Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
Vom Netzwerk:
als ein übermüdeter Unfallchirurg.«
    Ihr schlechtes Gewissen, ihn aufgeweckt zu haben, wurde noch größer. »Ich werde mich kurz fassen«, versprach sie. Claire öffnete ihren Rucksack, nahm die ausgepolsterte Schachtel heraus und schob sie ihm über den Tisch zu. »Blutproben von Myrnin.«
    Mills runzelte die Stirn. »Ich habe bereits etwa hundert Blutproben von Myrnin. Warum...«
    »Diese hier sind anders«, sagte Claire. »Glauben Sie mir. Eine davon ist mit B bezeichnet, das ist wichtig.«
    »Inwiefern wichtig?«
    »Das möchte ich nicht sagen. Es wäre mir lieber, wenn Sie es sich zuerst anschauen würden.« Wie Claire wusste, war es in der Wissenschaft besser, unvoreingenommen zu einer Beurteilung zu kommen, ohne zu viele Erwartungen. Dr. Mills wusste das auch und nickte, als er die Proben an sich nahm. »Ähm... wenn Sie noch schlafen wollen, sollten Sie das Zeug lieber nicht trinken.«
    Dr. Mills lächelte und kippte den Rest seines Kaffees hinunter. »Wenn man Arzt wird, wird man gegen alles Mögliche immun, unter anderem auch Koffein«, sagte er. »Glaub mir. Sobald mein Kopf das Kopfkissen berührt, schlafe ich ein, selbst wenn ich an einer Koffein-Infusion hängen würde.«
    »Ich kenne Leute, die dafür sehr viel Geld zahlen würden. Ich meine, für die Tropfinfusion.«
    Er schüttelte den Kopf und grinste, wurde aber sofort wieder ernst. »Bei dir scheint ja alles okay zu sein. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Du bist einfach so... jung, zu jung, um in all das hier verwickelt zu sein.«
    »Mir geht es gut. Und ich bin eigentlich...«
    »Gar nicht so jung. Ja, ich weiß. Aber trotzdem. Lass einen alten Mann sich ein wenig Sorgen machen. Ich habe zwei Töchter.« Er warf seinen Kaffeebecher nach dem Mülleimer - Volltreffer -  und stand auf. »Hier ist alles, was ich von der Droge noch finden konnte. Tut mir leid, es ist nicht gerade viel, aber eine neue Ladung ist in Arbeit. In ein paar Tagen wird sie fertig sein.«
    Er reichte ihr eine Tüte, in der Glasfläschchen klirrten. Sie schaute hinein. »Das sollte mehr als genug sein.« Es sei denn natürlich, sie müsste damit ganz Morganville versorgen, aber in diesem Fall wären sie sowieso geliefert.
    »Sorry, dass ich meinen Kaffee so hinuntergestürzt habe und gleich wieder verschwinde, aber...«
    »Sie sollten gehen«, stimmte Claire zu. »Danke, Dr. Mills.« Sie streckte ihm die Hand hin und er schüttelte sie ernst.
    An seinem Handgelenk befand sich ein Silberarmband mit Amelies Symbol. Er schaute darauf hinunter, danach auf ihres und zuckte dann mit den Achseln.
    »Ich glaube nicht, dass jetzt die richtige Zeit ist, es abzunehmen«, sagte er. »Noch nicht.«
    Wenigstens lässt sich Ihres abnehmen , dachte Claire, aber sie sagte es nicht laut. Dr. Mills hatte Vereinbarungen unterschrieben, Verträge, und all diese Dinge waren in Morganville bindend, aber durch den Vertrag, den sie unterschrieben hatte, war sie mit Leib und Seele zu Amelies Eigentum geworden. Und an ihrem Armband gab es keinen Verschluss, wodurch es eher ein Sklavenhalsband war.
    Hin und wieder jagte ihr das Angst ein.
    Es war schon fast Zeit für die erste Unterrichtsstunde, und als Claire ihren Rucksack schulterte, fragte sie sich, wie viele Studenten wohl auftauchen würden. Eine ganze Menge wahrscheinlich. Sie kannte die meisten ihrer Professoren nur zu gut und wusste, dass heute ein guter Tag für einen Test war.
    Sie wurde nicht enttäuscht. Sie geriet auch nicht in Panik, wie einige ihrer Kommilitonen in der ersten und später in der dritten Stunde. Claire hatte keine Angst vor Prüfungen, außer einmal in einem Traum, als sie einen Holzschuhtanz machen und dazu Stöcke herumwirbeln musste, um eine gute Note zu bekommen. Und diese Tests waren ohnehin nicht so schwierig, nicht einmal die Physiktests.
    Was ihr mehr auffiel, je weiter sie auf dem Campus herumkam: Weniger Leute hatten Armbänder an. Die Einheimischen in Morganville waren gewohnt, ihr Armband sieben Tage die Woche vierundzwanzig Stunden lang zu tragen, deshalb konnte sie an der Stelle, an der das Armband gewesen war -  und jetzt fehlte -, deutlich die hellen Streifen auf der ansonsten gebräunten Haut erkennen. Es war wie ein umgekehrtes Tattoo.
    Gegen Mittag sah sie Monica Morrell, Gina und Jennifer.
    Die drei Mädchen gingen schnell und mit gesenktem Kopf, ihre Bücher unter den Arm geklemmt. Vieles an ihnen war jetzt anders; Claire war es gewöhnt, dass die drei auf dem Campus umherstrichen wie

Weitere Kostenlose Bücher