Der mysterioese Zylinder
grimmigen Humor antwortete: »In voller Lebensgröße, Inspektor.«
»Sie trauen sich zu, in eine Wohnung einzubrechen, ohne erwischt zu werden, nicht wahr?« fragte der Inspektor freundlich und faßte den neu angekommenen Gast am Arm. »Sie sind der richtige Mann für mich.«
Der verstohlen um sich blickende junge Mann schien vor Angst zu erstarren. »Hören Sie, Inspektor, Sie wollen mich doch nicht reinlegen, oder?« stotterte er.
Der Inspektor lächelte ihn beruhigend an und brachte ihn hinaus in die Diele. Im Flüsterton führten sie ein recht einseitiges Gespräch, bei dem der Fremde nach jedem zweiten Wort des alten Mannes zustimmend brummte. Cronin und Ellery konnten vom Wohnzimmer aus den Schimmer eines kleinen weißen Papierbogens erkennen, der aus der Hand des Inspektors in die des jungen Mannes wanderte.
Der Inspektor kehrte flotten Schrittes zu ihnen zurück. »Alles in Ordnung, Thomas. Du kümmerst dich um den Rest und sorgst dafür, daß unser Freund keine Schwierigkeiten bekommt … Nun, meine Herren –«
Der Inspektor nahm wieder Platz. »Bevor wir uns Fields Wohnung zuwenden, meine Lieben«, sagte er nachdenklich, »möchte ich noch einige Dinge klarstellen. Wie uns Benjamin Morgan erzählt hat, betätigte sich Field zwar als Rechtsanwalt, bezog seine enormen Einkünfte aber aus Erpressungen. Wußten Sie das, Tim? Monte Field schröpfte Dutzende von prominenten Persönlichkeiten um einen Betrag von wahrscheinlich mehreren hunderttausend Dollar. Offen gesagt, Tim, sind wir davon überzeugt, daß das Motiv für den Mord an Field im Bereich dieser geheimen Aktivitäten zu suchen ist. Er wurde zweifelsohne von jemandem ermordet, der um große Summen erleichtert wurde und das nicht länger ertragen konnte.
Sie wissen so gut wie ich, Tim, daß eine Erpressung nur funktionieren kann, wenn der Erpresser belastende Dokumente in der Hand hat. Darum sind wir ja so sicher, daß irgendwo Unterlagen versteckt sein müssen – und Ellery behauptet eben, daß sie in Fields Wohnung sind. Nun, wir werden sehen. Sollten wir diese Unterlagen schließlich finden, werden die Dokumente, hinter denen Sie schon so lange her sind, wahrscheinlich auch ans Tageslicht kommen, wie Ellery das vorhin schon angedeutet hat.«
Er dachte einen Augenblick nach. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, Tim, wie sehr ich hinter diesen verflixten Dokumenten her bin. Sie sind ungeheuer wichtig für mich. Sie würden eine Menge Fragen beantworten, bei denen wir immer noch völlig im dunkeln tappen …«
»Dann nichts wie los!« rief Cronin und sprang von seinem Stuhl auf. »Ist Ihnen eigentlich klar, Inspektor, daß ich seit Jahren aus diesem einen Grunde an Fields Fersen klebe? Das wird der glücklichste Tag meines Lebens sein … Nun los, Inspektor!«
Weder Ellery noch sein Vater schienen es jedoch besonders eilig zu haben. Sie zogen sich in ihre Schlafzimmer zurück, um sich anzukleiden, während Cronin im Wohnzimmer aufgeregt auf und ab ging. Wäre Cronin nicht so sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt gewesen, hätte er bemerkt, daß die gute Stimmung, in der sich die beiden Queens bei seiner Ankunft befunden hatten, einer düsteren Schwermut gewichen war. Vor allem der Inspektor schien nicht auf der Höhe zu sein; er war nervös und ließ sich ausnahmsweise einmal Zeit dabei, eine Ermittlung auf ihrem unaufhaltsamen Weg voranzutreiben.
Schließlich waren die beiden Queens fertig angekleidet. Die drei Männer gingen auf die Straße hinunter. Als sie ein Taxi bestiegen, seufzte Ellery.
»Hast du Angst, daß du dich blamierst, mein Sohn?« brummte der alte Mann und vergrub seine Nase im Mantelkragen.
»Daran denke ich gar nicht«, gab Ellery zurück. »Es geht um etwas anderes … Wir werden die Papiere schon finden, keine Sorge.«
»Ich hoffe bei Gott, Sie behalten recht!« rief Cronin leidenschaftlich aus, und das waren die letzten Worte, die gesprochen wurden, ehe das Taxi vor dem eleganten Haus in der 75. Straße anhielt.
Die drei Männer nahmen den Aufzug in den vierten Stock und betraten den menschenleeren Flur. Der Inspektor schaute sich schnell nach allen Seiten um und klingelte dann an Fields Wohnung. Zunächst rührte sich nichts, obwohl ein undeutliches Rascheln hinter der Tür zu hören war. Plötzlich wurde sie aufgerissen, und das gerötete Gesicht eines Polizisten erschien, dessen Hand sich nervös in Richtung seiner Revolvertasche bewegte.
»Keine Angst, Mann – wir beißen nicht!« maulte der Inspektor, der aus einem
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