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Der Naechste bitte!

Der Naechste bitte!

Titel: Der Naechste bitte! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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lächelte.
    »Ich mache also nicht den Eindruck, als hätte ich ein Ziel vor Augen? Willst du etwa damit andeuten, ich wirke, als hätte ich mich verlaufen?«, schoss es aus mir heraus. Ich lenkte den Blick auf den Rosenkranz, der vom Rückspiegel baumelte. O mein Gott, vielleicht ist meine Mutter doch nicht die Einzige mit der Ansicht, ich würde wie eine Blindschleiche durch den Dschungel des Lebens kriechen.
    »Nein, das auch wieder nicht. Du wirkst einfach nur nicht so … fokussiert«, sagte sie.
    »Nicht so fokussiert?«, wiederholte ich. Es stimmt also doch. Die Leute meinen, ich hätte keinen Plan.
    »Du weißt doch, wie Piloten sind.« Allmählich wuchs ihr die Situation über den Kopf. »Sie sind so … strukturiert.«
    Ich bin also unstrukturiert, unfokussiert und ziellos. Zu allem Übel nehmen meine Locken auch noch den gesamten Rücksitz dieses Taxis ein, dachte ich, vergrub die Finger in meinen Haaren und versuchte vergebens, sie plattzudrücken.
    »Sieh’s mal so, wenn du jetzt kneifst, geht er als Sieger vom Platz«, meinte Clay und tätschelte meine Schulter.
    »Hier geht es nicht darum, wer gewinnt«, murmelte ich und konzentrierte mich auf den silbernen Jesus, der vor und zurück schaukelte. Was würde er tun?
    »Bei jeder Trennung geht es darum, wer das meiste Kapital daraus schlägt! Deshalb male ich mir schon beim Austausch der Telefonnummern die Trennungsszenarien aus, damit ich – wenn es dann so weit ist – darauf vorbereitet bin.«
    »Clay, das klingt ziemlich krank.« Jennifer lachte.
    »Er trauert schon, bevor sich etwas anbahnt«, erklärte ich ihr.
    »Ich bin stets auf der Suche nach dem nächsten Ex.« Clay grinste. »Nein, ernsthaft, du darfst nicht zulassen, dass er sich als Gewinner fühlt. Er darf nicht wissen, dass du leidest.«
    »Hast du mich zufällig in letzter Zeit mal angesehen? Ich wirke wohl kaum wie jemand, der gerade auf der Gewinnerstraße flaniert«, sagte ich und krallte mich an den Fahrersitz, weil der Wagen eine scharfe Linkskurve machte.
    »Wieso, du siehst doch cool aus«, warf Jennifer ein.
    »Du wohnst im East Village. Du bist so etwas gewöhnt«, hielt ich dagegen.
    »Immerhin hast du nicht die geringste Ähnlichkeit mit dieser Barbie-Möchtegern-Cockpit-Königin, die an seinem Arm klebt.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Genau. Wer ist sie eigentlich?«, fragte ich, als das Taxi mit einer Vollbremsung zum Stehen kam.
    »Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden«, sagte Clay, griff meine Hand und zerrte mich hinaus.
     
    Das Erste, was mir beim Betreten des Restaurants auffiel, war das schummerige Licht. Die Beleuchtung kommt mir wie gelegen, freute ich mich, als die Bedienung uns an einer Reihe von großen, lebhaften Tischen vorbeiführte, nur um uns in einen wundervollen und üppigen Innenhof mit Topfpalmen und Orchideen zu bringen, der im gleißenden Licht des Vollmondes badete.
    So viel zum Thema Beleuchtung, dachte ich und stierte Michael am Kopf der kleinen Prozession an. Unbemerkt ließ ich mich zurückfallen. Je mehr Distanz zwischen uns war, desto besser.
    »Wäre dieser Tisch zu Ihrer Zufriedenheit?« Die Bedienung deutete auf einen eingedeckten Tisch mit zwölf prachtvollen Gedecken.
     
    Typisch Michael, sich an eine fremde Crew zu hängen und sofort das Kommando zu übernehmen, sagte ich zu mir selbst, verdrehte die Augen und ließ den Blick über die Stühle schweifen, damit ich so weit wie möglich von ihm entfernt sitzen konnte.
    »Sí, gracias.« Michael nickte.
    Beim Klang seines Spanischs wurden meine Knie weich. Ich zog den Stuhl vor mir zurück und ließ mich fallen. Erst, als es zu spät war, erkannte ich, dass ich ihm gegenübersaß. Clay warf mir einen missbilligenden Blick zu, gefolgt von einem kräftigen Stoß gegen mein Knie, während Jennifer lange und laut ausatmete, als sie sich auf meine andere Seite setzte.
    Ich wusste, dass die beiden recht hatten. Seit Tagen fuhren meine Gefühle Achterbahn, rauf und runter, runter und rauf. Dazwischen ein paar Loopings. Mir war klar, dass meine Reaktion ans Lächerliche grenzte. Schließlich wusste jeder, der schon mal bei Taco Bell gegessen hatte, wie man gracias sagte. Aber dieses eine Wort reichte aus und setzte in mir eine Flut von Erinnerungen daran frei, wie oft wir im Ausland in Nobelrestaurants eingekehrt sind. Jedes Mal hatte er der Bedienung in ihrer Landessprache gedankt. Etwas, das er wohl noch immer tat. So, als wäre nie etwas zwischen uns vorgefallen. Dabei war eine

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