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Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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herumwanderten und sich selbst entzündeten. Sie wollte nicht, dass das mit ihnen passierte... sie wollte nicht einmal, dass es mit Oliver passierte.
    Na ja, wenn es um Oliver ging, vielleicht manchmal. Aber nicht heute.
    Die drei Männer schauten sie einen Augenblick lang an, dann studierten sie wieder die Karte, sprachen über Umkreise und Strategien für Patrouillen - lauter Dinge, von denen Claire dachte, dass sie eigentlich nichts mit ihr zu tun hatten. Sie aß ihr Sandwich zu Ende und ging hinüber ins Wohnzimmer, wo die runzlige Gramma Day mit hochgelegten Füßen in einem dick gepolsterten Ohrensessel saß und sich mit Hannah unterhielt. »Hey, Kleines«, sagte Gramma Day. »Setz dich zu uns.«
    Claire nahm Platz und schaute sich im Zimmer um. Die meisten Vampire waren weg; entweder waren sie aus Sicherheitsgründen in Zellen gesperrt worden oder man hatte sie nicht aufhalten können. Claire konnte anscheinend nicht aufhören, nervös die Hände gegeneinanderzureiben. Shane. Shane sollte eigentlich hier sein. Richard Morrell hatte gesagt, dass sie für das Blutmobil einen Fahrerwechsel vereinbart hatten, und das bedeutete, dass Shane bald für seine Ruhephase hierher kommen müsste.
    Sie brauchte ihn jetzt.
    Gramma Day schaute sie versonnen und ein wenig mitleidig aus ihren blassen Augen an. »Machst du dir Sorgen?«, fragte sie und lächelte. »Ich nehme an, du hast deine Gründe.«
    »Ja?« Claire war überrascht. Die meisten Erwachsenen taten immer so, als würde alles gut werden.
    »Aber natürlich, Süße. Morganville wird schon seit Langem von den Vampiren regiert, und das war nicht unbedingt immer ein sanftmütiges Völkchen. Ohne jeden Grund wurden Leute verletzt oder getötet. Das verursacht Unmut.« Gramma nickte zum Bücherregal hin. »Hol mir das rote Buch da drüben, das, das mit N anfängt.«
    Es war eine Enzyklopädie. Claire holte das Buch und legte es ihr in den Schoß. Gramma schlug es mit ihren wettergegerbten, sehnigen Fingern auf und blätterte darin, dann gab sie es ihr zurück. Die Überschrift lautete New York Draft Riots , die Einberufungskrawalle von 1863.
    Das Bild zeigte Chaos - aufgebrachte Menschenmassen, brennende Gebäude. Und Schlimmeres. Viel, viel Schlimmeres.
    »Die Leute sind vergesslich«, sagte Gramma. »Sie vergessen, was passieren kann, wenn sich Ärger anstaut. Diese New Yorker Menschen waren aufgebracht, weil die Männer eingezogen werden sollten, um im Bürgerkrieg zu kämpfen. Was glaubst du wohl, an wem sie es ausgelassen haben? Vor allem an den Schwarzen. Menschen, die sich nicht wehren konnten. Sie haben sogar ein Waisenhaus niedergebrannt und sie hätten jedes einzelne dieser Kinder verbrannt, wenn sie es erwischt hätten.« Sie schüttelte den Kopf und schnalzte angewidert mit der Zunge. »Das Gleiche geschah 1921 in Tulsa, die sogenannten Krawalle von Greenwood. Die Leute sagten, die Schwarzen würden ihnen die Geschäfte und Jobs wegnehmen. In Frankreich gab es eine Revolution, bei der sie all diese arroganten Adligen aufgriffen und ihnen den Kopf abschlugen. Vielleicht war es ihre eigene Schuld, vielleicht aber auch nicht. Es ist überall dasselbe: Man wird böse, schiebt es auf irgendeine Gruppe und die muss dann dafür bezahlen, ob sie schuldig ist oder nicht. Das passiert ständig.«
    Claire überlief ein Schauer. »Was meinen Sie damit?«
    »Ich meine, denk doch mal an Frankreich, Mädchen. Die Vampire haben uns lange Zeit unterdrückt, ebenso wie es diese französischen Adligen getan haben, zumindest sehen das die Leute hier so. Und jetzt denk mal an all diese Leute da draußen mit ihrem generationenlangen Groll und daran, dass gerade niemand wirklich das Sagen hat. Glaubst du nicht auch, dass das schlecht für uns ausgehen wird?«
    Claire kam aus dem Schaudern gar nicht mehr raus. Ihr fiel Shanes Vater wieder ein, das fanatische Leuchten in seinen Augen. Er gehörte zu denjenigen, die einen Krawall anzetteln könnten. Einer von denen, die die Leute aus ihren Häusern zerren und sie als Kollaborateure und Verräter am nächsten Laternenpfahl aufknüpfen würden.
    Hannah tätschelte das Gewehr in ihrem Schoß. Sie hatte die Paintball-Waffe beiseitegelegt - ehrlich gesagt nutzte sie jetzt, da die Vampire nicht mehr mitmischten, nicht mehr viel. »Hier kommen sie nicht rein, Gramma. In Morganville wird es nicht zu einem weiteren Greenwood kommen.«
    »Ich mache mir nicht so viele Sorgen um dich und mich«, sagte Gramma. »Aber ich mache mir Sorgen um die

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