Der Name Der Dunkelheit
eine Touristin umherzublicken. Der Raum war sehr hoch und hatte eine Galerie, die man über eine Treppe erreichte. Die Musik gefiel ihr, und weil sich auf der Tanzfläche weniger Gäste drängten als am Rand, ging sie los, um zu tanzen.
Nach einiger Zeit sah sie Maja am anderen Ende des Raumes stehen und nach ihr spähen. Sie winkte. Maja winkte zurück und bedeutete ihr, herüberzukommen.
»Da bist du ja!«, schrie Maja gegen die Musik an. »Komm! Jetzt geht es erst richtig los!«
Sofi folgte ihr hinaus in den Gang, doch statt zum Ausgang bog Maja rechts ab. Dort standen bereits Ernst und Majas Gespielinnen vor einer Aufzugtür, die ein Türsteher bewachte.
»Das ist Joakim«, sagte Maja. »Ihm gehört der ganze Laden.«
»Ist sie eine von deinen Lesben?«, fragte Joakim.
»Nein, aber für dich läuft es aufs Gleiche hinaus.«
Wegen dieser geheimnisvollen Unklarheit reichte Joakim Sofi verlegen die Hand. Wenn man bedachte, dass ihm der ganze Laden gehörte, sah er ziemlich artig aus.
Die Aufzugtür öffnete sich. Der Türsteher trat beiseite und ließ die Gruppe herein. Die Türen wollten sich schließen.
»Einen Augenblick«, rief Joakim. Vom Eingang eilten drei Frauen im Gefolge eines Türstehers herbei und drängten sich in den Aufzug. Zu Sofis Erstaunen ging es hinauf und nicht hinab. Eine der zugestiegenen Frauen starrte Sofi an, dann erhellte sich ihr Gesicht.
»Aber nein! Sofi!«
Es war Carina, Carina Lundberg, die mit Sofi die Polizeischule besucht hatte. Sie hatte einen Stöpsel im Ohr. Sofi wollte die Hand ausstrecken, hielt aber inne, weil sie nicht wusste, ob sie Carina zuerst begrüßen und die Prinzessin daneben ignorieren durfte. Anscheinened war Carina für ihren Schutz zuständig. Joakim löste das Problem indem er alle Insassen des Aufzugs vorstellte
»Hej!« sagte Madeleine und gab jedem routiniert die Hand, bis der Fahrstuhl hielt. Satan, dachte Sofi, als sich die Türen öffneten. Unten waren alle Wände anrüchig-rot gewesen, hier oben unter dem Dach strahlte alles lichtweiß. Unter den Bodenplatten fluoreszierte buntes Licht. Die Insassen des Fahrstuhls verteilten sich im Raum, wo ein Dutzend Menschen in Sesseln saßen.
Während alle zu einer kleinen Bar strebten, bewegte sich Sofi mit aufrechter Einsamkeit nach rechts auf die Glaswand zu. Durch eine Öffnung konnte man hinaus auf einen Balkon treten. Sofi beugte sich über die Brüstung und betrachtete die Menschen unter ihr auf dem Stureplan. Deren Zahl hatte noch
zugenommen, aber niemand dort unten kam auf die Idee, zu ihr heraufzublicken.
Hinter ihr trat jemand auf den Balkon. Es war Carina.
»Bist du bei der Säpo gelandet?«, fragte Sofi.
»Ja, Personenschutz, jetzt schon im dritten Jahr. Du bist Reichsmord, Glückwunsch! Das ist wunderbar!«
Sofi richtete sich auf. Sie war in ihrem Leben entweder allein oder von ihren Kollegen umgeben. So gab es keine Gelegenheiten, mit ihren Erfolgen zu glänzen.
Als der Kellner mit einem Tablett vorbeikam, nahm Sofi zu ihrer eigenen Überraschung Champagner.
»Wir können ja mal was zusammen machen«, schlug Carina nach dem Anstoßen vor.
»Klar!«, erwiderte Sofi. In ihrer Hosentasche spürte sie auf einmal den Brief. Ihr schien, als hätte sich ihr Leben völlig verkehrt, seit sie ihn im Flur entdeckt hatte. Von innen nach außen.
Sie blickten beide über die Brüstung.
»Das ist doch ein Abend mit vier Assen, oder?«, entfuhr es Sofi. Sie lebte auf einer viel zu festen Bahn, fand sie jetzt. Alles Unberechenbare in ihrem Leben steckte unter der Motorhaube ihres alten Fiats.
Der Wind hier oben stach auf der Haut. Dennoch kam auch Ernst nach einer Weile hinaus. Joakim war bei ihm und legte seine Hand auf Ernsts Schulter. »Wunderbarer Auftritt unten auf der Treppe. Solche Dramen brauchen wir hier.« Er wandte sich ausgerechnet an Sofi. »Wie findest du den Namen Banana ? Ich habe ihn aus einem ehemaligen Bordell in Hammarby übernommen. Mitsamt den Leuchtern und den Sofas.«
»Vorausschauend«, fand Ernst ungefragt. »Wenn man Liebe wieder kaufen darf, musst du nicht groß umbauen.«
Joakim lachte und stellte die Frage noch einmal an Sofi.
Sie sah keinen Grund, sich bei ihm einzuschmeicheln. »Blöd«, sagte sie daher wahrheitsgemäß.
MITTWOCH 26. DEZEMBER
15
Für die Eltern von Elin Gustafsson begann der Morgen mit einer Überraschung. Beim Frühstück, das man eigentlich gar nicht Frühstück nennen konnte, berichteten die Radionachrichten vom Tod ihrer
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