Der Nacht ergeben
zermürbend fand, trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Ihr habt mich rufen lassen, Meister Rafael?«
»Ja, Eleve Amil. Bitte nimm Platz.« Rafael wartete, bis der Schüler sich auf den unbequemen Holzstuhl gesetzt hatte. Dann trat er langsam vor seinen Gast. »Hast du es bequem?«
Amil rutschte mit einem leichten Stirnrunzeln hin und her.
»Ja, vielen Dank.«
»Sei ganz ungezwungen, mein Sohn«, sagte Rafael und faltete seine Hände in den Ärmeln seiner Robe. »Trotz der anhaltenden Gerüchte unter den Brüdern pflege ich keine Ministranten zum Abendessen zu verspeisen. Nicht einmal jene, die es gewagt haben, die dunklen Künste auszuüben, welche selbst uns untersagt sind.«
Es folgte ein Moment des Schocks, bevor der junge Mann abrupt vom Stuhl glitt und auf den Knien landete.
»Meister, vergebt mir«, bat er mit zitternder Stimme. »Es war reine Neugierde. Ich wollte keinen Schaden anrichten.«
Unwillig verzog Rafael das Gesicht, als der Dummkopf den Saum seiner Robe zu zerknittern drohte. Es war mehr Glück als Verstand gewesen, was ihn hatte entdecken lassen, dass der allzu ehrgeizige Eleve sich aus dem Turm geschlichen hatte, um schwarze Magie auszuüben. Sein erster Impuls war gewesen, ihm die Kehle herauszureißen. Das wäre nicht nur eine passende Strafe gewesen, sondern hätte Rafael auch ein großes Maß an Vergnügen bereitet.
Aber am Ende hatte er gezögert. Ein Mann in seiner mächtigen Position benötigte stets treue Diener. Und kein Diener war treuer als derjenige, der wusste, dass ihn nur ein Atemzug vom Tode trennte.
»Oh, steh auf, du Wurm.«
Zitternd zwang sich der junge Mann, seinen Platz wieder einzunehmen, wobei er Rafael argwöhnisch beobachtete.
»Werde ich getötet?«
»Darin besteht die Strafe.«
»Natürlich, Meister«, stimmte der Eleve gehorsam zu, obwohl seine Aufrichtigkeit bezweifelt werden durfte.
»Die schwarze Magie ist kein Spielzeug. Sie bedeutet eine Gefahr für dich und jene um dich herum. Du hast uns alle mit deiner Dummheit gefährdet und die Entdeckung unseres Tempels riskiert.«
»Ja, Meister.«
Ein harter Zug zeigte sich um Rafaels schmale Lippen.
»Aber du bist ehrgeizig, nicht wahr, Amil? Du sehnst dich danach, die Macht auszuüben, die direkt außerhalb deiner Reichweite liegt?«
Der Blick aus den hellen Augen zuckte heimlich zu Rafaels mächtigem Medaillon, bevor sich der junge Mann in Erinnerung rief, dass es auf Messers Schneide stand, ob er zum Frühstück verspeist wurde. Oder ob ihn ein noch schlimmeres Schicksal erwartete.
»Nur wenn der Fürst es so bestimmt.«
»Ich spüre deine Begabung. Sie liegt tief in dir verborgen. Zu schade, dass sie verschwendet wurde, bevor sie zu ihrem vollen Potenzial erblühen konnte.«
»Bitte, Meister. Ich habe meine Lektion gelernt. Ich werde nicht wieder vom Weg abweichen.«
Rafael zog langsam seine Augenbrauen in die Höhe.
»Und du glaubst, dass ich deinem leeren Versprechen trauen sollte. Du, der du bereits einen Verrat begangen hast?«
Amil, der möglicherweise einen Hoffnungsschimmer sah, beugte sich vor. Sein schmales Gesicht war gerötet. »Alles, worum ich bitte, ist eine zweite Chance. Ich werde alles tun, was Ihr von mir verlangt.«
»Alles? Das ist ein recht vorschnelles Versprechen.«
»Das macht mir nichts aus. Sagt mir nur, was ich tun muss.«
Rafael gab sich den Anschein, die Bitte zu überdenken. Natürlich hatte er gewusst, dass der erbärmliche Eleve seine Seele verkaufen würde. Er hatte sich darauf verlassen. In mancher Hinsicht erinnerte ihn der Jüngling mit seinem brennenden Hunger nach Wissen an ihn selbst. Aber im Unterschied zu diesem Dummkopf hatte er genügend Verstand besessen, um seine geheimen Studien gut verborgen zu halten, und die Weisheit, sich niemals der Macht eines anderen auszusetzen.
»Vielleicht könnte ich in Erwägung ziehen, dieses eine Mal nachsichtig zu sein«, sagte er langsam. »Unter einer Bedingung.«
»Seid gesegnet, Meister«, keuchte Amil. »Seid gesegnet.«
»Ich glaube nicht, dass du noch immer so dankbar sein wirst, wenn du meine Bedingung hörst.«
»Was wünscht Ihr?«
Gemessenen Schrittes begab sich Rafael zu seinem Platz hinter dem enormen Schreibtisch und setzte sich hin. Er verschränkte seine Finger unter dem Kinn und betrachtete seinen Gast mit einem durchdringenden Blick. Die nächsten Augenblicke würden über sein Schicksal entscheiden.
Ob er als Erlöser des Fürsten der Dämonen gefeiert werden würde oder als
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