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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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meine
Vorgesetzten nicht gerne sehen.«
    »Ich dachte, es läge kein Tatverdacht gegen mich vor?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Aber du bist ein Zeuge in einem
aktuellen Fall.«
    »Gut«, sagte ich und zog eine Zigarette aus der Schachtel. »Warum
sitzt du dann hier mit mir?«
    Antonio bewies wieder einmal mehr, dass ihm nichts entging. Er
wechselte den Kurs und zog an unserem Tisch vorbei. Mit einer Hand balancierte
er ein Tablett, auf dem sich Teller türmten, mit der anderen schnappte er sich
meine Zigarette.
    »Rauchen nix gut«, sagte er vorwurfsvoll und segelte davon. Ich sah
ihm hinterher und schüttelte erheitert den Kopf, während auch Marietta Mühe
hatte, nicht laut zu lachen.
    »Das ist der Nachteil an guten Freunden. Es gibt nichts, was sie
sich nicht trauen«, schmunzelte sie.
    »Wohl wahr«, lachte ich und steckte die Packung wieder ein. »Wenn es
für dich so riskant ist, warum …«
    »… sitze ich dann hier mit dir?« Sie lächelte verlegen. »Vielleicht,
weil ich verrückt bin?« Sie beugte sich ein Stück vor. »Heinrich, seitdem ich
zwölf bin, bin ich in dich verschossen. Man sagt, dass so etwas vorbeigeht,
aber irgendwie blieb etwas hängen. Ich bin mittlerweile jedoch neununddreißig
und erwachsen. Wenigstens bilde ich mir das ein. Und in einem gebe ich Thomas
recht: Etwas ist nicht koscher bei dir. Ich … ich bin kein naives junges
Mädchen mehr, aber ich muss auf mich aufpassen. Du kannst mich ganz leicht
ruinieren, und das kann ich nicht zulassen. Ich will wissen, wer du bist,
Heinrich. Bevor ich mich auf dich einlasse und es zu spät ist. Wenn es nicht
schon zu spät ist.«
    »Ich weiß nicht, ob ich dir eine zufriedenstellende Antwort geben
kann«, sagte ich sanft. »Ich weiß nicht einmal, ob ich es will.«
    »Fangen wir mit deinem Lebenslauf an. Du warst achtzehn Jahre bei
der Bundeswehr. Aber du hast dich für vierundzwanzig Jahre verpflichtet.«
    »Wo hast du das ausgegraben?«, fragte ich.
    »Habe ich nicht.«
    »Berthold.«
    Sie nickte. »Ich sagte dir ja, er ist wie ein Terrier. Aber …« Sie
sah auf ihre leere Tasse herab. »… er ist auch ein guter Freund. Vielleicht der
einzige, den ich habe. Nein, da war nie etwas zwischen uns«, fügte sie hinzu,
als sie meinen Blick bemerkte.
    »Ist er schwul?«
    Sie lachte. »Nein. Voll hetero, glücklich verheirateter
Familienvater. Was in unserem Job etwas heißen will. Er passt ein wenig auf
mich auf.«
    »Ich dachte, du bist seine Vorgesetzte?«
    »Er ist sieben Jahre jünger als ich. In fünf Jahren wird er mein
Vorgesetzter sein. Ich bin gut, aber er ist besser. Er hat einen Instinkt, der
noch nie versagt hat. Ein Naturtalent. Und er ist der Bruder meiner besten
Freundin. War es. Sie ist vor zehn Jahren gestorben.« Sie seufzte. »Es ist
kompliziert. Ich will nur damit sagen, dass er es gut mit mir meint. Er ist
weniger hinter dir her, als dass er mich schützen will.«
    »Du hast selbst gesagt, du bist erwachsen.«
    »Ja«, nickte sie. »Aber er ist derjenige, der mich meinem Exmann
vorgestellt hat. Und er gibt sich zum Teil die Schuld an dem, was dann
geschehen ist.« Sie verzog das Gesicht. »Gott, ich wünschte mir wirklich, das Leben
wäre nicht so kompliziert!«
    »Wenn es anders wäre, wäre es langweilig«, lächelte ich.
    »Etwas mehr Langweile täte mir gut«, konterte Marietta. »Also, was ist
bei dir geschehen?«
    »Du lässt nicht locker?«
    Sie schüttelte nur langsam den Kopf.
    Diesmal war es an mir, zu seufzen.
    »Um es kurz zu sagen, ich war im Irak und hatte etwas Pech. Als ich
zurückkam, war meine Gesundheit angeschlagen und man hat mich ausgemustert.«
Interessant, dachte ich, wie leicht das von den Lippen geht. Immerhin war es
wahr. In groben Zügen.
    »Und was hast du im Irak gemacht?«, fragte Marietta etwas spitz.
»Die Bundeswehr hatte dort nichts zu suchen. Toilettenpapier hast du jedenfalls
nicht verteilt.« Sie sah mich offen an. »Ich weiß, dass das Amt für Militärkunde
oft als Tarnung für den BND verwendet wird.«
    »Das ist nicht ganz so. Dort wird auch an militärischen
Entwicklungen gearbeitet. Nicht jeder, der in dieses Gelände versetzt wird, ist
gleich auch beim BND.«
    »Nicht jeder, nein«, sagte sie. »Warst du es? Bist du es?«
    »Ich wurde ausgemustert. Jetzt entrümple ich Wohnungen, verkaufe
alte Möbel und vermittle zwischen Industrie und Abfallentsorgern und
Recyclingunternehmen.«
    »Wir haben Zugriff auf ein paar Datenbänke«, sagte sie langsam.
»Abgesehen davon, dass

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