Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
frisch in Erinnerung waren. Bevor Neugierige oder Abergläubische zerstörten, was an Beweisen noch vorhanden war. Ich wusste nicht, was ich dort zu finden hoffte, aber alles, was ich über die Chandrian erfuhr, würde mein Wissen über sie mehren. So schnell wie möglich musste ich nach Trebon. Heute noch.
    Die Morgengäste hielten die Wirtin auf Trab, und so legte ich einen Eisendeut auf den Tresen, damit sie mich überhaupt beachtete. Nachdem ich in der Nacht zuvor für das Zimmer und an diesem Morgen für das Frühstück und das Bad bezahlt hatte, stellte dieser Deut einen Großteil meiner Barschaft dar, und daher behielt ich einen Finger darauf.
    »Was darf’s denn sein?«, fragte sie.
    »Wie weit ist es nach Trebon?«, fragte ich.
    »Den Fluss hinauf? Ein paar Tage.«
    »Ich habe nicht gefragt, wie lange man dorthin braucht. Ich muss wissen, wie weit es ist«, sagte ich.
    »Das ist kein Grund, frech zu werden«, erwiderte sie und wischte sich an ihrer schmuddeligen Schürze die Hände ab. »Den Fluss hinauf sind es etwa vierzig Meilen. Das könnte auch länger als zwei Tage dauern, je nachdem, ob du auf einem Lastkahn oder auf einem Segelboot fährst, und wie das Wetter ist.«
    »Und wie weit ist es auf dem Landweg?«, fragte ich.
    »Keine Ahnung«, murmelte sie und rief dann den Tresen hinab: »Rudd, wie weit ist es auf dem Landweg nach Trebon?«
    »Drei oder vier Tage«, sagte ein Mann mit wettergegerbtem Gesicht, ohne von seinem Becher aufzublicken.
    »Ich fragte, wie weit ?«, schnauzte sie. »Ist es weiter als auf dem Fluss?«
    »Klar ist das weiter. Fünfundzwanzig Leagues. Und eine schlechte Straße. Bergauf.«
    Um Himmels willen, wer gab Entfernungen denn heutzutagenoch in Leagues an? Je nachdem, wo der Mann aufgewachsen war, entsprach eine League zwei bis dreieinhalb Meilen. Mein Vater hatte immer gesagt, League sei gar kein Längenmaß, sondern etwas, das den Bauern die Möglichkeit gab, ihre groben Schätzungen mit irgendeiner Zahl zu versehen.
    Dennoch erfuhr ich so, dass Trebon fünfzig bis achtzig Meilen entfernt im Norden lag. Es war wahrscheinlich besser, vom ungünstigeren Fall auszugehen, also mindestens siebzig Meilen.
    Die Wirtin wandte sich wieder an mich. »Da hast du’s. Kann ich sonst noch was für dich tun?«
    »Ich brauche einen Wasserschlauch, falls Ihr so etwas habt, oder wenn nicht, eine Wasserflasche. Und etwas Proviant für einen langen Ritt. Dauerwurst, Käse, Fladenbrot …«
    »Äpfel«, schlug sie vor. »Ich habe heute Morgen schöne Red Jennies reingekriegt. Ideal für die Reise.«
    Ich nickte. »Und was Ihr sonst noch so habt, das billig und transportabel ist.«
    »Mit einem Deut kommst du da aber nicht weit«, sagte sie mit einem Blick auf den Tresen. Ich schüttete meinen Geldbeutel aus, und zu meinem Erstaunen kamen noch vier Deute und ein Kupferhalbpenny zum Vorschein, von dem ich gar nicht wusste, dass ich ihn besaß. Ich war praktisch ein reicher Mann.
    Sie nahm das Geld und ging in die Küche. Ich rang das Unbehagen nieder, wieder mittellos zu sein, und ging schnell im Geiste durch, was ich alles in meinem Reisesack bei mir hatte.
    Als sie wiederkam, brachte sie mir zwei Fladenbrote, eine dicke Dauerwurst, die nach Knoblauch duftete, ein in Wachspapier eingeschlagenes kleines Stück Käse, eine Flasche Wasser, ein halbes Dutzend prachtvoll anzusehender roter Äpfel und einen Beutel Möhren und Kartoffeln. Ich dankte ihr herzlich und stopfte alles in meinen Reisesack.
    Siebzig Meilen. Das konnte ich heute noch schaffen, wenn ich ein gutes Pferd hatte. Aber gute Pferde kosten Geld …

    Es stank wieder nach ranzigem Fett, als ich an Devis Tür klopfte. Ich stand dort eine Minute lang und widerstand dem Drang, ungeduldig auf und ab zu gehen. Ich hatte keine Ahnung, ob Devi so früh schon auf den Beinen war, aber das war ein Risiko, das ich eingehen musste.
    Schließlich öffnete sie die Tür und lächelte, als sie mich sah. »Na, das ist aber eine angenehme Überraschung.« Sie hielt mir die Tür auf. »Komm herein. Nimm Platz.«
    Ich schenkte ihr mein schönstes Lächeln. »Devi, ich wollte nur –«
    Sie runzelte die Stirn. »Komm rein«, sagte sie. »Ich führe an der Tür keine geschäftlichen Gespräche.«
    Ich trat ein, und sie schloss hinter mir die Tür. »Setz dich. Es sei denn, du möchtest es dir lieber im Liegen bequem machen.« Sie wies mit einer neckischen Kopfbewegung auf das große Himmelbett in einer Ecke des Raums. »Du wirst nicht glauben, was ich

Weitere Kostenlose Bücher