Der mysterioese Zylinder
haben.«
Zum ersten Mal während der Unterhaltung lächelte Queen. »Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit, Michaels … Nun noch ein paar Klatschgeschichten für mich – erinnern Sie sich an irgendwelche unerfreulichen Szenen aus der Zeit, als sie sich trennten?«
»Oh nein, Sir!« protestierte Michaels. »Ich habe niemals von einem Streit oder etwas Ähnlichem gehört. Im Gegenteil, Mr. Field erzählte mir unmittelbar nach ihrer Trennung, daß er und Mr. Morgan Freunde bleiben würden – sehr gute Freunde, sagte er.«
Michaels drehte sich mit seinem höflich ausdruckslosen Gesicht herum, als ihn jemand am Arm faßte. Er fand sich Ellery gegenüber. »Ja, Sir?« fragte er respektvoll.
»Michaels, mein Guter«, sagte Ellery streng, »ich hasse es eigentlich, alte Geschichten wieder aufzuwärmen, aber warum haben Sie dem Inspektor nichts über Ihren Aufenthalt im Gefängnis erzählt?«
Als hätte er damit einen Lebensnerv getroffen, wurde Michaels’ Körper steif und bewegungslos. Die Farbe wich aus seinem Gesicht. Seine Selbstsicherheit war wie weggewischt, und er starrte mit offenem Mund in Ellerys lächelndes Gesicht.
»Aber – aber, wie haben Sie das herausgefunden?« stammelte der Diener; seine Redeweise war nun sehr viel weniger höflich und geschliffen. Queen bedachte seinen Sohn mit einem beifälligen Blick. Piggott und Johnson rückten näher auf den zitternden Mann zu.
Ellery zündete sich eine Zigarette an. »Ich wußte es eigentlich gar nicht«, sagte er gutgelaunt. »Das heißt, bis Sie es mir erzählt haben. Es würde sich für Sie lohnen, das Orakel von Delphi wiederzubeleben, Michaels.«
Michaels’ Gesicht war grau wie Asche. Er drehte sich schwankend zu Queen um. »Sie – Sie haben mich nicht danach gefragt«, sagte er schwach. Trotz allem war seine Stimme schon wieder gefaßt und ausdruckslos. »Außerdem erzählt man nun einmal solche Dinge nicht gerne der Polizei …«
»Wo haben Sie Ihre Zeit abgesessen, Michaels?« fragte der Inspektor freundlich.
»Elmira-Gefängnis, Sir«, murmelte Michaels. »Es war meine erste Straftat – ich saß in der Klemme, hatte Hunger und stahl mir etwas Geld … Ich habe nur eine kurze Zeit gesessen, Sir.«
Queen stand auf. »Nun, Michaels, Sie werden verstehen, daß Sie sich nicht ganz uneingeschränkt bewegen können. Sie können nach Hause gehen und sich um einen anderen Job kümmern, aber bleiben Sie in Ihrer augenblicklichen Unterkunft, und halten Sie sich jederzeit zur Verfügung … Einen Moment noch, bevor Sie gehen.« Er ging zu dem schwarzen Koffer herüber und öffnete ihn. Ein unordentlicher Haufen von Kleidungsstücken – ein dunkler Anzug, Hemden, Krawatten, Socken, einige sauber, einige schmutzig – kam zum Vorschein. Queen durchstöberte rasch die Tasche, verschloß sie wieder und reichte sie Michaels, der bekümmert neben ihm stand.
»Sie nehmen aber ganz schön wenig Klamotten mit, Michaels«, bemerkte Queen lächelnd. »Zu schade, daß Sie nun um Ihren Urlaub gebracht worden sind. Nun! So spielt das Leben!« Michaels brummte ein leises »Auf Wiedersehn«, packte seine Tasche und ging. Wenige Augenblicke später verließ auch Piggott die Wohnung.
Ellery warf den Kopf zurück und lachte fröhlich. »Was für ein gesitteter Halunke! Lügt wie gedruckt, Vater … Und was, meinst du, wollte er hier?«
»Er kam natürlich her, um irgend etwas zu holen«, grübelte der Inspektor. »Das bedeutet, daß hier etwas Wichtiges versteckt ist, das wir anscheinend übersehen haben …«
Er wurde nachdenklich. Das Telefon klingelte.
»Inspektor?« dröhnte Sergeant Velie aus dem Apparat. »Ich habe im Präsidium angerufen, aber da waren Sie nicht, da habe ich angenommen, daß Sie noch in Fields Wohnung sind … Ich habe interessante Neuigkeiten für Sie von Browne Bros. Wollen Sie, daß ich zu Ihnen komme?«
»Nein«, antwortete Queen. »Wir sind hier fertig. Ich werde zu meinem Büro fahren, sobald ich Fields Büro auf der Chambers Street einen Besuch abgestattet habe. Sollte in der Zwischenzeit irgend etwas Wichtiges sein, bin ich dort zu erreichen. Wo bist du jetzt?«
»Fifth Avenue – ich stehe direkt vor Browne’s.«
»Dann geh zurück zum Präsidium und warte auf mich. Und, Thomas – schicke sofort einen Polizisten her.«
Queen hängte auf und wandte sich an Johnson.
»Bleiben Sie hier, bis ein Polizist kommt – es wird nicht lange dauern«, ordnete er an. »Lassen Sie ihn die Wohnung bewachen, und sorgen Sie für Ablösung. Dann melden Sie sich im
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