Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
mit einem Blick wie eine Eisschicht am Grunde eines Brunnens. Blutgeruch und der Gestank von verbranntem Haar. Die Chandrian.« Er nickte. »Ja. Damit fing wohl alles an. Dies ist in vieler Hinsicht eine Geschichte über die Chandrian.«
    Kvothe schüttelte den Kopf, wie um sich aus düsteren Gedanken zu befreien. »Aber ich muß wohl sogar noch weiter zurückgehen. Und wenn das hier so etwas wie das Buch meiner Taten werden soll, kann ich mir die Zeit dazu nehmen. Das wird es wert sein, wenn ich damit ein zwar nicht schmeichelhaftes, aber doch in groben Zügen zutreffendes Bild von mir hinterlasse.
    Aber was würde mein Vater sagen, wenn er hören würde, dass ich so eine Geschichte beginne? ›Fang mit dem Anfang an‹, würde er sagen. Also gut. Wenn hier schon erzählt wird, dann auch richtig.«
    Kvothe beugte sich auf seinem Stuhl vor.
    »Im Anfang wurde die Welt, soweit ich weiß, von Aleph aus dem namenlosen Nichts emporgeschleudert, und Aleph gab allen Dingen einen Namen. Nach anderer Lesart jedoch erkannte er die Namen, die alle Dinge bereits besaßen.«
    Das entlockte dem Chronisten ein kurzes Lachen. Er sah jedoch nicht von seinem Blatt auf und hielt auch nicht mit dem Schreiben inne.
    Kvothe fuhr, nun selber lächelnd, fort: »Ja, Ihr lacht. Nun gut, laßt uns der Einfachheit halber davon ausgehen, dass ich im Mittelpunkt der Schöpfung stehe. Somit können wir zahllose langweilige Geschichten überspringen: den Aufstieg und Fall ganzer Reiche, Sagen voller Heldentum, Balladen über tragische Liebe. Laßt uns lieber rasch zu der einzigen Geschichte kommen, die wirklich von Belang ist.« Sein Lächeln wurde breiter. »Meiner.«

    Mein Name ist Kvothe. Namen sind wichtig, denn sie verraten einem viel über einen Menschen. Ich habe schon mehr Namen getragen als irgendjemand rechtmäßig tragen dürfte.
    Die Adem nennen mich Maedre. Das bedeutet, je nachdem, wie man es ausspricht, ›die Flamme‹, ›der Donner‹ oder ›der zerborstene Baum‹.
    ›Die Flamme‹ ist leicht nachzuvollziehen, wenn man mich je gesehen hat. Ich habe leuchtend rotes Haar. Wäre ich ein paar Jahrhunderte früher geboren, hätte man mich wahrscheinlich als Dämon verbrannt. Ich trage mein Haar kurz, aber es ist widerspenstig. Sich selbst überlassen, steht es zu Berge, und dann sehe ich aus, als stünde ich in Flammen.
    Den ›Donner‹ führe ich auf meinen kräftigen Bariton zurück und auf viel Bühnenerfahrung in jungen Jahren schon.
    Den ›zerborstenen Baum‹ fand ich nie sonderlich treffend. Im Nachhinein könnte man darin jedoch ein Vorzeichen sehen.
    Mein erster Lehrer nannte mich E’lir, weil ich klug war und das auch wußte. Meine erste große Liebe nannte mich Dulator, weil ihrder Klang gefiel. Man hat mich auch Shadicar genannt, Flinkfinger und der Sechssaitige. Man nannte mich Kvothe den Blutlosen, Kvothe den Arkanen und Kvothe den Königsmörder. Ich habe mir diese Namen verdient. Ich habe sie mir erkauft, und ich habe dafür bezahlt.
    In meiner Kindheit jedoch hieß ich schlicht nur Kvothe. Mein Vater sagte mir einmal, das bedeute ›zu wissen‹.
    Man hat mich natürlich noch mit vielen weiteren Bezeichnungen belegt. Die meisten davon unflätig, nur die wenigsten unverdient.
    Ich habe geraubte Prinzessinnen aus den Händen schlafender Unholde befreit. Ich habe die Stadt Trebon niedergebrannt. Ich habe eine Nacht mit Felurian verbracht, und es hat mich weder das Leben noch den Verstand gekostet. Ich wurde von der Universität verwiesen, in jüngerem Alter als die meisten Leute dort zugelassen werden. Ich wandele im Mondschein auf Pfaden, von denen andere auch bei Tage nicht zu reden wagen. Ich habe mit Göttern gesprochen, habe Frauen geliebt, habe Lieder geschrieben, bei denen selbst die Sänger in Tränen ausbrechen.
    Ihr habt womöglich schon von mir gehört.

Kapitel 8
    Diebe, Ketzer, Huren

    W enn diese Geschichte so etwas wie das Buch meiner Taten werden soll, müssen wir ganz am Anfang beginnen. Beim Kern dessen, was ich bin. Dazu müsst Ihr bedenken, dass ich, bevor ich sonst etwas wurde, ein Edema Ruh war.
    Entgegen der landläufigen Ansicht gehören nicht alle fahrenden Künstler zu den Ruh. Meine Truppe, das war keine armselige Pantomimenschar, die an Straßenkreuzungen für ein paar Pennys Schabernack trieb. Wir sangen nicht für ein Abendessen. Wir traten bei Hofe auf, wir unterstanden der Schirmherrschaft Lord Greyfallows. Unsere Ankunft war in den meisten Ortschaften ein größeres Ereignis als

Weitere Kostenlose Bücher