Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
Vom Netzwerk:
Rettarock, das Tyrtalla-Amulett und die beiden Säbel unter das Bett.
    Schließlich verließ sie die Unterkunft, nur mit ihren Untergewändern bekleidet und klopfte an die Nachbartür.
    Eine junge Frau mit einer wilden Mähne brauner Haare öffnete ihr. Sie betrachtete ihren Besuch mit einem misstrauischen Blick. »Kenne ich Euch?«
    Dadalore strahlte sie an. »Ich bin Elumbutraut. Ich bin neu hier, weißt du. Deine Nachbarin kam vorhin raus und – plumps – hatte sie das hier verloren.« Sie hielt den Ohrring hoch. »Ich hab es zu spät gemerkt. Kennst du das, wenn man was sieht, aber erst später versteht, was man gesehen hat? Jedenfalls war sie schon weg.«
    Die Schamanin sah nicht freundlicher aus als zuvor. »Ich habe dich hier noch nie bemerkt. Wo, sagtest du, wohnst du?«
    »Ich bin neu hier«, wiederholte Dadalore, »ich wohne drüben ...im ...ach, ich kann mir das einfach noch nicht so merken.«
    Jetzt nahm die Miene der Frau einen fürsorglicheren Ausdruck an. »Ich bin Carluru. Als ich neu in der Uchawi war, ging es mir genauso. Ist ein ziemlicher Irrgarten hier. Aber es wird besser, wenn man das System durchschaut hat. Du bist jetzt bei den Bluthexen, wie wir sagen, dort ...«, sie begann, quer durch das Gebäude zu deuten, »findest du die Wetterhexer, da wohnen die Theologen, dort die Ausbilder und da ganz hinten die Lakaien-Hexer.«
    Dadalore setzte einen bewusst überforderten Ausruck auf, den Carluru allerdings missdeutete.
    »Ist nur Spaß, in Wirklichkeit sind wir alle Schamanen.«
    »Oh, verstehe. Jedenfalls wollte ich dir den Ohrring geben für die ... wie heißt die eigentlich?«
    »Gervana-Wers-mag. Sie hängt an ihrem Schmuck, wird sie freuen«, sagte Carluru und nahm den Ohrring entgegen. »Das ist nett von dir, jemand anders hätte ihn vermutlich einfach mitgenommen.«
    »Was denn, geklaut?«, fragte Dadalore erstaunt.
    »Du bist wirklich neu hier, hm«, stellte Carluru fest.
    »Ja, total. Oh, und ich wollte dich noch was fragen. Ich bin da auf so ein Treffen eingeladen, heute Abend in der Waffenkammer. Du weißt nicht zufällig ...«
    Carlurus wildes Gestikulieren ließ sie verstummen.
    »Ich soll nicht so laut reden?«
    »Jedenfalls nicht von diesen Sachen. Ein paar von den Ausbildern regen sich immer noch ziemlich auf, sobald sie etwas davon mitbekommen. Kann man ja auch verstehen.«
    Dadalore beugte sich vor und sagte in verschwörerischen Ton: »Ist das denn verboten?«
    Carluru zuckte die Achseln. »Eigentlich nicht. Aber irgendwie dann doch. Die Regeln sind lockerer geworden, in ein paar Jahren braucht Ihr Euch nicht mehr heimlich zu treffen.«
    Die Capitalobservatorin setzte alles auf eine Karte und flüsterte: »Aber doch nicht etwa die Verbotenen Künste?«
    »Nein!«, sagte Carluru verärgert. »Glaubst du im Ernst, dass ich in dem Fall hier herumstehen und nichts unternehmen würde? Das ist nur so eine Strömung, die eben immer mehr Anhänger findet. Ist aus der Frühzeit des Imperiums, glaube ich. Aber da fragst du im Grunde die Falsche, mich haben sie noch nie eingeladen.«
    Eine Frau im Priestergewand näherte sich.
    »Oh«, machte Dadalore bedauernd. »Und dann wollte ich noch was fragen. Ich habe ja gar nichts zum Anziehen. Kannst du mir vielleicht was leihen?«
    So zielsicher, wie die Fremde näher kam, könnte es Gervana sein. Jeden Augenbblick würde sie in Carlurus Sichtfeld auftauchen.
    Zunächst sah es aus, als würde diese alles lieber tun, als Dadalores Bitte zu entsprechen, aber der Eindruck verflog und sie sagte: »Warum eigentlich nicht?«
    Sie bat Dadalore herein. Das letzte, was die Capitalobservatorin beim Eintreten noch sah, war, dass Gervana soeben die Nachbartür öffnete. Dadalore merkte sich das auffallend hübsche Gesicht. Sie würde es nach Einbruch der Dämmerung nicht mehr aus den Augen lassen.
     
    Es dämmerte endlich. Dadalore hatte eine unauffällige Position in der großen Haupthalle bezogen und den Acht-Uhr-Regen über dem Riesenruptu prasseln hören. Die Waffenkammer lag nur einen Gang entfernt und fast jeder, der dorthin wollte, musste hier vorbei. Und es schienen nicht wenige zu sein. Die Capitalobservatorin lag seit einer Viertelstunde auf der Lauer und hatte bereits elf Gäste gezählt. Der Richtige war allerdings noch nicht dabei gewesen.
    Und da kam auch schon Nummer zwölf. Ein Schamane Anfang dreißig, dessen Miene nach zu urteilen der Abend ein furchtbares Übel für ihn sein musste. Wieder der Falsche.
    Dadalore grübelte immer noch

Weitere Kostenlose Bücher