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Der Nachtzirkus

Der Nachtzirkus

Titel: Der Nachtzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Morgenstern
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egal, was ich bis dahin mache?«
    »Du musst üben.«
    Celia sieht ihn an und legt die Hände auf den Tisch. Seine Papiere falten sich zu kunstvollen Figuren: Pyramiden und Spiralen, Papiervögel mit raschelnden Flügeln.
    Ihr Vater schaut verärgert auf. Er greift zu einem dicken Briefbeschwerer aus Glas und lässt ihn so fest auf Celias Hand sausen, dass ihr Handgelenk mit einem lauten Krachen bricht.
    Die Papiere glätten sich wieder und flattern zurück auf die Tischplatte.
    »Du musst üben«, wiederholt er. »Du musst noch lernen, dich zu beherrschen.«
    Celia unterdrückt ihre Tränen, hält sich die Hand und verlässt wortlos das Zimmer.
    »Und hör um Himmels willen auf zu heulen «, ruft Hector ihr hinterher.
    Es dauert fast eine ganze Stunde, bis die zersplitterten Knochen wieder zusammengefügt und geheilt sind.
    *
    Isobel sitzt in einem kaum benutzten Sessel in einer Ecke von Marcos Wohnung und versucht vergeblich, mehrere bunte Seidenbänder, die um ihre Finger gewickelt sind, zu einem großen Strang zu flechten.
    »Das ist albern«, stöhnt sie und schaut missmutig auf das Bändergewirr.
    »Ein ganz simpler Trick«, sagt Marco, der umringt von aufgeschlagenen Büchern an seinem Schreibtisch sitzt. »Ein Band für jedes Element, vereint durch Knoten und Können. Das ist wie bei deinen Karten, nur muss man hier führen statt deuten. Aber wenn du nicht daran glaubst, klappt es nicht, das weißt du.«
    »Vielleicht bin ich nicht in der richtigen Stimmung, um daran zu glauben«, sagt Isobel, löst die Knoten und legt die Bänder über die Sessellehne. »Ich probiere es morgen noch mal.«
    »Dann hilf mir hierbei«, sagt Marco und schaut von seinen Büchern auf. »Denk an etwas. Einen Gegenstand. Einen bedeutsamen Gegenstand, den ich noch nicht kenne.«
    Isobel seufzt, schließt aber gehorsam die Augen und konzentriert sich.
    »Ein Ring«, sagt Marco, der das Bild in ihrer Vorstellung so deutlich sieht, als hätte sie es ihm aufgemalt. »Ein goldener Ring mit einem Saphir und zwei kleinen Diamanten.«
    Isobel öffnet schlagartig die Augen.
    »Woher weißt du das?«, fragt sie.
    »Ein Verlobungsring?«, fragt er grinsend weiter.
    Sie presst sich eine Hand vor den Mund und nickt.
    »Du hast ihn verkauft«, sagt Marco und schöpft aus den Erinnerungsfetzen, die mit dem Ring verbunden sind. »In Barcelona. Du bist vor einer arrangierten Heirat geflohen, deswegen bist du in London. Warum hast du mir das nicht gesagt?«
    »Das ist kein sonderlich geeignetes Gesprächsthema«, entgegnet Isobel. »Außerdem erzählst du auch kaum etwas von dir, du hättest ja auch vor einer arrangierten Heirat geflohen sein können.«
    Sie starren einander eine Zeitlang an, ohne dass Marco eine passende Antwort einfällt, aber dann muss Isobel lachen.
    »Wahrscheinlich hat er länger nach dem Ring gesucht als nach mir«, sagt sie und blickt auf ihre ringlose Hand. »Es war so ein schönes Stück, ich konnte mich fast nicht davon trennen, aber ich hatte kein Geld und nichts anderes zu verkaufen.«
    Marco will gerade sagen, er sehe genau, dass sie einen ziemlich guten Preis erzielt habe, als es an der Wohnungstür klopft.
    »Ist das der Vermieter?«, flüstert Isobel, aber Marco legt den Finger an die Lippen und schüttelt den Kopf.
    Es gibt nur einen Menschen, der unangekündigt an diese Tür klopft. Marco winkt Isobel in das angrenzende Arbeitszimmer und öffnet dann die Tür.
    Der Mann im grauen Anzug tritt nicht in die Wohnung. Er hat sie noch nie betreten, seit er den Umzug arrangiert und seinen Schüler hinaus in die Welt gestoßen hat.
    »Du bewirbst dich bei diesem Mann um eine Stelle«, sagt er grußlos und reicht Marco eine verblasste Visitenkarte. »Wahrscheinlich brauchst du einen Namen.«
    »Ich habe einen«, sagt Marco.
    Der Mann im grauen Anzug fragt nicht nach, wie er lautet.
    »Dein Vorstellungsgespräch ist morgen Nachmittag«, sagt er. »Ich habe für Monsieur Lefèvre jüngst ein paar geschäftliche Angelegenheiten geregelt und dich nachdrücklich empfohlen, aber du solltest deinerseits alles Notwendige tun, um die Stelle zu bekommen.«
    »Ist das der Beginn der Prüfung?«, fragt Marco.
    »Es ist ein erster Schritt, um dich in eine vorteilhafte Position zu bringen.«
    »Und wann kommt die Prüfung?«, fragt Marco, obwohl er die Frage schon oft gestellt und nie eine konkrete Antwort erhalten hat.
    »Das wirst du dann schon sehen«, sagt der Mann im grauen Anzug. »Aber wenn es so weit ist, wäre es ratsam, du

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