Der mysterioese Zylinder
Beweises, der den Mörder vor Gericht überführen würde. Was haben wir schon? Eine Reihe toll klingender Schlußfolgerungen – und das ist auch schon alles. Nach einer guten Verteidigung wäre das Ganze löchrig wie Schweizer Käse … Nun gut! Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen worden«, fügte er auf einmal grimmig hinzu, als er sich von dem Stuhl erhob. Mit wiederkehrender Energie klopfte er seinem Sohn kraftvoll auf die breiten Schultern.
»Geh zu Bett, Sohn«, sagte er. »Du mußt morgen früh aufstehen. Ich werde noch etwas aufbleiben und nachdenken.«
Zwischenspiel
in welchem der geneigte Leser höflichst um Aufmerksamkeit gebeten wird
Im Genre des Kriminalromans ist es gegenwärtig zur Mode geworden, den Leser alles aus der Perspektive des Helden erleben zu lassen. Ich habe Mr. Ellery Queen dazu bewegen können, an diesem Punkt von ›Der mysteriöse Zylinder‹ einen Einschub zu erlauben, um den Leser auf die Probe zu stellen … »Wer ermordete Monte Field? Wie wurde der Mord ausgeführt?« … Mr. Queen stimmt mit mir darin überein, daß der wachsame Leser von Kriminalromanen, der nun Kenntnis von allen sachdienlichen Fakten hat, zu diesem Zeitpunkt des Geschehens bereits zu eindeutigen Schlußfolgerungen bezüglich der oben aufgeworfenen Fragen gekommen sein sollte. Zur Auflösung – oder zumindest soweit, unfehlbar den Schuldigen zu benennen – kann man über eine Reihe logischer Schlüsse und psychologischer Beobachtungen gelangen … Und indem ich zum letzten Mal in dieser Geschichte in Erscheinung trete, möchte ich dem Leser in Abwandlung des Spruches »Caveat Emptor« die dringende Ermahnung mit auf den Weg geben: »Möge sich der Leser in acht nehmen!«
J.J. McC
Vierter Teil
»Der perfekte Verbrecher ist ein Übermensch. Bei der Ausführung muß er übertrieben genau sein. Unbemerkt, fast unsichtbar, ein Einzelgänger. Er darf weder Freunde noch Angehörige besitzen. Er muß sich vor Fehlern in acht nehmen, blitzschnell denken und handeln können … Aber das ist noch nicht alles. Solche Männer gab es bereits … Außerdem muß er ein vom Schicksal Begünstigter sein – denn Umstände, über die er nicht die entfernteste Kontrolle hat, dürfen nie zu seinem Untergang führen. Dies ist meiner Ansicht nach schon sehr schwierig zu erlangen … Doch das letzte ist am allerschwierigsten. Er darf niemals sein Verbrechen wiederholen, noch die gleiche Waffe benutzen oder dasselbe Motiv haben … In all den vierzig Jahren meiner Dienstzeit bin ich nicht einmal auf den perfekten Verbrecher gestoßen oder habe in einem perfekten Verbrechen ermittelt.«
Aus Das amerikanische Verbrechertum und Methoden zu seiner Aufdeckung von Richard Queen
Neunzehntes Kapitel
in welchem Inspektor Queen weitere ernste Unterredungen führt
Vor allem Staatsanwalt Sampson fiel es auf, daß Inspektor Richard Queen an diesem Samstag abend nicht ganz er selbst zu sein schien. Der alte Mann war nervös, bissig und äußerst unangenehm im Umgang. Er schritt mürrisch über den Teppich im Büro des Managers Louis Panzer, biß sich auf die Lippen und brummte vor sich hin. Er schien die Anwesenheit von Panzer, Sampson und einer dritten Person, die noch nie im Allerheiligsten des Theaters gewesen war und die – mit Augen so groß wie Untertassen – zusammengehockt in einem von Panzers großen Stühlen saß, völlig vergessen zu haben. Diese dritte Person war Djuna, der Junge mit den leuchtenden Augen, dem das einmalige Privileg zukam, seinen grauhaarigen Herrn bei dessen letztem Ausflug ins Römische Theater zu begleiten.
In der Tat war Queen ausgesprochen deprimiert. Er war schon viele Male zuvor in seinem Beruf mit anscheinend unlösbaren Problemen konfrontiert gewesen; ebenso viele Male hatte er anscheinende Fehlschläge zu einem triumphalen Abschluß geführt. Sampson, der den alten Mann viele Jahre kannte und ihn noch nie so völlig aus der Fassung erlebt hatte, konnte sich daher das merkwürdige Verhalten des Inspektors kaum erklären.
Die schlechte Laune des alten Mannes hing jedoch nicht so sehr mit dem ausbleibenden Erfolg der Ermittlung in Sachen Field zusammen, wie Sampson sorgenvoll annahm. Der drahtige kleine Djuna, der mit offenem Mund in seiner Ecke saß, war der einzige Zeuge des unruhigen Umherwanderns des Inspektors, der den Grund dafür hätte benennen können. Djuna mit seiner Bauernschläue, ein geborener Beobachter, mit Queens Psyche vertraut dank einer liebevollen Zuneigung,
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