Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
schüttelte ihr schnell die Hand. Sie war weich, zart und kräftig. Ich küsste sie nicht, denn Sovoy war mein Freund, und unter Freunden macht man so etwas nicht.

Kapitel 59
    Wissen

    U nd nach und nach – und mit tatkräftiger Unterstützung durch Deoch und Wilem – trank ich mir einen an.
    Seht die drei Studenten dort auf ihrem nächtlichen Heimweg zur Universität, seht, wie sie nur ganz leicht wanken. Es ist still, und als der Glockenturm die späte Stunde schlägt, verstärkt das die Stille eher, als dass es sie durchbricht. Die Stille wird auch von den Grillen geachtet. Sie ziehen mit ihrem Zirpen nur ganz feine Nähte durchs Gewebe dieser Stille.
    Die Nacht umfängt die drei wie warmer Samt. Die Sterne, funkelnde Diamanten am wolkenlosen Firmament, färben die Straße unter ihren Füßen silbergrau. Die Universität und Imre, das sind die Zentren des Wissens und der Kunst der mächtigsten Region der Welt. Doch hier an der Straße zwischen den beiden Orten sieht man nichts davon. Hier ragen nur alte Bäume empor, und lange Grashalme wiegen sich im Wind. Die Nacht ist auf eine wilde Art vollkommen, beinahe beängstigend schön.
    Die drei jungen Männer, einer dunkelhaarig, einer blond, einer mit rotem Haar, bemerken die Nacht gar nicht. Vielleicht bemerkt etwas in ihnen die Nacht, aber sie sind jung und betrunken und erfüllt von dem Wissen, dass sie nie altern und nie sterben werden. Sie wissen auch, dass sie Freunde sind, und es verbindet sie eine Zuneigung, die ihnen nie abhanden kommen wird. Die jungen Männer wissen noch vieles mehr, aber nichts davon erscheint ihnen so wichtig wie das. Und möglicherweise haben sie damit Recht.

Kapitel 60
    Fortüne

    A m nächsten Tag ging ich mit meinem allerersten Kater zur Auslosung der Prüfungstermine. Müde und von Übelkeit geplagt, stellte ich mich an der kürzesten Schlange an und versuchte, den Lärm der vielen Studenten zu ignorieren, die hier umherliefen, Termine kauften, verkauften oder tauschten und allgemein mit ihrem Losglück haderten.
    »Kvothe, Sohn des Arliden«, sagte ich, als ich schließlich dran war. Die gelangweilt wirkende Frau strich meinen Namen auf einer Liste ab, und ich zog aus einem schwarzen Samtbeutel ein Plättchen. Darauf stand: »Hepten, 12 Uhr mittags.« Fünf Tage noch, das war viel Zeit sich vorzubereiten.
    Doch als ich mich auf den Rückweg nach dem Mews machte, kam mir ein Gedanke. Wie viel Vorbereitung brauchte ich eigentlich denn? Und vor allem: Wie viel konnte ich ohne Zugang zur Bibliothek überhaupt leisten?
    Ich dachte kurz darüber nach und hob dann eine Hand, Mittelfinger und Daumen ausgestreckt, um zu signalisieren, dass ich einen Termin in fünf Tagen hatte, den ich verkaufen wollte.
    Es dauerte nicht lange, dann trat eine Studentin, die ich nicht kannte, zu mir. »Vierter Tag«, sagte sie und zeigte mir ihr Plättchen. »Wenn wir tauschen, gebe ich dir einen Jot.« Ich schüttelte den Kopf, und sie zog mit einem Achselzucken weiter.
    Als Nächster kam Galven, ein Re’lar aus der Mediho. Er hob den Zeigefinger, was bedeutete, dass er einen Prüfungstermin an diesem Nachmittag hatte. Angesichts seiner Augenringe und seines sorgenvollen Gesichtsausdrucks war er vermutlich nicht sehr erpichtdarauf, sich so bald prüfen zu lassen. »Wärst du mit fünf Jots einverstanden?«
    »Ich hätte gern ein Talent.« Er nickte und drehte sein Plättchen in der Hand. Es war ein fairer Preis. Niemand wollte gleich am ersten Tag zu den Prüfungen antreten. »Vielleicht später. Ich schau mich erst mal noch ein wenig um.«
    Als ich ihm nachsah, staunte ich darüber, was ein einziger Tag alles ausmachen konnte. Am Vortag wären mir fünf Jots noch wie ein Vermögen vorgekommen. Heute aber war mein Geldbeutel prall gefüllt …
    Ich grübelte eben darüber nach, wie viel Geld ich am Vorabend eigentlich eingenommen hatte, als ich Wilem und Simmon kommen sah. Wil war unter seinem dunklen kealdischen Teint ein bisschen blass. Offenbar machten auch ihm die Nachwirkungen unseres nächtlichen Gelages zu schaffen.
    Sim hingegen war putzmunter wie eh und je. »Rate mal, wer Termine heute Nachmittag gezogen hat«, sagte er und deutete mit einer Kopfbewegung hinter sich. »Ambrose und einige seiner Freunde. Manchmal geht es auf dieser Welt also doch gerecht zu.«
    Ich sah mich um und hörte Ambrose, bevor ich ihn sah. »… aus dem selben Beutel. Das bedeutet doch, dass sie überhaupt nicht richtig gemischt haben. Eigentlich müssten sie den

Weitere Kostenlose Bücher