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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Schlaf zu verzichten. Ich würde dann morgen früh aufbrechen, dann hättet Ihr wieder Ruhe vor mir.«
    »Nun, ich will Euch natürlich keinen Schlaf kosten«, sagte Kote sarkastisch. »Ich kann das alles auch in einem Atemzug erzählen.« Er räusperte sich. »Ich lebte bei einer Theatertruppe, ich reiste, ich liebte, verlor, vertraute und wurde betrogen. Schreibt das nieder und verbrennt es.«
    »So dürft Ihr das bitte nicht verstehen«, beeilte sich der Chronist zu sagen. »Wir können uns die ganze Nacht dafür Zeit nehmen, wenn Ihr mögt. Und morgen früh auch noch ein paar Stündchen.«
    »Wie überaus gnädig«, entgegnete Kote barsch. »Ihr erwartet, dass ich Euch meine Geschichte in einer einzigen Nacht erzähle? Ohne Zeit, mich zu sammeln? Ohne Zeit, mich vorzubereiten?« Sein Mund verzog sich zu einem Strich. »Kommt nicht in Frage. Geht mit Eurem Grafen die Zeit vertändeln. Mit so etwas will ich nichts zu tun haben.«
    Der Chronist sagte schnell: »Wenn Ihr sicher seid, dass Ihr –«
    »Allerdings.« Kote stellte mit energischer Geste eine Flasche auf den Tresen. »Ich brauche ganz gewiss länger dafür. Und heute Abend hört Ihr nichts davon. Eine richtige Geschichte braucht Vorbereitung.«
    Der Chronist runzelte nervös die Stirn und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. »Ich könnte den ganzen morgigen Tag darauf verwenden, Eure Geschichte aufzuzeichnen …« Er verstummte, als er sah, dass Kote den Kopf schüttelte. Nach kurzer Pause setzte erneu an und sagte fast wie im Selbstgespräch: »Wenn ich in Baedn ein Pferd bekomme, kann ich Euch morgen den ganzen Tag Zeit lassen, einen Gutteil der Nacht und auch noch einen Teil des nächsten Tages.« Er rieb sich die Stirn. »Ich hasse Nachtritte, aber –«
    »Ich brauche drei Tage«, sagte Kote. »Da bin ich mir sicher.«
    Der Chronist erbleichte. »Aber … der Graf.«
    Kote machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Kein Mensch braucht drei Tage dafür«, sagte der Chronist mit Entschiedenheit. »Ich habe Oren Velciter befragt. Oren Velciter . Er ist achtzig Jahre alt und hat so viel erlebt, als wäre er zweihundert. Fünfhundert, wenn man die Lügen mitrechnet. Und er ist zu mir gekommen«, sagte der Chronist mit besonderem Nachdruck. »Und er hat nur zwei Tage gebraucht.«
    »Das ist mein Angebot«, erwiderte der Wirt. »Ich mache das entweder richtig oder gar nicht.«
    »Wartet mal!« Mit einem Mal heiterte sich die Miene des Chronisten auf. »Ich habe das Pferd falsch herum aufgezäumt«, sagte er. »Ich werde einfach den Grafen besuchen und dann wiederkommen. Dann könnt Ihr Euch soviel Zeit nehmen, wie Ihr mögt. Ich könnte sogar Skarpi mitbringen.«
    Kote schenkte dem Chronisten einen durch und durch verächtlichen Blick. »Wie kommt Ihr darauf, dass ich noch hier wäre, wenn Ihr wiederkommt?«, fragte er ungläubig. »Und wieso glaubt Ihr, es stünde Euch bei allem, was Ihr wisst, frei, einfach wieder fortzugehen?«
    Der Chronist wurde sehr still. »Wollt –« Er schluckte und setzte neu an. »Wollt Ihr damit sagen, dass –«
    »Ich brauche drei Tage für die Geschichte«, fiel Kote ihm ins Wort. »Und angefangen wird morgen. Das will ich damit sagen.«
    Der Chronist schloss die Augen und rieb sich mit der Hand übers Gesicht. Der Graf würde natürlich außer sich sein vor Wut. Gar nicht abzusehen, was es kosten würde, seine Gnade wiederzuerlangen. Aber … »Wenn das die einzige Möglichkeit ist, nehme ich das Angebot an.«
    »Das hört man gern.« Der Wirt lächelte halbherzig. »Sind drei Tage denn wirklich so ungewöhnlich?«
    Der Chronist setzte wieder seine ernste Miene auf. »Drei Tage sind sehr ungewöhnlich. Aber andererseits –« Etwas von seiner Selbstgefälligkeit schien von ihm abzufallen. »Andererseits –«, er machte eine Geste, wie um zu sagen, dass Worte hier nicht weiterhalfen, »seid Ihr ja schließlich Kvothe.«
    Der Mann, der sich Kote nannte, schaute hinter seinen Flaschen hervor. Ein Lächeln spielte um seine Lippen. Ein Funkeln lag in seinem Blick. Und er wirkte mit einem Mal größer.
    »Ja, das bin ich wohl«, sagte Kvothe, und seine Stimme klang eisern.

Kapitel 7
    Von Anfängen und den Namen der Dinge

    S onnenschein ergoss sich ins Wirtshaus. Es war kühles, frisches Licht, für Anfänge bestens geeignet. Es streifte den Müller, der sein Wasserrad für den Tag in Gang setzte. Es erhellte den Schmiedeofen, den der Schmied nach vier Tagen Arbeit mit kaltem Metall wieder anfeuerte. Es legte sich auf

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