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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Leben.«
    Devis fröhliche Miene schwand. »Jetzt reiß dich mal zusammen«, sagte sie, nun unverhohlen verärgert. »Du führst dich ja auf wie irgendein dahergelaufener Bauer, der glaubt, ich wolle seine Seele kaufen. Es ist doch nur ein klein wenig Blut, damit ich dich im Augebehalten kann. Eine absolute Banalität.« Sie machte mit beiden Händen eine beschwichtigende Geste. »Also gut. Weißt du was? Ich leihe dir die Hälfte des Mindestbetrags.« Sie sah mich erwartungsvoll an. »Zwei Talente. Macht es das für dich einfacher?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Es tut mir Leid, dass ich deine Zeit vergeudet habe, aber das kann ich nicht tun. Gibt es hier in der Gegend noch andere Gaelets?«
    »Selbstverständlich«, sagte sie. »Aber ich bin nicht sonderlich geneigt, mit derartigen Informationen zu dienen.« Sie neigte fragend den Kopf zur Seite. »Heute ist doch Cendling, nicht wahr? Musst du nicht bis morgen Mittag deine Studiengebühren bezahlt haben?«
    »Ich werde das Geld schon irgendwie auftreiben«, erwiderte ich.
    »Oh, das wirst du bestimmt, wo du doch so ein kluges Kerlchen bist.« Devi entließ mich mit einer Handbewegung. »Aber denk an die liebe Devi, wenn dir in zwei Monaten irgendein Scherge die Zähne aus deinem hübschen Köpfchen tritt.«

    Anschließend ging ich durch die Straßen von Imre und versuchte, Ordnung in meine Gedanken zu bringen und eine Lösung für mein Problem zu finden.
    Die Chancen standen nicht schlecht, dass ich einen Kredit über zwei Talente würde abbezahlen können. Ich hoffte im Handwerkszentrum schnell aufzusteigen. Sobald es mir erlaubt war, dort eigene Projekte zu verfolgen, konnte ich damit richtig Geld verdienen. Dazu musste ich nur lange genug an der Universität bleiben. Es war alles nur eine Frage der Zeit.
    Das war es, was ich eigentlich brauchte: Zeit. Ein weiteres Trimester. Denn wer wusste schon, welche Möglichkeiten sich mir in den nächsten zwei Monaten eröffnen würden?
    Doch gleichzeitig war mir natürlich klar, dass das Ganze keine gute Idee war. Ich würde damit nur in Schwierigkeiten geraten. Also beschloss ich, meinen Stolz hinunterzuschlucken und zu sehen, ob mir Wil, Sim oder Sovoy die acht Jots leihen konnten, die mir nochfehlten. Seufzend fand ich mich damit ab, dass ich nun ein Trimester lang draußen schlafen würde und mir mein Essen irgendwo abstauben musste. Schlimmer als während meiner Zeit in Tarbean konnte es sowieso nicht kommen.
    Ich wollte mich gerade auf den Rückweg zur Universität machen, als ich am Schaufenster einer Pfandleihe vorüberkam. Und da verspürte ich wieder das alte Kribbeln in den Fingern …
    »Was kostet die siebensaitige Laute da?«, fragte ich.
    »Vier Talente«, antwortete der Inhaber mit einem freundlichen Lächeln. Ich vermutete, dass er noch neu in der Branche war – oder betrunken. Pfandleiher sind niemals fröhlich, nicht einmal in so reichen Städten wie Imre.
    »Oh«, sagte ich und versuchte erst gar nicht, meine Enttäuschung zu verhehlen. »Dürfte ich sie mir mal ansehen?«
    Er gab sie mir. Sie machte nicht viel her. Das Holz war unregelmäßig gemasert, und der Lack an einigen Stellen verkratzt. Die Bünde waren aus Darm und mussten dringend gewechselt werden, aber das war mir egal, denn ich spielte meist ohne Bünde. Der Resonanzkörper war aus Rosenholz gefertigt und versprach also kein allzu differenziertes Klangbild. Andererseits verschaffte man sich mit einem Rosenholzkorpus in einem gut besuchten Schankraum leichter Gehör. Ich klopfte mit einem Finger an das Holz, und es klang zwar nicht schön, aber ganz ordentlich. Um einen Vorwand zu haben, die Laute noch etwas länger in der Hand halten zu können, begann ich sie zu stimmen.
    »Ich könnte bis auf drei fünf runtergehen«, sagte der Mann hinter dem Ladentresen.
    Ich spitzte die Ohren, denn er klang ein wenig verzweifelt. Mir wurde klar, dass eine nicht eben schöne und nicht mehr neuwertige Laute in einer Stadt, in der vor allem Adlige und wohlhabende Musiker lebten, wahrscheinlich nicht leicht an den Mann zu bringen war. Ich schüttelte den Kopf. »Die Saiten sind alt«, sagte ich. In Wirklichkeit waren sie bestens in Ordnung, aber ich hoffte, dass er das nicht beurteilen konnte.
    »Das stimmt«, sagte er und versicherte mich so seiner Unwissenheit. »Aber neue Saiten kosten nicht die Welt.«
    »Mag sein«, erwiderte ich. Dann verstimmte ich die einzelnen Saiten jeweils um Haaresbreite. Ich schlug einen Akkord an und lauschte dem leicht

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