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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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seid erbärmlich.« Die Taktik ging nicht auf. Er schaute nicht einen Moment lang in die Richtung, in die sie zeigte.
    »Himmel und Abgrund, Patmelu, ich schwöre, dass mein Anliegen von heiliger Wichtigkeit ist.«
    Der Mann pfiff abfällig durch die Zähne. »Ihr solltet keine Wörter verwenden, die Ihr nicht versteht.«
    »Und Ihr solltet den Göttern dafür danken, dass Eure Truppen so dicht an dicht stehen.«
    »So, sollte ich das?«
    »Ja, dann könnt Ihr nämlich nicht umfallen«, sprach Dadalore und rammte ihm das Knie zwischen die Beine. Es war, wie sie es versprochen hatte: Er krümmte sich zwar, aber die Menge hielt ihn aufrecht.
    Dadalore drückte sich an ihm vorbei und schlüpfte unter der Absperrung hindurch.
    Die Rittari beäugten sie misstrauisch. »Was soll das, wer hat Euch das erlaubt?«
    Es waren Dutzende und sie hatte nur zwei Knie.
    Sie spähte über die Köpfe der Soldaten hinweg, in der Hoffnung, irgendetwas Hilfreiches zu entdecken. Tatsächlich sah sie einen dunklen Kopf, der über alle anderen hinausragte. »Heidugun«, rief sie, so laut sie konnte.
    Der Oberste Staatsschamane drehte sich um und blickte suchend in die Menge.
    »Hier! Hier vorne!«
    »Dadalore!« Sein Bass rollte über den Krach hinweg. Sein mächtiger Bauch teilte die Rittari wie gierige Hände den Kuchen. Jetzt stand er vor ihr. »Tyrtalla sei uns gnädig! Ihr seht ja furchtbar aus. Habt Ihr beim König etwas erreichen können?« Sein Organ schallte über alle Hintergrundgeräusche hinweg.
    Dadalore hingegen musste schreien. »Wir müssen dringend etwas unternehmen! Annanaka ist tot.«
    »Tot?«, rief Heidugun verwirrt aus. »Aber Ihr sagtet doch, dass sie ...«
    »Das ist jetzt nicht mehr wichtig. Die Verschwörer wollen gleich zuschlagen. Sie planen ...«
    In diesem Moment sah sie, wie Ghalikan einer Sänfte entstieg, seine schwarzen Festtagsgewänder raffte und unmittelbar neben sie trat. Er lächelte dünn. Auch das noch.
    »Bitte, bitte, lasst Euch nicht stören!«, rief er. »Nichts liegt mir ferner, als Eure kleine Unterhaltung zu hindern.«
    Dadalore lächelte geziert zurück und rief überdeutlich zu Heidugun: »Wirklich außerordentlich schön, dieses Bühnenbild, Bimkugard hat sich selbst übertroffen!«
    Heidugun verstand nicht. Er sah auf sie herunter, als fürchte er um ihren Verstand. Dadalore versuchte verzweifelt, ihm mit den Augen zu signalisieren, dass sie jetzt nicht reden könne.
    »Ja, die Bühne ist sehr schön«, erwiderte er lahm.
    »Ja«, lachte Dadalore überlaut. »Diese Farben und erst die Formen.«
    Sie sah kurz zur anderen Seite. Ghalikan schien amüsiert zuzuhören. Verflucht, sie musste sich etwas einfallen lassen, um ihn loszuwerden.
    »Ja, sehr hübsch«, brummte Heidugun.
    »Ach«, brüllte Dadalore, »und da fällt mir ein, dass ich mich noch gar nicht bei Euch bedankt habe für den wunderbaren Gehilfen. Das war wirklich sehr großzügig von Euch.«
    Nun rang sich der Schamane ein Lächeln ab. »Ach bitte, das ist doch selbstverständlich. Ich werde Euch informieren, sobald ich jemanden gefunden habe.«
    Dadalore wollte den nächsten belanglosen Satz ausrufen, da sickerte seine Antwort erst zu ihr durch. »Was ... was habt Ihr da gerade gesagt?«
    Heidugun, der wohl dachte, der Lärm habe seine Antwort geschluckt, schmetterte aus voller Kehle: »Ich sagte, ich schicke Euch den gewünschten Gehilfen, sobald ich einen gefunden habe.«
    Dadalore versteinerte. Sie hatte das Gefühl, die Bühne, der Menschenauflauf um sie herum, alles flog plötzlich weit fort von ihr. Wie Spielzeugfiguren wirkten die Leute auf dem Platz, wie Miniaturlandschaften die Bühne und die umliegenden Häuser. Nur der verfluchte Riesenruptu grinste sie mit Raubtierzähnen an.
    Ihr Bewusstsein weigerte sich zu glauben, was sie da gerade gehört hatte.
    Sicher, sie hatte sich nicht erkundigt, aus welcher Dienststelle Valenuru kam. Sie hatten nicht darüber gesprochen. Aber er war ja auch erst seit kurzem hier und in dieser Zeit war so viel geschehen. Plötzlich fiel Ihr auf, dass er nie Namen erwähnt hatte. Er musste doch Kollegen haben. Er hatte nie Vorgesetzte erwähnt. Und sie wusste nur zu gut, dass sein ganzer Körper keine Narben hatte. Und das nach ein paar Jahren im Dienst. Er hatte sie niemals in den Palast begleitet. Er hatte seine Aufgabe, die hohen Würdenträger zu befragen, nie ausgeführt. Und ganz langsam begann sie zu ahnen, warum das alles ...
    »Geht es Euch gut? Ihr seht ein wenig mitgenommen

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