Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der multiple Roman (German Edition)

Der multiple Roman (German Edition)

Titel: Der multiple Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Thirlwell
Vom Netzwerk:
Form in einem Satz bestehen können, kann dieses Verhältnis nie so stark sein, dass die beiden identisch werden. Das war Roman Jakobsons Erkenntnis, einige Jahre später, in Prag. Ein Zeichen ist, was es repräsentiert, und ist es nicht. Ein Zeichen wirkt genauso wie ein Cartoon.
    Und dieser Meinung war auch James Joyce dank eines glücklichen Zufalls der Geschichte. Ein Jahr nach dem Erscheinen von Becketts Essay, 1930 , besuchte der tschechische Schriftsteller Adolf Hoffmeister Joyce in Paris. Er wollte ihn um die Erlaubnis bitten, den als
Anna Livia Plurabelle
bekannten Teil seines Buches ins Tschechische zu übersetzen. Joyce teilte ihm mit, dass ihm eine gute Übersetzung des Tons wichtiger sei als der Sinn: Er riet Hoffmeister, das Gleiche zu tun wie er im Original, nur eben in einer anderen Sprache: »Machen Sie Poesie daraus, mit der größten lyrischen Freiheit, die Sie dem Text geben können.« [49] Das Wichtigste war, die schillernden Spracheffekte zu rekonstruieren. »Schaffen Sie eine Sprache für Ihr Land nach meinem Vorbild. Viktor Llona vertrat folgende These in
transition
: Sprache kann von einem Schriftsteller geschaffen werden. In diesem Fall auch von einem Übersetzer.« [50]
    Übersetzer brauchen genau wie Schriftsteller mehr als nur ein wenig Talent für Sprache. Übersetzer brauchen auch Talent für den Stil. Alle Stile sind Systeme gezielter Eingriffe in eine Sprache, um Effekte hervorzurufen: Sie sind wie Maschinen. Und deswegen sind sie auch beweglich. Schließlich können Maschinen – wie Autos oder Schreibmaschinen – überallhin exportiert werden. Ich meine, wenn Beckett recht hätte, dann wäre es nicht nur unmöglich, Joyces Roman zu übersetzen; er hätte überhaupt erst gar nicht gelesen werden können. Und es war Beckett selbst, der dies versehentlich beweisen sollte.
    4
    Im selben Jahr, in dem er Besuch von Adolf Hoffmeister bekommen hatte, erklärte Joyce sich bereit, die französische Übersetzung des
Anna-Livia-Plurabelle
-Teils von
Work in Progress
zu betreuen. Beckett und sein französischer Freund Alfred Péron begannen, an der Übersetzung zu arbeiten. Aber bereits nachdem sie eine erste Fassung der Anfangsseiten fertiggestellt hatten, kehrte Beckett nach Irland zurück. Und so übernahmen einige von Joyces Freunden die Arbeit: Eugene Jolas, der Herausgeber von
transition
; Ivan Goll, ein Dichter; und Paul Léon. Léon (seine Frau Lucie hatte freundschaftliche Beziehungen mit der Familie von Vladimir Nabokov) war ein russischer Emigrant, der Russland 1918 verlassen hatte: Er war zuerst nach London gezogen und dann 1921 nach Paris gekommen. Er war ein ausgebildeter Rechtsanwalt mit Liebe zur Literatur. Schon bald wurde er eine Art Privatsekretär von Joyce. Nachdem die Gruppe gegen Ende November 1930 eine erste Fassung der französischen Übersetzung beendet hatte, wurde dem französischen Surrealisten Philippe Soupault bestellt, er solle Joyce und Léon in Léons Wohnung treffen. An Léons rundem Tisch saßen sie dann drei Stunden lang, jeden Donnerstag ab 14 . 30  Uhr, und sahen gemeinsam die Übersetzung durch. [12] Joyce rauchte in einem Sessel. Léon las den englischen Text vor und Soupault den französischen – zur gleichen Zeit –, und sie stoppten nur, wenn Probleme auftauchten, die zu besprechen waren. Nach fünfzehn Treffen dieser Art war eine Endfassung fertig. Diese wurde an Jolas und Adrienne Monnier geschickt – Joyces Freundin, die die französische Übersetzung von
Ulysses
veröffentlicht hatte –, und beide schlugen weitere Veränderungen vor. Die fertige Übersetzung von
Anna Livia Plurabelle
wurde am 1 . Mai 1931 in der
Nouvelle Revue Française
veröffentlicht.
    Can’t hear with the waters of. The chittering waters of. Flittering bats, fieldmice bawk talk. Ho! Are you not gone ahome? What Thom Malone? Can’t hear with bawk of bats, all thim liffeying waters of. Ho, talk save us! My foos won’t moos. I feel as old as yonder elm. A tale told of Shaun or Shem? All Livia’s daughtersons. Dark hawks hear us. Night! Night! [51]
     
    N’entend pas cause les ondes de. Le bébé babil des ondes de. Souris chance, trotinette cause pause. Hein! Tu n’est past rentré? Quel père André? N’entend pas cause les fuisouris, les liffeyantes ondes de, Eh! Bruit nous aide! Mon pied à pied se lie lierré. Je me sens vieille comme mon orme même. Un conte conté de Shaun ou Shem? De Livie tous les fillefils. Sombre faucons écoutent l’ombre. Nuit.

Weitere Kostenlose Bücher