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Der Naechste bitte!

Der Naechste bitte!

Titel: Der Naechste bitte! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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föhnte den beschlagenen Spiegel trocken. Okay, meine Schultern waren leicht gerötet, aber das war kein Beinbruch. Spätestens morgen würde sich das Rot in ein sattes goldenes Schimmern verwandeln. Was war mit den weißen Streifen vom Bikinioberteil? Halb so wild. Ich beschloss spontan, zum Abendessen ein Oberteil zu tragen, das sie überdeckte. Voilà, Problem beseitigt. Je mehr der Dunst sich auflöste und mein Spiegelbild zum Vorschein kam – zuerst mein Hals und dann mein Kinn -, desto größer wurden meine Augen. Fassungslos starrte ich mich an. Obwohl ich keine Sonnenbrille aufhatte, sah es aus, als wäre das Gegenteil der Fall. Nase, Wangen und Stirn leuchteten mir in einem kräftigen, strahlenden Rot entgegen, während die weißen Flecken um meine Augen absolut deckungsgleich mit den Konturen meiner Duty-free-Sonnenbrille von Gucci waren.
    Panisch riss ich die Badezimmertür auf und rannte ins Schlafzimmer, wo Clay es sich mit seinem iPod auf dem Bett gemütlich gemacht hatte und bei ausgeschaltetem Ton fernsah.
    »Sag mir, dass es nicht so schlimm ist, wie ich befürchte«, bettelte ich.
    Doch sein Gesichtsausdruck sprach Bände.
    »O Gott!« Ich ließ mich auf das andere Bett plumpsen.
    »Wie ist das denn passiert?«, fragte er, nahm die Kopfhörer ab und starrte mich ungläubig an. Seine Mundwinkel bebten, weil er krampfhaft ein Schmunzeln zu unterdrücken versuchte.
    »Was soll ich bloß machen? So kann ich unmöglich vor die Tür gehen!«, jammerte ich, drehte mich zum Spiegel und stieß ein blechernes Lachen aus.
    »Wie wär’s, wenn du die Sonnenbrille einfach wieder aufsetzt?«, meinte er, rollte sich um die eigene Achse und lachte so schallend, dass seine Gesichtsfarbe bald der meinen ähnelte.
    »Abends?«
    »Ja, ich könnte dich an die Hand nehmen. Wir behaupten einfach, du wärst blind. Dann wird dich bestimmt keiner auslachen.«
    »Oder wir überdecken es mit Make-up. Hast du auf dem College nicht einen Maskenbildner-Workshop belegt?«, erinnerte ich mich und sah ihn flehend an.
    »Ja, nur haben sie uns dort nicht das Zaubern beigebracht.« Er schüttelte den Kopf.
    »Aber wir müssen etwas tun. Alleine hierbleiben will ich nämlich auch nicht.«
    Er starrte mich einen Augenblick an, dann stand er auf und seufzte. »Zeit, ein kleines Wunder zu vollbringen«, sagte er und nahm mich im Schlepptau mit ins Badezimmer.
     
    Als Clay fertig war, hatte ich Ähnlichkeit mit der besten Freundin aus Die Waffen der Frauen. Es gab sicher viele Menschen, die nach einer Trennung ihr Äußeres veränderten, aber ich sah geradezu verboten aus.
    »Okay«, sagte Clay und kniff die Augen zusammen. »Du musst es dir einfach als Retro-Disco-Look vorstellen.«
    Ich stand vor dem Spiegel und musterte mich gründlich. Mit viel Selbstbräunungslotion und Puder war es ihm gelungen, den Farbkontrast abzuschwächen. Den Rest besorgten dunkler Glitzerlidschatten, schwarzer Eyeliner und vier Schichten Wimperntusche. Da Clay mir verboten hatte, das Glätteisen (auch »Zauberstab« genannt) zu benutzen, trug ich eine Mähne auf dem Kopf, auf die so mancher Löwe neidisch gewesen wäre. Ich sah aus wie Nicole Kidman, bevor sie Tom Cruise kennengelernt hatte.
    »Original Studio 54«, urteilte Clay und trat einen Schritt zurück, um sein Werk zu begutachten.
    »Wohl eher Tammy Faye«, erwiderte ich und inspizierte meine Wimpern, die an Spinnenbeine erinnerten. »Was ist mit dir?«
    »Ich springe schnell unter die Dusche, und dann trennen sich unsere Wege«, sagte er, fischte sein Duschgel aus seinem Designerkulturbeutel und schob mich aus dem Badezimmer.
    »Vergiss es. Wenn ich wie eine Dragqueen aussehe, musst du es auch.«
    »Ich habe aber nicht wie ein Hähnchen in der Sonne gebrutzelt«, sagte er und schloss die Tür.
    »Komm schon, Clay. Das wird lustig!«, rief ich durch die Tür. »Du könntest dich im Glamrock-Stil auftakeln, eine Art früher David Bowie. Dann glauben die anderen, wir hätten uns das gemeinsam ausgedacht.«
    »Setz dich hin und guck Fernsehen«, rief er. »Ich bin in einer Minute wieder bei dir.«
     
    Als wir uns mit den anderen trafen, hatten Clay und ich uns auf einen Kompromiss geeinigt. Er hatte Eyeliner aufgetragen, sich mehr Gel als sonst ins Haar geschmiert und goldenen Lipgloss aufgelegt.
    »Hier kommen die Zwillinge«, sagte Jack, ein Flugkapitän, mit dem ich bereits hin und wieder geflogen war.
    »Ich wusste gar nicht, dass wir zu einer Kostümparty gehen«, sagte Bob, seines Zeichens

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