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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Vieh je gesehen hat«, sagte Denna.
    »Aus der Ferne haben es bestimmt einige gesehen«, sagte ich. »Der Schweinehirte sagte ja, alle wüssten, dass in diesen Wäldern etwas Seltsames vor sich geht. Sie haben wahrscheinlich gedacht, es sei ein Dämon oder irgend so ein Blödsinn.«
    Denna sah sich zu mir um, und ein Lächeln spielte um ihre Lippen. »Und das sagt der Junge, der hierher gekommen ist, um nach den Chandrian zu suchen.«
    »Das ist etwas ganz anderes«, widersprach ich energisch. »Ich laufe nicht herum und erzähle irgendwelche Märchengeschichten. Ich bin hier, um die Wahrheit zu erfahren, und will mir das alles miteigenen Augen ansehen und mich nicht auf Hörensagen verlassen müssen.«
    »Ich wollte dich nicht kränken«, sagte Denna beschwichtigend und schaute wieder hinab. »Es ist wirklich ein unglaubliches Tier.«
    »Als ich das Buch über ihn gelesen habe, habe ich nicht geglaubt, dass er tatsächlich Feuer speit«, sagte ich. »Das erschien mir dann doch zu fantastisch.«
    »Fantastischer als eine Echse, so groß wie ein Pferdefuhrwerk?«
    »Das ist ja nur eine Frage der Größe. Aber das mit dem Feuer ist sehr rätselhaft. Wo speichert er es denn? Es brennt ja offensichtlich nicht in seinem Innern.«
    »Wird das in dem Buch nicht erklärt?«, fragte Denna.
    »Der Autor hat dazu nur einige Mutmaßungen angestellt. Er konnte ja schließlich keinen Draccus fangen und sezieren.«
    »Wohl wahr«, sagte Denna und sah zu, wie der Draccus ganz mühelos einen weiteren Baum umriss und aufzufressen begann. »Das müssten schon wirklich tolle Netze oder Käfige sein, die dieses Vieh aufhalten könnten.«
    »Der Autor hat aber ein paar ganz interessante Theorien aufgestellt«, sagte ich. »Weißt du, dass Kuhdung ein brennbares Gas abgibt?«
    Denna sah mich an und lachte. »Nein. Echt?«
    Ich nickte grinsend. »Bauernkinder setzen Kuhfladen gern mit den Funken von Feuersteinen in Brand. Deshalb müssen die Bauern aufpassen, wo sie den Kuhdung lagern. Das Gas könnte sich nämlich sammeln und explodieren.«
    »Ich bin ein Mädchen aus der Stadt«, sagte Denna kichernd. »Solche Spiele haben wir nicht gespielt.«
    »Da ist dir aber eine Menge Spaß entgangen«, erwiderte ich. »Der Autor vermutet nun, dass der Draccus das Gas in einer Art Blase speichert. Die Frage ist nur, wie er das Gas entzündet. Da hatte der Autor eine kluge Idee und kam auf Arsen. Aus chemischer Sicht ist das ganz plausibel. Wenn Arsen und Kohlengas zusammen kommen, gibt es eine Explosion. So entstehen übrigens auch die Irrlichter in den Sümpfen. Aber ich kann das nicht so recht glauben. Wenn er so viel Arsen im Leib hätte, würde er sich ja selbst vergiften.«
    »Hm-hm«, machte Denna, die immer noch den Draccus beobachtete.
    »Aber schließlich braucht es ja nur einen winzigen Funken, um das Gas zu entzünden«, sagte ich. »Und es gibt viele Tiere, die über ausreichend galvanische Kraft verfügen, um einen Funken erzeugen zu können. Schlagaale beispielsweise können damit sogar Menschen töten. Und dabei sind sie nicht viel länger als einen Meter.« Ich zeigte auf den Draccus. »Ein so großes Tier könnte auf jeden Fall genügend galvanische Kraft aufbringen, um damit Funken zu erzeugen.«
    Ich hatte gehofft, Denna mit meinem Kenntnisreichtum beeindrucken zu können, aber sie achtete viel mehr auf das, was sich dort unten gerade abspielte.
    »Du hörst mir gar nicht richtig zu, oder?«
    »Ach, entschuldige«, sagte sie und warf mir ein Lächeln zu. »Also ich finde das vollkommen einleuchtend. Er frisst Holz. Holz brennt. Warum sollte er da nicht auch Feuer speien können?«
    Während ich noch über eine Antwort darauf nachdachte, zeigte sie in das Tal. »Sieh mal die Bäume da. Sehen die nicht merkwürdig aus?«
    »Mal davon abgesehen, dass sie umgestürzt und größtenteils aufgefressen sind? Nein, eigentlich nicht.«
    »Aber sieh doch mal, wie sie angeordnet sind. Das ist schwierig zu erkennen, weil das hier so eine Trümmerlandschaft ist, aber die standen doch ursprünglich mal in Reih und Glied. So als ob sie gepflanzt worden wären.«
    Jetzt, da sie mich darauf aufmerksam machte, sah es tatsächlich so aus, als hätte ein Großteil der Bäume dort unten, bevor der Draccus gekommen war, in Reih und Glied gestanden. Ein Dutzend Reihen mit jeweils etwa zwanzig Bäumen. Und von den meisten waren nur noch verstümmelte Reste oder Erdlöcher übrig.
    »Warum pflanzt jemand mitten im Wald Bäume?«, fragte sie. »Das hier ist

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