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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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erwarte er, dass sie von sich aus etwas unternehmen würden. Dann ließ er sie wieder auf seinen Schoß sinken, eine Hand in die andere gelegt, und schaute weiter ins Feuer. Ausdrucks- und reglos saß er da, bis nur noch graue Asche und matt glühende Kohlen übrig waren.
    Als er sich auszog, um zu Bett zu gehen, flackerte das Feuer noch einmal auf. Das rote Licht ließ auf seinem Körper, seinem Rücken und seinen Armen blasse Linien aufscheinen. Die vielen Narben waren glatt und silbrig und überzogen ihn wie Blitze. Das Feuer machte sie für einen Augenblick sichtbar, die alten wie die neuen. Die Narben waren glatt und silbrig – bis auf eine.
    Das Kaminfeuer flackerte noch ein letztes Mal und erlosch. Der Schlaf umfing ihn wie eine Geliebte.

    Die Reisenden brachen früh am nächsten Morgen auf. Bast kümmerte sich um alles und erklärte, das Knie seines Herrn sei schlimm geschwollen, und ihm sei nicht danach, zu so früher Stunde die Treppe herabzukommen. Das verstand jedermann, von dem rotblonden Händlersohn einmal abgesehen, der aber ohnehin zu benommen war, um allzu viel zu verstehen. Die Wachen tauschten ein Lächeln und verdrehten die Augen, und der Kessler hielt eine Gardinenpredigt zum Thema Maßhalten. Bast empfahl einige unangenehme Katerkuren.
    Nachdem die Gruppe abgereist war, kümmerte sich Bast um das Wirtshaus, was keine große Aufgabe war, denn es gab keine weitere Kundschaft. Die meiste Zeit verbrachte er damit, sich die Zeit zu vertreiben.
    Am frühen Nachmittag kam Kote die Treppe herab und traf ihn dabei an, wie er mit einem schweren, in Leder gebundenen Buch auf dem Tresen Walnüsse knackte. »Guten Morgen, Reshi.«
    »Guten Morgen, Bast«, sagte Kote. »Irgendwelche Neuigkeiten?«       
    »Der junge Orrison war hier. Wollte wissen, ob wir Hammelfleisch brauchen.«
    Kote nickte, als hätte er das schon erwartet. »Wie viel hast du bestellt?«
    Bast verzog das Gesicht. »Ich hasse Hammel. Schmeckt doch wie feuchte Fäustlinge.«
    Kote zuckte die Achseln und ging zur Tür. »Ich muss ein paar Sachen erledigen. Passt du hier ein bisschen auf?«
    »Aber immer doch.«
    Draußen vor dem Wirtshaus stand die Luft drückend über der unbefestigten Straße, die durch den Ortskern führte. Am Himmel hing eine graue Wolkendecke, die aussah, als wäre sie zu träge, um in einen Regen überzugehen. Kote ging über die Straße und betrat die offenstehende Schmiede. Der Schmied hatte kurzes Haar und einen buschigen Vollbart. Während Kote zusah, trieb er behutsam zwei Nägel durch die Hamme eines Sensenblatts und befestigte es damit an einem geschwungenen Holzstiel. »Hallo, Caleb.«
    Der Schmied lehnte die Sense an die Wand. »Was kann ich für dich tun, Meister Kote?«
    »Ist der junge Orrison auch bei dir gewesen?«
    Caleb nickte.
    »Verschwinden bei denen immer noch Schafe?«, fragte Kote.
    »Ein paar von denen, die verschwunden waren, hat man mittlerweile wiedergefunden. Sie waren in Stücke gerissen.«
    »Wölfe?«, fragte Kote.
    Der Schmied zuckte die Achseln. »Es ist eigentlich nicht die Jahreszeit für Wölfe, aber was sollte sonst dahinter stecken? Ein Bär? Ich schätze mal, sie verkaufen jetzt, was sie nicht richtig bewachen können, da sie doch zur Zeit zu wenig Arbeitskräfte haben.«
    »Zu wenig Arbeitskräfte?«
    »Ihren Knecht konnten sie wegen der Steuern nicht mehr halten, und ihr Ältester hat sich im Frühsommer für das Heer des Königs anwerben lassen. Der kämpft jetzt in Menat gegen die Rebellen.«
    »Meneras«, berichtigte Kote behutsam. »Wenn du den Jungen siehst, sag ihm bitte, dass ich ihm drei Hammelhälften abnehmen würde.«
    »Mache ich gerne.« Der Schmied blickte den Wirt vielsagend an. »Gibt es sonst noch etwas?«
    »Nun ja.« Kote wandte den Blick ab, mit einem Mal verlegen. »Ich wüsste gern, ob du hier noch eine Eisenstange herumliegen hast«, sagte er, ohne dem Schmied dabei in die Augen zu sehen. »Es muss überhaupt nichts Besonderes sein. Einfaches Roheisen würde vollauf genügen.«
    Caleb lachte leise. »Ich habe mich schon gefragt, wann du wohl kommst. Der alte Cob und die anderen waren schon vorgestern hier.« Er ging zu einer Werkbank und zog ein Tuch beiseite. »Ich habe noch ein paar mehr gemacht, nur für alle Fälle.«
    Kote nahm eine gut zwei Fuß lange Eisenstange und schwang sie in einer Hand beiläufig hin und her. »Kluger Mann.«
    »Ich verstehe etwas von meinem Geschäft«, sagte der Schmied. »Darf es sonst noch etwas sein?«
    »Ja«,

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