Der Nacht ergeben
sie und trat zur Seite, um ihm Platz zu machen.
Claire glotzte, Monicas Bruder sah aus wie eine einzige Katastrophe - erschöpft, rotäugig, blass, als würden ihn nur noch Koffein und Adrenalin aufrecht halten. Wahrscheinlich sahen sie alle so aus, dachte Claire. Als Miss Nance leise die Tür hinter ihm schloss, trat Richard vor und starrte Michaels schlaffen Körper an. »Ist er bewusstlos?« Seine Stimme klang rau, als hätte er herumgebrüllt. Viel herumgebrüllt.
»Schläft den Schlaf der Gerechten«, sagte Hannah. »Oder sagen wir mal den Schlaf der Gedopten. Claire. Funkgerät.«
Oh. Sie hatte den Rucksack ganz vergessen, der noch immer über ihrer Schulter hing. Rasch nahm sie das letzte Funkgerät heraus, reichte es Richard und erklärte ihm Code und Funktionen. Richard nickte.
»Ich finde, das schreit geradezu nach einer Strategiesitzung«, sagte er und zog sich einen Stuhl neben die Couch. Hannah und Claire nahmen ebenfalls Platz, aber Eve blieb, wo sie war, neben Michael, als wollte sie auch wirklich jede Sekunde bei ihm bleiben.
Dekanin Wallace saß hinter ihrem Schreibtisch, die Fingerspitzen aneinandergelegt. Und schaute ihnen mit interessierter Gelassenheit zu.
»Ich tippe den Code ein, nicht wahr?« Er war schon dabei, deshalb nickte Claire einfach. Ein Signal ertönte, das anzeigte, dass er sich in das Netz eingeloggt hatte. »Richard Morrell, Universität, Check-in.«
Ein paar Sekunden später antwortete eine Stimme. »Roger, Richard, du bist die letzte Station, die sich meldet. Bleib dran für eine Durchsage.«
Es klickte ein paar Mal, dann dröhnte eine andere Stimme aus dem Funkgerät.
***
»Hier spricht Oliver. Ich wende mich mit einer Notverordnung an alle in diesem Netzwerk. Haltet jeden Vampir, den ihr findet und der mit uns verbündet ist, mit allen notwendigen Mitteln auf. Abschließbare Räume, Ketten, Beruhigungsmittel, Zellen - setzt alles ein, was ihr habt. Bevor wir nicht wissen, wie und warum dies passiert, müssen wir tagsüber alle Vorsichtsmaßnahmen treffen, die möglich sind. Wie es aussieht, können einige von uns dem Ruf widerstehen, andere sind immun dagegen, aber das könnte sich jederzeit ändern. Seid auf der Hut. Ab jetzt werden wir stündlich einen Funkruf starten und jede Station wird einen Zwischenbericht abgeben. Station Universität, bitte berichten.«
***
Richard drückte auf die SPRECHEN-Taste. »Michael Glass und alle Vampire in unserer Gruppe wurden außer Gefecht gesetzt. Die Studenten hier dürfen den Campus nicht verlassen, aber das ist nicht von Dauer. Spätestens morgen früh müssen wir die Tore öffnen, wenn wir die Sperre überhaupt bis dahin aufrechterhalten können. Selbst der Ausfall von Telefon und Internet kann nicht verhindern, dass etwas nach draußen sickert.«
»Wir gehen nach Plan vor«, sagte Oliver. »Wir bauen in zehn Minuten bis auf Weiteres die Handymasten ab. Die Festnetzleitungen sind bereits gekappt. Ab jetzt gibt es nur noch strategische Kommunikation über Funk. Braucht ihr sonst noch was?«
»Zuckerbrot und Peitsche? Nein. Im Moment geht es uns gut. Ich glaube kaum, dass uns jemand am helllichten Tag angreifen will, bei den vielen Wachen, die wir hier haben.« Richard zögerte, dann drückte er wieder auf die Mikrofontaste. »Oliver, mir ist da draußen einiges zu Ohren gekommen. Einige Menschen haben eigene Fraktionen gebildet und sich abgespalten. Das könnte alles noch komplizierter machen.«
Oliver schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »Ja, verstehe. Wir kümmern uns darum, wenn das Problem auftritt.«
Oliver schaltete weiter zur nächsten Station auf seiner Liste: Das Glass House. Monica meldete sich zurück, was nervig war. Claire unterdrückte das Bedürfnis, mit den Zähnen zu knirschen. Wenigstens lieferte sie eine schnelle Zusammenfassung ab, und als mehr Häuser der Gründerin Bericht erstattet hatten, zeichnete sich überall folgendes Bild ab: Manche Vampire reagierten auf das Signal, andere nicht. Zumindest noch nicht.
Richard hatte seinen Blick nachdenklich in die Ferne gerichtet und am Ende, als alle Berichte durchgegeben waren, drückte er wieder auf den Knopf. »Oliver, hier Richard. Was passiert eigentlich, wenn Sie anfangen, den Zombie zu spielen?«
»Das werde ich nicht«, sagte Oliver.
»Nur falls. Halten Sie mich bei Laune. Wer übernimmt das Ruder?«
Oliver wollte offenbar nicht darüber nachdenken und Claire konnte den kaum unterdrückten Zorn in seiner Stimme hören, als er
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