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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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hier drinnen nicht düster, weil hinreichend Licht durch einen außergewöhnlich großen Lichtgarten und zahlreiche Oberlichte aus reinstem Glas fiel. Sämtliche bei der Innenausstattung verwendeter Marmor war weiß, um das Licht voll auszunutzen.
    Überall im Saal verteilt standen Statuen der verschiedenen Götter des Lernens und Wissens: Apollo, Athena, der ibisköpfige Thot und andere sowie Büsten der bedeutendsten Philosophen. Die Wände waren bis zu dem Gaden mit rautenförmigen Zellen überzogen, in denen sich Schriftrollen stapelten wie Weinfässer, wobei ein kleines Täfelchen den Bestand jeder Nische verkündete.
    Ich fragte mich zu dem Flügel der Sammlung aus Pergamon durch und fand Eumenes von Eleusis, der das Kopieren einiger seiner kostbaren Schriftrollen überwachte.
    »Kann ich dir helfen, Senator?« fragte er höflich. »Ich hoffe doch. Es geht um das Buch, das aus dem Arbeitszimmer Iphikrates' verschwunden ist; du sagtest, es sei von Biton und trüge den Titel Über Kriegsmaschinen?« » So ist es.«
    »Hast du zufälligerweise eine Kopie davon?« Er nickte ernst.
    »Ja. Wir lassen von jedem Buch, das in die Bibliothek kommt, Kopien machen, damit wir nicht ständig die wertvollen Originale heraus geben müssen.«
    »Aber Iphikrates bestand auf dem Original?«
    »Er beharrte hartnäckig darauf. Er sagte, er wolle sich nicht mit den unvermeidlichen Kopisten-Fehlern herumärgern.«
    »Ich verstehe. Dürfte ich einmal einen Blick in die Kopie werfen?«
    »Aber natürlich, Senator.« Ich folgte ihm zu einer Nische, wo Unmengen von Schriftrollen mit Etiketten an den Griffen in den Regalen lagerten. Er ließ seinen fachmännischen Blick über die Reihen wandern und zog eine Rolle hervor. Sie war um einiges kleiner als das riesige Original, das ich in Iphikrates' Arbeitszimmer gesehen hatte.
    »Ist es ein einzelner Band?« fragte ich. »Ja, es ist kein besonders langes Werk. Wenn du einen Blick hineinwerfen willst, roll es bitte vorsichtig auf. Wahrscheinlich hat es seit hundert Jahren niemand mehr in der Hand gehabt.«
    »Wie kommt es, daß das Museion das Original besitzt, obwohl es Attalos I. von Pergamon gewidmet ist? Ich hätte vermutet, es in der dortigen Sammlung zu finden.« Die Herrscher von Pergamon hatten in Anlehnung an das alexandrinische Vorbild eine Bibliothek gegründet, die noch immer den Ruf genoß, nur vom Original übertroffen zu werden.
    »Einer der früheren Ptolomäer hat es... ahm... geborgt, um eine Kopie erstellen zu lassen. Durch ein Versehen wurde hinterher nicht das Original, sondern eine ausgezeichnete Kopie zurück gegeben.« »Ist das ein häufiges Versehen?« fragte ich. »Nun ja, wir haben etliche tausend Manuskripte aus dieser Bibliothek.«
    Das machte Sinn. König oder Fußvolk, alle Makedonier waren Diebe.
    »Wir haben noch einige Tische frei, Senator, wenn du das Buch jetzt lesen möchtest.«
    »Eigentlich würde ich es lieber mit in die Botschaft nehmen und zu meiner Kurzweil lesen, wenn das erlaubt ist.«
    »Nun, wir ziehen es vor, keine Werke außerhalb der Bibliothek zu verleihen, Senator. Jetzt, seit das Original verschwunden ist, ist dies das einzige Exemplar, das wir noch haben.«
    »Wenn meine Ermittlung erfolgreich ist«, erwiderte ich, »werde ich dir das Original sehr wahrscheinlich wiederbeschaffen können.« Ich hielt die Rolle fest umklammert.
    »Nun, in diesem Fall und in Anbetracht des dringenden Wunsches unseres Souveräns, Rom in jeder nur erdenklichen Weise gefällig zu sein, können wir meines Erachtens eine Ausnahme machen.«
    »Mein herzlichster Dank ist dir gewiß, genau wie der des Senates und des Volkes von Rom«, versicherte ich ihm.
    Zurück in der Botschaft, suchte ich Creticus auf. Ich traf ihn bei der Lektüre der Korrespondenz aus Rom und anderen Teilen der Erde an.
    »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne ein paar Tage frei nehmen, um auf die Jagd zu gehen.«
    Er musterte mich argwöhnisch. »Seit wann gefällt es dir, deine Zeit mit anstrengenderen Betätigungen als dem Betrachten von Wagenrennen zu verbringen? Was hast du vor?«
    »Ich brauche ein wenig Bewegung. Zu lange zu gut gelebt, könnte man sagen.«
    »Nun, es ist ja nicht so, als ob du hier irgend etwas Wichtiges zu tun hättest. Nimmst du Julia mit?«
    »Ich glaube nicht, daß das schicklich wäre. Wir sind schließlich noch nicht verheiratet.«
    »Du machst dir Sorgen um Schicklichkeit? Jetzt weiß ich sicher, daß du mir etwas verschweigst. Was ist eigentlich mit

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