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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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er Mühe, herabzusteigen aus jener schönen Region des Universums, in welche ihn seine Gemmen entrückt. »Das Treffen, natürlich . . .«
    Und alsbald begannen die beiden geschäftig über Dinge zu reden, die ich zum Teil schon wußte und zum Teil nun aus ihrem Gespräch erfuhr. Es ging, wie ich bereits zu Beginn dieser meiner getreuen Chronik berichtet habe, um jenen zwiefachen Streit, in welchem zum einen der Kaiser und der Papst einander gegenüberstanden und zum anderen der Papst und die Franziskaner, die sich in ihrem Kapitel zu Perugia, wenn auch mit einigen Jahren Verspätung, die Thesen der Spiritualen über die Armut Christi zu eigen 91
    Der Name der Rose – Zweiter Tag
    gemacht hatten; darüber hinaus ging es um die Verwicklung, die sich durch das Bündnis der Franziskaner mit dem Reich gebildet hatte, eine Verwicklung, die neuerdings aus einem Dreieck von Gegensätzen und Allianzen zu einem Quadrat angewachsen war durch den (mir noch heute keineswegs völlig klaren) Eingriff der Äbte des heiligen Benediktinerordens.
    Ich habe nie ganz verstanden, warum die benediktinischen Äbte den Spiritualen Franziskanern Schutz und Zuflucht gewährt hatten, noch ehe ihr Orden als ganzer deren Meinungen in gewissem Maße zu teilen begann. Denn während die Spiritualen den Verzicht auf alle irdischen Güter predigten, gingen die Äbte meines Ordens – ich hatte selber soeben die schönste Bestätigung dafür erlebt – einen zwar nicht minder tugendhaften, aber völlig entgegengesetzten Weg. Mir scheint indessen, daß die Äbte der Ansicht waren, eine zu große Macht des Papstes werde eine zu große Macht der städtischen Bischöfe nach sich ziehen –
    hatte mein Orden doch seine Macht jahrhundertelang gerade im Kampf mit dem säkularen Klerus und den städtischen Kaufleuten zu behaupten vermocht, indem er sich selbst zum direkten Mittler zwischen Himmel und Erde und zum Berater der Souveräne machte.
    Oftmals hatte ich jenen Lehrsatz gehört, dem zufolge sich das Volk Gottes auf Erden teilt in Hirten (die Kleriker), Hunde (die Krieger) und Herde (das einfache Volk). Später lernte ich freilich, daß dieser Satz sich auf mancherlei Weise neu formulieren läßt. Die Benediktiner sprachen häufig nicht von drei Ordnungen, sondern von zwei großen Abteilungen, deren eine die Verwaltung der irdischen Dinge betraf und deren andere die der himmlischen Dinge. Für die Verwaltung der irdischen Dinge galt dabei weiter die Trennung zwischen Klerus, weltlicher Herrschaft und Volk, doch über dieser Dreiteilung erhob sich der Ordo Monachorum als unmittelbare Verbindung zwischen dem Gottesvolk und dem Himmel, und die Mönche hatten nichts mit jenen säkularen Hirten zu tun, die als Priester und Bischöfe in den Städten saßen, ignorant und korrupt und mittlerweile gänzlich den Interessen ihrer Städte zugetan, in denen die Herde nicht mehr überwiegend aus frommen und gläubigen Bauern bestand, sondern aus Händlern und Handwerksleuten. So war es dem benediktinischen Orden ganz recht, wenn die geistliche Herrschaft über die Laien allmählich dem säkularen Klerus anvertraut wurde, solange es nur den Mönchen weiterhin zukam, die verbindliche Regel dieses Verhältnisses festzusetzen in ebenso unmittelbarem Kontakt zum Reich als dem Ausfluß aller irdischen Macht, wie sie ihn zum Ausfluß aller himmlischen Macht seit jeher gewohnt waren. Und darum eben, so glaube ich, waren viele Benediktineräbte bereit, zur Wahrung oder Wiederherstellung der Würde des Reiches gegen die Stadtregierungen (Bischöfe und Bürger in trautem Verein) den spiritualen Franziskanern Schutz zu gewähren, also Brüdern, deren Ideen sie zwar nicht teilten, aber deren Präsenz ihnen gut zupaß kam, erlaubte sie doch den Vertretern des Reiches treffliche Syllogismen gegen den päpstlichen Machtmißbrauch.
    Dies waren denn wohl auch die Gründe, so folgerte ich, aus denen Abbo sich nun bereit fand zu einer taktischen Zusammenarbeit mit William als einem Abgesandten des Kaisers, der zwischen dem franziskanischen Orden und dem pontifikalen Hof vermitteln sollte. Bei aller Heftigkeit des Disputes, der die Einheit der Kirche so sehr gefährdete, hatte sich nämlich Michael von Cesena, mehrfach von Papst Johannes nach Avignon gebeten, schließlich bereit erklärt, der Einladung Folge zu leisten, da er nicht wollte, daß sein Orden sich endgültig mit dem Papst überwarf. Als Generalminister der Franziskaner war er darauf aus, die Armutsthesen des Kapitels zu

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