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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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ein paar scharfe Worte, die mir schon auf der Zunge lagen, wieder hinunterzuschlucken. Meine Laute. Er sprach von meiner Laute. Ich ging schnell hinein, damit Deoch meinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte.
    Ich schaute mich auf allen drei Ebenen des Eolian um, aber Denna war nicht da. Dafür traf ich Graf Threpe, der mich begeistert an seinen Tisch einlud.
    »Könnte ich dich vielleicht dazu überreden, dass du mich einmal in meinem Haus besuchst?«, fragte er schüchtern. »Ich dachte daran, eine kleine Abendgesellschaft zu geben, und es gibt da einige Leute, die dich unbedingt kennenlernen wollen.« Er zwinkerte mir zu. »Dein Auftritt hat sich bereits herumgesprochen.«
    Bei dem Gedanken verspürte ich eine gewisse Beklemmung, aber andererseits war mir klar, dass der Umgang mit dem Adel ein notwendiges Übel war. »Es wäre mir eine Ehre, Mylord.«
    Threpe verzog das Gesicht. »Muss es denn unbedingt ›Mylord‹ sein?«
    Diplomatie gehört bei einer fahrenden Theatertruppe immer dazu, und Diplomatie fußt darauf, dass man Titel und Rangfolgen beachtet. »Die Etikette, Mylord«, sagte ich mit einem Ausdruck des Bedauerns.
    »Scheiß auf die Etikette«, entgegnete Threpe. »Das ist doch weiter nichts als ein Regelwerk, das es den Leuten ermöglicht, in aller Öffentlichkeit grob zueinander zu sein. Ich bin zuallererst als Dennais geboren – und dann erst als ein Threpe – und ganz zum Schluss erst als Graf.« Er sah mich flehentlich an. »Denn, der Kürze halber.«
    Ich zögerte.
    »Wenigstens hier«, bat er inständig. »Ich komme mir vor wie Unkraut in einem Blumenbeet, wenn man hier Mylord zu mir sagt.«
    »Wenn es dich glücklich macht, Denn.«
    Er errötete, als hätte ich ihm geschmeichelt. »Erzähl mir ein bisschen von dir«, sagte er. »Wo wohnst du?«
    »Auf der anderen Seite des Flusses«, sagte ich ausweichend. Die Schlafsäle im Mews waren nicht gerade nobel. Als Threpe mich verwirrt ansah, erläuterte ich: »Ich studiere an der Universität.«
    »An der Universität?«, fragte er verwundert. »Kann man da denn neuerdings Musik studieren?«
    Bei dem Gedanken hätte ich fast gelacht. »Nein, nein. Ich bin Mitglied des Arkanums.«
    Diese Worte bereute ich sofort. Er lehnte sich auf seinem Stuhlzurück und blickte mich mit einem gewissen Unbehagen an. »Du bist ein Hexer?«
    »Aber nein«, sagte ich. »Ich studiere dort nur. Grammatik, Mathematik …« Ich nannte zwei unverdächtige Fächer, die mir gerade in den Sinn kamen, und das schien ihn wieder ein wenig zu beruhigen.
    »Und ich dachte schon, du wärst einfach …« Er verstummte und schüttelte sich. »Aber warum studierst du da?«
    Diese Frage traf mich unvorbereitet. »Ich … ich wollte dort schon immer studieren. Es gibt so viel zu lernen.«
    »Aber das brauchst du doch alles gar nicht. Ich meine –« Er suchte nach Worten. »So wie du spielst. Dein Schirmherr ermuntert dich doch sicherlich, dich mehr auf die Musik zu konzentrieren …«
    »Ich habe keinen Schirmherrn, Denn«, sagte ich mit einem schüchternen Lächeln. »Nicht dass ich prinzipiell etwas dagegen hätte.«
    Er reagierte anders als erwartet. »So ein verdammtes Pech aber auch«, sagte er und schlug mit der Hand auf den Tisch. »Und ich hatte angenommen, jemand hielte dich und dein Talent geheim.« Jetzt schlug er mit der Faust auf den Tisch. »Mist, Mist, Mist.«
    Er gewann wieder ein wenig die Fassung und sah mich an. »Entschuldige. Es ist nur …« Er machte eine verzweifelte Geste und seufzte. »Kennst du das Sprichwort: ›Eine Ehefrau, und du bist glücklich. Zwei Ehefrauen, und du bist geschlaucht. –«
    Ich nickte. »– Drei Ehefrauen, und sie hassen einander. –«
    »– Vier Ehefrauen, und sie hassen dich«, schloss Threpe. »Das trifft erst recht auf Schirmherren und ihre Schützlinge zu. Ich habe gerade einen dritten Musiker unter meine Fittiche genommen, einen aufstrebenden Flötisten.« Er seufzte und schüttelte den Kopf. »Sie zanken ununterbrochen, weil sie fürchten, von mir nicht genügend beachtet zu werden. Wenn ich gewusst hätte, dass ich dich kennenlerne, hätte ich noch gewartet.«
    »Du schmeichelst mir, Denn.«
    »Ich könnte mich wirklich grün und blau ärgern.« Er seufzte und blickte schuldbewusst. »Aber es ist nicht fair, dass ich so rede. Sephran ist ein sehr fähiger Mann. Alle drei sind gute Musiker, aber auch höllisch besitzergreifend – wie richtige Ehefrauen.« Er sah mich entschuldigend an. »Wenn ich versuchen

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