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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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Stelle des Prinzipalprotektors mit diesem Fall beauftragt worden war: Heidugun.
    Dadalore ging durch das Labyrinth des Westflügels, in dem die kleineren Orte des Reiches mühelos untergebracht werden könnten. Sie bemitleidete die Botensklaven, die im Alabasterpalast Dienst taten. Welche endlosen Strecken sie täglich zurücklegen mussten.
    Als sie Heiduguns eigenen Trakt erreicht hatte, schlüpfte sie durch einen Spalt zwischen den Türflügeln hindurch, ohne wirklich in den dahinter liegenden Raum zu gelangen. Ein schwerer Vorhang versperrte ihr noch die Sicht. Die Bassstimme des Schamanen war jenseits des Stoffes zu vernehmen. Er predigte.
    Die Capitalobservatorin wollte einen Blick riskieren. Mit zwei Fingern griff sie den Saum des Vorhangs und zog ihn eine Winzigkeit zur Seite. Sie presste den Kopf gegen die kühle Mauer und lugte in den Saal hinein: Vielleicht zwanzig Schamanen hockten im Schneidersitz auf dem Boden, die Hände mit den Innenflächen über Kreuz auf der nackten Brust, die Augen geschlossen. Heidugun stand vor ihnen, in ein Zeremoniengewand gehüllt, das blau schillerte. Unterstützt von wenigen Gesten trug er vor.
    » ...als nun aber die Himmlischen mit den Dämonen des Abgrunds einig waren, da warfen sie ihre Macht zusammen und vereinigten ihre Kräfte. Und die Dämonen hoben die Welt aus dem Abgrund. Die Himmlischen jedoch gaben die Seelen frei, die in der Welt Einzug hielten. Da aber erwachte der Dämonen Gier und Sagard, der Herr des Abgrunds, sprach: »Warum sollen die Seelen Euer sein, wenn sie zur Welt gehören, und nicht unser, die wir die Welt schufen?«
    Das erzürnte Tyrtalla, den Herrn des Himmels, der sprach: »Warum soll die Welt Euer sein, wenn sie den Seelen gehört, und nicht unser, die wir die Seelen schufen?«
    Als er aber so gesprochen hatte, da bot Sagard ihm die Stirn und er rief: »Wisse, Sonnengott, dass man mich nicht grundlos den Hauptmann der Dunklen Heerscharen nennt. Wenn du uns vorenthalten willst, was unser ist, dann erhebe sich eine Armee aus dem Abgrund, wie du noch keine gesehen hast.«
    Diese Worte vergrößerten noch den Zorn Tyrtallas, der rief: »Hole du nur deine Heere aus der bodenlosen Tiefe, denn wisse, Dunkeldämon, dass mein Sonnenstrahl sie verbrennen wird, und wenn es die ganze Welt entflammt!«
    Und so schickten die Himmlischen und die Lichtlosen sich an, sich in die erste und letzte Schlacht zu werfen, die die junge Welt gesehen hatte.
    Da aber erhoben sich zwei Stimmen, die sich abseits der Kontrahenten in der Stille verständigt hatten: Es waren dies Furuja, die der Himmel ist, und Kalunga, die der Abgrund ist. Und sie sprachen: »Haltet ein, Unsterbliche! Höret, was unser Schiedsspruch sei! Die Welt soll gefügt werden inmitten der Dinge, die da sind. Auf halbem Wege zwischen Himmel und Abgrund sei sie und keinen Fuß breit näher dem Himmel als dem Abgrund und keinen Fuß breit näher dem Abgrund als dem Himmel.«
    Da erkannten Tyrtalla und Sagard, dass dies recht war, und sie lobten und priesen die Weisheit ihrer Frauen. So wurden die Dinge gefügt und so sollte die Welt alle Weltalter lang in Frieden bestehen.
    Doch es kam anders.
    Das Bündnis der Vier war unvollkommen. Denn was die Vier nicht wussten, war, dass in den tiefsten Tiefen des Abgrunds sich noch eine fünfte Wesenheit verbarg. Es war dies die undurchschaubare Exu, die Doppelgesichtige Dämonin. Sie schlich sich hinauf in den Himmel, und kaum war sie dort, siehe, da war ihre Gestalt von göttlicher Gestalt und Tyrtalla und Furuja vermeinten, eine der ihren zu sehen. Die durchtriebene Dämonin erschlich sich das Vertrauen des Göttlichen Paares und mehr und mehr ließ man ihr Anteil an den Geschäften der Himmlischen. Exu aber grinste böse und fasste mit ihrer schwarzen Klaue in den reinen Strom, der die Seelen speiste. Und Dunkelheit floss in die Welt hinab und hielt in den Herzen der Menschen Einzug.
    Als die Himmlischen dies erkannten, da erfasste sie heiliger Zorn und sie ergriffen Exu und ketteten sie an den Mond. Hier sollte sie bis ans Ende aller Zeiten gefesselt sein, damit Tyrtallas Licht sie erhelle und schwäche, immer wenn der Mond der Welt nahekommt.
    Und so kämpft die verräterische Monddämonin Monat für Monat mit dem Göttlichen, das sie bindet. Bei Halbmond aber, wenn der Mond der Welt schon bedenklich nahe kommt, Tyrtallas Licht ihn aber noch nicht richtig erfasst, so ist Exus Macht stark genug, um erneut in die Welt hinabzusteigen.«
    Heidugun verstummte.

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