Der Nachtelf (German Edition)
ab.
Exuverflucht!
Dadalore ging langsam zwischen den Säulenpaaren hindurch. Tyrtalla hilf! Vielleicht kam der König ja doch noch in den Saal und fragte, was sie hier zu suchen habe. Dann könnte sie ihm alles berichten.
Aber der Durchgang blieb leer.
Sie näherte sich dem Thron.
Ob sie sich einfach laut räuspern sollte? Aber auch das mochte ein Fehler sein, die Hofetikette war sehr rigide.
Dadalore ließ den Thron zu ihrer Linken und begab sich auf das Wispern zu.
Unmittelbar vor dem rechten Ruptu-Standbild blieb sie stehen. Jetzt konnte sie tatsächlich hören, was dort gesprochen wurde.
» ...Eurer Sicherheit, Majestät. Die Toga ist mit einem mächtigen Zauber belegt.«
Diese Stimme! Obwohl der Sprecher flüsterte, hatte Dadalore das Gefühl, sie zu kennen.
»Was ist die Natur dieses Zaubers?«
König Gowofred!
Dadalore hatte ihn nur ein einziges Mal leibhaftig gesehen, das war vor einem halben Winterwechsel bei ihrer Initiation. Der König hatte eine Rede gehalten, ein wenig lustlos, aber dennoch mit einer Würde, die sie tief beeindruckt hatte.
»Wenn der Assassine sich Euch auf weniger als fünf Schritte nähert, wird es ihn zerreißen.«
»Zerreißen? Ich bin kein Freund solcher Techniken.«
»Die Not ist ein unnachgiebiger Gebieter, Eure Majestät.« Diese Stimme, sie hatte eine aufgesetzte Freundlichkeit, die ihr irgendwie bekannt vorkam.
»Und wenn der Attentäter Fernwaffen einsetzt?«
»Es würde die Geschosse noch in der Luft zerfetzen, sobald die fünf Schritt Radius erreicht sind.«
»Das zumindest klingt ungemein beruhigend.«
Dadalore stieß erstaunt die Luft aus und hielt sich sogleich erschrocken die Hand vor den Mund. Sie wussten es bereits! Der König schien im Bilde darüber zu sein, dass ihm eine Verschwörung nach dem Leben trachtete. Wie hatte sie nur so einfältig sein können, zu glauben, sie sei diejenige, die die rettende Nachricht überbringen würde? Natürlich hatte der König überall seine Agenten, die ihn bestens informierten, wenn sich etwas zusammenbraute.
»Ja, Ihr könnt wirklich ganz beruhigt sein, Eure Majestät.«
»Ihr habt gut reden, Euch trachtet man nicht nach dem Leben.«
»Ich sage das nicht, um Euch in Sicherheit zu wiegen, sondern weil es den Tatsachen entspricht. Die Attentäterin ist jung und unerfahren. Eine Dadalore-Irgendwas.«
Dadalore begriff nur langsam, was sie gerade gehört hatte.
Dann wurde sie kalkweiß.
Sie hatte das Gefühl, einem schlechten Schauspiel beizuwohnen. Sie saß im Publikum und war fassungslos, was auf der Bühne dargeboten wurde, aber sie stand dort starr vor Entsetzen, während die Schmierenkomödie unaufhaltsam ihren Lauf nahm.
»Warum zieht Ihr sie nicht einfach aus dem Verkehr?«
»Uns fehlt noch der letztendliche Beweis, Eure Majestät. Es wäre doch eine Schande, wenn der König Anklage gegen sie erheben würde, und das Gericht sie laufen ließe.«
»Es gibt keine Beweise?«, fragte König Gowofred und in seiner Stimme schwang ein Hauch von Misstrauen mit. »Vielleicht ist sie doch nicht so unbedarft, wie Ihr vermutet. Unter diesen Umständen sollten wir meine Leibwache noch einmal verdoppeln.«
»Ich bitte Euch, Eure Majestät. Ihr wollt doch nicht, dass Ihr Euch am Ende schon durch die zu große Zahl von Begleitern verratet? Glaubt mir, Unauffälligkeit ist der beste Schutz. Im Übrigen ist das Mädchen harmlos. Wir haben das Los manipuliert und so dafür gesorgt, dass sie Capitalobservatorin wurde. Sie ist jetzt auf einem Posten, auf dem sie unter permanenter Beobachtung steht. Andernfalls wäre sie nun irgendwo Kloakensklave.«
Dadalore begann zu zittern. Die geflüsterten Worte schnitten ihr wie tausend Messer ins Fleisch. Es war ... alles nur Trug? Kein weiser Ratschluss der Götter hatte sie zu dem bestimmt, was sie war? Sie hatte alle Mühsal, alle Erniedrigung ertragen, weil sie insgeheim gehofft hatte, dass alles in den Augen der Himmlischen einen Sinn ergäbe, einem höheren Plan folgen würde, nach dem sie eben leiden musste, um die Bestimmung zu erfüllen. Valenuru hatte die ganze Zeit recht gehabt. Sie hätte ihre eingebildeten Pflichten hinter sich lassen und einfach das Beste aus der Situation machen sollen.
Drinnen wurde der König lauter. »Das Los manipuliert? Ich weiß nicht, ob ich das gut heißen kann!«
Ein Klirren wie von einer berstenden Tonkugel ertönte.
»Verzeiht, Eure Majestät. Euer magischer Schutz hatte nachgelassen, Ihr wisst ja, wie wichtig es ist, ihn regelmäßig
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