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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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hier unbegrenzt ein- und ausgehen können, ist klein. Man unterrichtete mich, dass vorwiegend jene, deren Aufgaben die Sicherheit des Königs betreffen, ungehinderten Zutritt haben. Ist das richtig?«
    Annanaka nickte. Sie griff in eine Schüssel neben ihrem Diwan und schob sich eine kandierte Traube in den Mund.
    »Würdet Ihr mir bitte in diesem Zusammenhang erläutern, welche sicherheitsrelevanten Aufgaben Ihr wahrnehmt?«
    Die Schamanin nahm noch eine Traube. Sie kaute mit geschlossenen Augen und sagte kein Wort, bis sie den letzten Rest heruntergeschluckt hatte. »Aber gewiss, dem Obersten Staatsschamanen und mir obliegen Teile der magischen Sicherungen im Palast.«
    »Könntet Ihr das ausführen? Welcher Natur sind diese Sicherungen?«
    »Heidugun trägt Sorge für die Ausstattung mit Lakaien. Mit ihrer Hilfe werden Augen, Ohren und Nasen unserer Wachen derart geschärft, dass niemand unbemerkt durch den Palast schleichen kann.«
    Dadalore sah in das Antlitz des fröhlichen Standbildes. Da sie zum stets strengen Tyrtalla betete, irritierte sie das breite Grinsen der heiligen Häsin ein wenig. »Angenommen, jemand würde nun unter dem Schutz eines Unsichtbarkeitszaubers in den Palast eindringen, so würde er also gehört oder gerochen werden durch die verzauberten Sinne der Palastwächter?«
    Annanaka schien belustigt. »Da ist schon Eure Frage sinnlos, denn es gibt keine Magie, die irgendjemanden unsichtbar machen könnte.«
    »Gibt es nicht?«
    »Nein.«
    »Und wenn der Täter, sagen wir, in anderer Gestalt hereinkäme. Was, wenn er als Maus oder Fliege durch das Sicherheitsnetz schlüpfte?«
    Annanaka schüttelte den Kopf. »Wieder unmöglich, Eure Capitalobservatorin. Es gibt keine Zauber, die Menschen oder Tiere ihre Gestalt verwandeln ließen.«
    Dadalore legte den Kopf schräg. »Und was würdet Ihr sagen, wenn Ihr erführet, dass erst heute Morgen ein Schamane sich in eine monströse Bestie verwandelte?«
    »Ich würde sagen, Ihr habt eine lebhafte Phantasie.«
    »Nein, Erste Stellvertretende Staatsschamanin, es ist so wahr, wie ich hier stehe. Ihr könnt nicht ableugnen, was sich direkt unter Tyrtallas allsehendem Auge zugetragen hat.«
    Annanakas Reaktion überraschte Dadalore. Unter der Maske aus weißer Schminke flackerte für einen Augenblick Angst auf, bevor sich die Schamanin wieder unter Kontrolle hatte. Die Priesterin starrte ins Leere, und ohne dass ihr Blick ins Hier und Jetzt zurückkehrte, erwiderte sie: »Dann haben wir wirklich ein Problem.«
    »Wisst Ihr etwas darüber, Annanaka? Was für ein Zauber ist das, den es eigentlich nicht geben sollte?«
    Die Zauberpriesterin setzte sich auf den Rand des Diwans und strich ihre Locken aus der Stirn. »Die Verwandlung von Lebewesen gehört zu den Verbotenen Künsten. Den Legenden nach beherrschten einst die Ruptauren solche Zauberei. Sie konnten sich in gewaltige Kampfbestien verwandeln, die sie gegen die Menschen in die Schlacht warfen. Mit dem glorreichen Sieg über die Ruptu aber wurden alle Ruptauren getötet und ihre Verbotenen Künste restlos vom Angesicht der Welt getilgt. Verbrannt, vernichtet!«
    »Warum diese Zerstörungswut? Die Geschichte des Imperiums ist reich an Kriegen, in denen uns solche Zauberei von großem Nutzen gewesen wäre.«
    »Es geht hier nicht um eine Frage von militärischer Schlagkraft«, erwiderte Annanaka abfällig. »Heute wie damals ist Magie Göttergeschenk. Die Ruptu bezogen ihre beeindruckenden Fähigkeiten von ihren widerlichen Götzen. Mit ihrer Niederwerfung wurden die Standbilder geschleift und jede Spur der finsteren Kulte zerstreut. Ihrer Anhänger und Priester beraubt, fielen die alten Götzen dem Vergessen anheim. Und damit ward ihre Macht für alle Zeiten gebrochen.«
    »Aber jemand scheint noch immer über diese Macht zu gebieten.«
    »Ihr müsst Euch täuschen.«
    »Ich wünschte, es wäre so. Aber ich weiß, was ich mit eigenen Augen sah.«
    Die Schamanin musterte sie jetzt direkt. »Ich wünsche, dass Ihr diesen Zauberer findet. Ihr werdet ihn der geistlichen Gerichtsbarkeit übergeben. Was er getan hat, ist ein Sakrileg, und es kann in keiner der drei Welten Gnade für ihn geben.«
    »Verzeiht, Erste Stellvertretende Staatsschamanin, aber ich habe Euch die Begebenheit noch nicht vollständig berichtet. Der Mann ist bereits tot.« Die Capitalobservatorin fasste den Angriff des Priesters zusammen, auch ihren eigenen Einsatz verschwieg sie nicht. Lediglich Waltumpes Dankversprechen erwähnte Dadalore

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