Der Name Der Dunkelheit
hatte, solange sie dabei keinen Schaden anrichtete. Spuren am Tatort zu sichern, beherrschte sie mittlerweile im Schlaf. Erst im Labor folgte die Arbeit, die man jahrelang erlernen musste. Die Ecke mit dem Bett war deshalb so interessant, weil es in der ganzen Wohnung die einzige Stelle zu sein schien, wo sich persönliche Dinge von Ardelius fanden. In der Kommode links waren aber nur die Fotografien spannend gewesen. Nach zwei Stunden wechselte Sofi hinüber auf die rechte Seite des Bettes. Zuerst griff sie nach dem leeren Glas auf dem Nachttisch und schnupperte daran. Es roch nach Torf. Daneben standen sieben Flaschen. Sofi hatte kein Näschen für hochgeistige Getränke und musste jede einzelne Flasche aufschrauben, bis sie sich sicher war, dass sich Ardelius von dem Connemara bedient hatte. Die Flasche war zur Hälfte geleert, außerdem saß der Verschluss locker. Sofi untersuchte Glas und Flasche mit dem Scanner und fand daran nur die Fingerabdrücke von Ardelius.
Sie zog die obere Schublade auf. Sie quoll über vor Kreditkartenbelegen, Quittungen und alten Fahrkarten. Sofi begann, alles nach dem Datum zu sortieren, als sie auf einen gelben Zettel stieß. Es war eine Eintrittskarte für ein Streichkonzert in der Sofiakirche. Das hatte am 2. März stattgefunden. Beethovens frühe Streichquartette. Sofi wendete den Zettel. Die Rückseite war unbedruckt, aber jemand hatte eine Telefonnummer darauf notiert. Sofi zögerte nicht. Als sich am anderen Ende die Bandansage der Reichsmord meldete, erkannte Sofi die Nummer als die von Judit wieder. Nun war sie sogar ziemlich sicher, dass es ihre Handschrift war. Sofi überlegte, wie sie am frühen Sonntag mehr darüber herausfinden konnte.
Ihr fiel der Organist aus der Kirche ein. Er musste bereits aufgestanden sein und etwas über die Konzerte in seiner Kirche wissen. Er war über seine Antwort selbst erstaunt. Das Konzert hatte die Musikhochschule gegeben. Judit hatte zum Ensemble gehört.
Das war ja interessant! Ardelius und Judit kannten sich seit zehn Monaten. Sofi blätterte die sortierten Quittungen durch und entdeckte eine vom 3. März. Um 1 Uhr 07 hatte Ardelius eine nicht geringe Menge an Getränken in einer Bar in der Skånegatan bezahlt. Das konnte er nicht alleine getrunken haben.
Sie hatten sich an jenem Abend kennengelernt, daran ließ die Telefonnummer auf der Eintrittskarte keinen Zweifel.
Vom anderen Ende der Wohnung rief jemand Sofis Namen. Sie sprang auf und eilte hinüber ins andere Zimmer, wo Per und Suunaat noch immer neben der Leiche hockten. Inzwischen hatte sie den Körper auf den Boden gelegt und entkleidet. Obwohl das Fenster längst geschlossen und die Heizung aufgedreht war, spürte man die im Boden sitzende Kälte durch die Schuhsohlen.
»Deine Deutung des Schneehaufens unter dem Fenster trifft wohl zu«, sagte Per. »Das Fenster hat seit Donnerstag offen gestanden. Er ist vom Schlafzimmer hierher und hat sich an den Tisch gesetzt.«
»Saß er die ganze Zeit hier?«
Per nickte. »Füße und Gesäß sind schwarz. Außerdem vermuten wir, dass die Frau erst kurz vor euch hergekommen ist. Sie hat das Türschloss auf eigenartige Weise geknackt, so dass sich die Tür nicht mehr verriegeln, sondern nur noch anlehnen ließ.«
»Also wurden die Frauenleichen hier nicht aufbewahrt?«
Per und Suunaat sahen sich verwundert an und schüttelten vereint den Kopf. »Wie kommst du darauf?«
»Die Temperatur, die hier herrschte, entsprach genau der Körpertemperatur der Leichen.«
»Kein Wunder. Es ist die in ganz Stockholm herrschende Außentemperatur! Er ist nicht so lange tot wie die Frauen, und dann ist da noch das Türschloss. Sie muss es kurz vor eurer Ankunft geknackt haben, sonst wäre die Tür längere Zeit angelehnt gewesen und hätte sich durch den Luftzug wohl geöffnet.«
»Wir haben sie also überrascht.«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«
»Was meinst du damit?«
Per zog sich seine Gesichtsmaske herab bis zum Kinn. »Der sitzt tagelang hier, und dann kommt ihr gleichzeitig an? Mitten in der Nacht?«
»Willst du damit andeuten, dass wir ein Leck haben?«
Per zuckte mit den Schultern und setzte sich seine Maske wieder auf.
Sofi strich sich mit der Hand über die Wange, was Per richtig als Zeichen deutete, ihr einen Moment zum Nachdenken zu geben. Wenn es ein Leck gab, dann nicht bei der Säpo. Au- ßerdem traute Sofi der Säpo nicht zu, Ardelius’ Adresse gekannt zu haben. Und sie selbst hatte nach ihrem Besuch bei Joakim
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