaden
könnte.«
    »Aber ich dir?«
    Ich zögerte einen Moment. »Es gibt Dinge, die man nicht ans Licht
holen sollte.« Ich lehnte mich etwas zurück und machte eine Geste, die das
Restaurant, die Gäste, vielleicht die ganze Welt einschloss. »Es wäre schön,
wenn die Dinge so wären, wie sie einem erscheinen. Sie sind es nicht. Es gibt
für manche Probleme keine einfachen Lösungen.«
    »Doch«, sagte sie. »Es gibt immer die richtige oder die falsche
Wahl.«
    »Wirklich?«, fragte ich. »Was ist mit den Grauzonen? Nimm mal an,
ihr erwischt einen Kidnapper. Der sagt euch, dass, wenn ihr ihn nicht
freilasst, das Kind, das er entführt hat, sterben wird. Aber er sagt euch
nicht, wo es sich befindet, nur dass es noch drei Stunden zu leben hat. Was
tust du dann? Was ist das Richtige?«
    Sie legte den Kopf zur Seite und sah mich nachdenklich an. »Wir
hatten so einen Fall. Der Sohn eines Bankiers wurde entführt. Man drohte dem Entführer
mit Folter, und er brachte uns zu dem Opfer. Doch es war zu spät, es war schon
tot. Der Kollege, der dem Mann mit Folter gedroht hat, musste gehen. Wurde
sogar angeklagt.«
    »Was hättest du gemacht?«
    »Ich weiß es nicht. Und du? Was hättest du gemacht? Oder soll ich
besser fragen, was hast du getan?«
    »Das Richtige«, sagte ich rau. »So lange, bis es das Falsche war.
Wird man oft genug vor solche Entscheidungen gestellt, kann es passieren, dass
man vergisst, dass niemand diese Entscheidungen treffen sollte.«
    »Ist es das, was dir passiert ist? Hast du die falsche Entscheidung
getroffen?«
    »Nein. Manchmal ist es aber so, dass eine Entscheidung, die für
einen selbst richtig ist, für andere die falsche ist.« Ich zögerte. »Du willst
jemand verhaften, er greift unter die Jacke und zieht eine Pistole. Du
erschießt ihn. Und es stellt sich heraus, dass es eine Wasserpistole ist. War
es falsch von dir, ihn zu erschießen?«
    »Ja«, sagte sie. »Denn genau deswegen gibt es Dienstvorschriften.
Ich darf nicht einfach schießen. Ich muss ihn warnen, auffordern, die Waffe
niederzulegen …«
    Ich hob die Hand, um sie zu unterbrechen.
    »Ich weiß. Sorry, falscher Vergleich«, sagte ich leise. »Du bist
Polizistin. Für dich ist es richtig so.« Ich zögerte und zwang mich dazu
weiterzusprechen. »Ich glaube, dass ich dich jetzt besser nach Hause bringen
sollte.«

    Abgesehen davon, dass sie mich anwies, wie ich fahren
sollte, verlief die Fahrt schweigsam. Ich hielt ihr die Tür auf, sie stieg aus
und blieb nahe vor mir stehen.
    »Das war es
also?«, fragte sie leise. Sie stand so nahe vor mir, dass ich ihre Haut

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