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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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ließ den Blick kurz über das halbe Dutzend Klepper schweifen, die in dem Pferch beieinander standen. Ich hatte zwar weder die Mittel noch einen Grund, mir ein Pferd zu halten, vermochte aber Gut von Schlecht zu unterscheiden, und keines der Pferde, die ich hier sah, entsprach auch nur im Mindesten meinen Bedürfnissen.
    Bei einer fahrenden Theatertruppe steht und fällt alles mit den Pferden, die die Wagen ziehen, und meine Eltern hatten meine Ausbildung in dieser Hinsicht nicht vernachlässigt. Schon mit acht Jahren konnte ich Pferde richtig einschätzen. Die Leute versuchten oft, uns halbtote oder nur noch ein letztes Mal aufgemöbelte Tiere anzudrehen, weil sie wussten, dass wir, wenn wir unseren Irrtum bemerkten, wohl schon einige Tagesreisen entfernt sein würden. Wer seinem Nachbarn ein krankes Pferd andreht, dem steht Ärger ins Haus, aber was war schon dabei, diese schmutzigen und verrufenen Ruh übers Ohr zu hauen?
    Ich wandte mich wieder dem Kealden zu und runzelte die Stirn. »Ihr habt soeben zwei Minuten meiner kostbaren Zeit vergeudet, also nehme ich an, dass Ihr immer noch nicht verstanden habt, worum es mir geht. Deshalb sage ich es Euch noch einmal ganz unmissverständlich: Ich will ein schnelles Pferd, das heute noch einen harten Ritt verkraftet. Dafür werde ich sofort bezahlen, in harter Münze und ohne mich zu beklagen.« Ich hob meinen frisch gefüllten Geldbeutel und schüttelte ihn, da ich wusste, dass er schon am Klang erkennen würde, dass sich darin gutes kealdisches Silber befand.
    »Wenn Ihr mir ein Pferd verkauft, das ein Hufeisen verliert oder zu humpeln anfängt oder sich vor Schatten fürchtet, werde ich eine einmalige Gelegenheit verpassen. Eine Gelegenheit, die nicht wiederkommt. Wenn das passieren sollte, werde ich nicht wiederkommen und mein Geld zurückverlangen. Ich werde auch nicht zur Polizei gehen. Nein, ich komme dann noch heute Nacht nach Imre zurück undwerde Euer Haus anzünden. Und wenn Ihr dann im Nachthemd herausgelaufen kommt, werde ich Euch töten, Euch anschließend braten und verspeisen. An Ort und Stelle, in Eurem Vorgarten, unter den Augen der gesamten Nachbarschaft.«
    Ich sah ihn mit todernster Miene an. »Das ist die geschäftliche Vereinbarung, die ich Euch vorschlage, Kaerva. Wenn Euch daran etwas nicht gefällt, sagt Bescheid, dann gehe ich woanders hin. Doch wenn wir uns einig sind, dann lasst es bleiben, mir diese Viecher vorzuführen, und zeigt mir ein richtiges Pferd.«
    Der kleine Kealde sah mich an, mehr verblüfft als entsetzt. Ich sah, dass er sich Mühe gab, die Situation einzuschätzen. Er musste mich entweder für einen Wahnsinnigen oder für den Sohn eines wichtigen Adligen halten. Oder für beides.
    »Sehr wohl«, sagte er, und der ganze schmeichlerische Charme fiel von ihm ab. »Wenn Ihr von einem harten Ritt sprecht, was meint Ihr damit?«
    »Einen sehr harten Ritt«, sagte ich. »Ich muss heute noch siebzig Meilen zurücklegen. Auf unbefestigten Straßen.«
    »Braucht Ihr auch Sattel- und Zaumzeug?«
    Ich nickte. »Nichts Ausgefallenes. Und nichts Neues.«
    Er atmete tief durch. »Gut. Und wie viel könnt Ihr ausgeben?«
    Ich schüttelte den Kopf und lächelte mit zusammengepressten Lippen. »Zeigt mir das Pferd und nennt mir Euren Preis. Ein Vaulder wäre nett. Wenn er ein wenig wild ist, stört mich das nicht, solange das bedeutet, dass er überschüssige Energien hat. Vielleicht genügt auch eine gute Vaulder-Kreuzung, oder ein Khershaner.«
    Kaerva nickte und führte mich wieder zurück zum Eingang des Stalls. »Ich habe einen Khershaner. Es ist sogar ein Vollblut.« Er gab einem Stallburschen einen Wink. »Los, hol unseren schwarzen Gentleman, aber schnell.« Der Bursche lief los.
    Der Pferdehändler wandte sich wieder an mich. »Ein wunderschönes Tier. Ich bin mit ihm ausgeritten, bevor ich ihn gekauft habe. Ich bin eine ganze Meile galoppiert, und er ist kaum ins Schwitzen geraten. Das können Euer Lordschaft mir glauben.«
    Ich nickte. Ein reinrassiger Khershaner war genau das, was ich brauchte. Die Ausdauer dieser Rasse war legendär, der Preis aberauch recht hoch. Ein geschulter Khershanerhengst war gut und gerne zwölf Talente wert. »Wie viel verlangt ihr für ihn?«
    »Ich will zwei Goldmark«, sagte Kaerva ohne Umschweife.
    Gütiger Tehlu, zwanzig Talente. Da musste er schon Hufeisen aus massivem Silber haben, um so viel wert zu sein. »Ich bin nicht in der Stimmung, lange zu feilschen, Kaerva«, sagte ich kurz

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