Der Name Der Dunkelheit
ich habe erst eine andere für Elins Mutter gehalten.«
»Da hast du’s«, fand Kjell. Für Sofi waren Ermittlungsregeln Reisen in ferne Länder.
Henning pflichtete seinem Kollegen durch Papierrascheln bei. Weiter trieb er Konflikte nie voran.
Sofi versuchte einen Neubeginn. »Die Wohnung in der Långholmsgatan hat sie anderthalb Jahre nach dem Schulabschluss bezogen. Weil noch ungewiss war, ob sie in der Stadt oder auf der Hochschule in Södertörn studiert.«
Zuvor hatte Elin Gustafsson ein Jahr als Aupair-Mädchen in Michigan verbracht. Das Auslandsjahr hatte ihr Gymnasium in Aspudden angeboten. Es ging also nicht auf Elins Initiative zurück.
Sofi suchte ihre Notizen nach etwas Spannenderem ab. »Eigentlich ist alles aus einem Guss. Die Eltern hatten normalen Kontakt zu ihr. Wenn ihr die Krankheit zu schaffen machte, sahen sie sich öfter, sonst etwa alle zwei oder drei Wochen. Von einem Partner oder einer Freundschaft ist nichts bekannt.«
»Jungfrau war sie immerhin nicht mehr«, zitierte Henning aus Suunaats Erstbefund. »Der Hormontest war auch negativ. Ich kreuze zur Sicherheit einmal das Vibrator-Optionskästchen auf der Agenda für die Tatorttechniker an. Obwohl Per ohnehin danach sucht.«
»Mehr brächte der Computer«, sagte Sofi. »Da sind all die Geheimnisse gespeichert, von denen der Vater nichts ahnt.«
Henning überflog seine Inventarliste. »Es gab keinen.«
»Es muss einen geben. Der Vater hat ihr einen tragbaren geschenkt. Am 7. Februar, ihrem Geburtstag.«
»Da war kein Computer, Sofi.«
»Wie genau habt ihr denn in der Wohnung gesucht?«
»Ein Computer ist doch immer sichtbar oder in der Nähe.«
Kjell schrieb den Punkt ›Computer‹ an die Wandtafel.
»Es gab überhaupt wenig persönliche Gegenstände in ihrer Wohnung«, kommentierte Henning. »Verdächtig wenige.«
Kjell setzte eine Überschrift über den Begriff ›Computer‹: Nichtexistierende Gegenstände.
Sofi kam zum Ende. »Tagsüber hat sie im Telia-Laden am Ringvägen gearbeitet, abends hat sie sich in ihrer Wohnung verschanzt.«
Kjell nahm wieder am Tisch Platz. »Der Freundeskreis bleibt uns also diesmal erspart. Kommen wir zur Wohnung. Irgendetwas Verdächtiges, Henning? Ich meine Dinge, die existieren.«
Ja, dachte Henning Larsson. Die verdammte CD. Die ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er war sich nicht sicher, ob sie ins Bild passte oder nicht. Bis dahin wollte er nicht darüber reden.
»Von den sprechenden Gegenständen gibt es auffallend wenig. Ein Mobiltelefon habe ich auch nicht gefunden.«
»Das können wir abhaken«, wandte Sofi ein. »Sie besaß keines. Vielleicht, weil sie den ganzen Tag im Telia-Laden stand. Ein Würstchenbudenbesitzer isst ja in seiner Freizeit auch keine Würstchen.«
»Und weil sie anscheinend ohnehin keinen Menschen hatte, den sie anrufen konnte«, ergänzte Henning. »Wisst ihr, was mich erstaunt? In der ganzen Wohnung bin ich auf kein Anzeichen für ihre Krankheit gestoßen. Es gab Medikamente
im Bad, deren Sinn mir inzwischen einleuchtet, aber nicht viele.«
Sofi blickte ihren Chef an. »Wo ist der Rollstuhl?«
Kjell blickte zu Henning.
Henning blickte zu Sofi. »Da war kein Rollstuhl! Auch Krücken waren keine da. Das meine ich ja!«
Doch beides hatte Elin Gustafsson besessen. Kjell ergänzte seine Liste der fehlenden Gegenstände.
»Der Vater hat vor einigen Tagen mit ihr telefoniert«, berichtete Sofi. »Das war am Freitag, dem 21. Dezember. Sie sagte wörtlich, es gehe ihr schlechter, sie sei krankgeschrieben. Das bedeutet, dass sie sich kaum bewegen konnte.«
»Was bedeutet das genau?«, wollte Kjell wissen.
»Sie kann sich leidlich in ihrer Wohnung bewegen, aber niemals die Strecke bis Långholmen ohne den Rollstuhl zurücklegen.«
»Kann man den zusammenklappen?«
»Nein, es ist ein mittelgroßer mit Elektroantrieb. Der Vater hat außerdem einen leichteren im Auto. Zum Anschieben.«
Henning kratzte sich am Kinn. Trotz seiner Weihnachtsrasur vom Morgen knirschte es. »Warum soll sie einen Liegestuhl mit zum Strandbad nehmen, wenn sie ohnehin einen Rollstuhl hat?«
»Glaubt ihr, man kann mit einem Rollstuhl die Wiese hinab bis zum Ufer?«, fragte Kjell. Er badete im Sommer oft dort, hatte aber noch nie einen Rollstuhlfahrer gesehen. Die Wiese fiel nicht als geneigte Fläche zum Wasser ab, sondern in Kaskaden wie die Tribüne eines Stadions. An den Stufen war der Winkel zu steil, schätzte er. Und sobald es schneite, war es gänzlich unmöglich. Das
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