Der Nachbar
unschlüssig da. Wie zuvor seine Mutter begann er zu beten.
Lieber Gott, bitte lass die Perversen nicht in der Küche sein... Lieber Gott, bitte, bitte...
Oben im Hinterzimmer hörten die drei Eingeschlossenen, wie der Wasserbehälter auf dem Speicher über ihnen sich füllte, als Colin in der Küche beide Hähne am Spülbecken aufdrehte und damit den Wasserkreislauf in Bewegung setzte.
»Es ist jemand im Haus«, sagte Sophie.
Franek wollte aufstehen.
»Kommen Sie mir ja nicht nahe«, warnte sie und hob den Cricketschläger. »Ich bin nicht Ihr Schutzschild. Sie rühren mich nicht noch einmal an.«
Ohne von ihr Notiz zu nehmen, richtete er sich in Hockposition auf und bedeutete seinem Sohn, den Abstand zu ihm zu vergrößern, um es ihr schwerer zu machen, beide gleichzeitig anzugreifen. Als Nicholas aufstand, glaubte Sophie einen Augenblick lang, er werde seinem Vater gehorchen, aber dann sah sie, wie er sich herumdrehte und mit seinem ganzen Gewicht auf Franeks Nacken drückte, um diesen in die Knie zu zwingen und ihm alle Luft aus der Lunge zu pressen. Es gab einen kurzen Kampf, dann fiel der alte Mann röchelnd und nach Luft schnappend seitlich zu Boden.
»Er gerät sehr leicht in Panik«, war alles, was Nicholas sagte.
20
Nightingale Health Centre
Constable Ken Hewitt erkannte den Namen sofort, als Gaynor sagte, jetzt werde an ihrer Stelle der Freund ihrer Tochter, Jimmy James, ans Telefon kommen. Hewitt war einer der Beamten, die James das letzte Mal festgenommen und ihm seine jüngste Gefängnisstrafe verschafft hatten; er konnte nicht so recht glauben, dass der Mann ausgerechnet mit ihm zu tun haben wollte. Die Festnahme im Zusammenhang mit Einbruchsdelikten im Jahr l998 war auf Grund von Informationen von James' ehemaliger Freundin erfolgt, die dieser, wie Hewitt in diesem Moment klar wurde, wegen Gaynor Pattersons Tochter abserviert hatte.
James hatte sich wie ein Wilder gegen seine Festnahme gewehrt, Polizisten wie lästige Fliegen abgeschüttelt und vorgebracht, er habe sich seit zwölf Monaten nichts mehr zu Schulden kommen lassen und seine neue Freundin sei schwanger. Was alles die Polizei ziemlich kalt ließ. Er hatte Glück mit seinem Anwalt, dem es zu verhindern gelang, dass die Angelegenheit vor ein Schwurgericht kam, indem er James überredete, sich in drei Anklagepunkten schuldig zu bekennen, wofür dann fünf weitere, einschließlich tätlichen Angriffs auf einen Polizeibeamten, fallen gelassen wurden; und er hatte auch Glück mit dem Richter, der ziemlich fadenscheinige Beweise gelten ließ, denen zu Folge Jimmy seit zwölf Monaten einer geregelten Arbeit nachging, im Begriff war, mit seiner neuen Freundin eine Familie zu gründen, und ehrlich bemüht war, sein Leben von Grund auf zu ändern. Dennoch und trotz der Zuversicht seines Anwalts, dass nicht mehr als eine Strafe in Form von gemeinnütziger Arbeit herausspringen würde, war er zu einer Gefängnisstrafe von acht Monaten verurteilt worden, von der er die Hälfte hatte absitzen müssen.
»Hallo, Jimmy«, sagte Ken jetzt mit einer Grimasse zu Jenny Monroe. »Constable Ken Hewitt hier.«
Jimmys Stimme klang laut und deutlich über den Lautsprecher. »Ich erinnere mich an Sie. Sie waren doch einer von denen, die mich das letzte Mal festgenommen haben. Junger Typ – dunkle Haare.«
»Stimmt. Sie hätten mir damals beinahe den Arm gebrochen.«
»Ja, hm, nichts für ungut. Hören Sie, ich kann Sie nur mit Mühe verstehen – hier ist die Hölle los – es wär gut, wenn Sie möglichst laut und langsam reden würden, okay? Erklären Sie mir, worum es Ihnen geht. Gaynor hat was davon gesagt, dass sie zusätzliche Ausgänge aufmachen wollen.«
»Ich muss übers Festnetz mit Ihnen sprechen, Jimmy. Können Sie zu Mrs Carthew ins Haus gehen? Sie ist oben in ihrem Schlafzimmer. Wir sagen ihr, dass Sie kommen. Achten Sie nur darauf, dass Ihnen niemand nach oben folgt. Sie ist ziemlich gebrechlich. In Ordnung?«
»Klar. Ich krieg allmählich Übung im Umgang mit Senioren. Ich hab allerdings den Eindruck, je gebrechlicher sie aussehen, desto zäher sind sie.«
»Was hat er damit gemeint?«, fragte Jenny, als seine Stimme verklungen war und nur noch das Getöse der Menge über den Lautsprecher zu hören war.
Ken Hewitt schüttelte den Kopf. »Fragen Sie mich was Leichteres.«
Im Haus Humbert Street 9
Mrs Carthew hatte einen leeren blauen Blick und rosig angehauchte Wangen. Sie saß in einem Sessel am Fenster und lächelte Jimmy erfreut
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