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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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könntest du das ruhig. Ein ganz klein wenig aufdringlich sein, meine ich.«
    So saß ich dort in der Dunkelheit und hielt ihren schlafenden Leib in den Armen. Sie war so warm und weich und unbeschreiblich kostbar. Ich hatte noch nie eine Frau in den Armen gehalten. Nach einiger Zeit bekam ich Rückenschmerzen, weil ich unser beider Gewicht abstützen musste. Die Beine schliefen mir ein. Ihr Haar kitzelte meine Nase. Dennoch regte ich mich nicht, aus Furcht, es zu verderben – den schönsten Augenblick meines Lebens.
    Denna regte sich im Schlaf, sank zur Seite weg und wurde mit einem Ruck wieder wach. »Leg dich hin«, sagte sie mit nun wieder klarer Stimme. »Komm. Dir muss doch auch kalt sein. Du bist kein Priester, also wird dich das nicht in Schwierigkeiten bringen. Wir kuscheln uns ein bisschen aneinander. Nur ein bisschen und weil es so kalt ist.«
    Ich legte meine Arme um sie, und sie breitete die Decke über uns beide.
    Wir lagen seitlich hintereinander, wie Löffel in einer Besteckschublade. Mein Arm lag wie ein Kissen unter ihrem Kopf. Sie schmiegte sich an mich, und es geschah mit einer Leichtigkeit und Natürlichkeit, als wäre es schon immer so gewesen.
    Und als ich so da lag, wurde mir klar, dass ich mich getäuscht hatte: Das hier war der schönste Augenblick meines Lebens.
    Auf einmal regte sich Denna im Schlaf. »Ich weiß, dass du das nicht so gemeint hast«, sagte sie mit klarer Stimme.
    »Was habe ich nicht so gemeint?«, fragte ich leise. Ihre Stimme klang nun anders, nicht mehr verträumt und erschöpft. Ich fragte mich, ob sie wohl gerade im Schlaf sprach.
    »Das vorhin. Als du sagtest, du würdest mich K.O. schlagen und mir die Kohle einflößen. Aber du würdest mich nie schlagen.« Sie drehte den Kopf ein wenig. »Das würdest du doch nicht, oder? Nicht einmal, wenn es zu meinem eigenen Besten wäre.«
    Mir lief es kalt über den Rücken. »Wie meinst du das?«
    Sie schwieg lange, und ich dachte schon, sie wäre wieder eingeschlafen. Doch dann sagte sie: »Ich habe dir nicht alles erzählt. Ich weiß, dass Esche nicht auf der Farm umgekommen ist. Als ich zu dem Feuer ging, sah er mich. Er kam zu mir und sagte, sie seien alle tot. Er sagte, die Leute würden misstrauisch werden, wenn ich die einzige Überlebende wäre …«
    In mir stieg kalter Zorn auf. Ich wusste, was jetzt kam, aber ich ließ sie reden. Ich wollte es nicht hören, wusste aber, dass sie es jemandem erzählen musste.
    »Er hat es nicht aus heiterem Himmel getan«, sagte sie. »Er hat sich vorher vergewissert, dass ich es wirklich wollte. Mir war klar, dass es nicht überzeugend wirken würde, wenn ich es selber tat. Er hat mich gefragt, bis ich ihm gesagt habe, dass ich es wollte. Und er tat es erst, als ich ihn bat, mich zu schlagen. Damit er sich da ganz sicher war.
    Und er hatte recht damit«, sagte sie und war nun ganz reglos. »Selbst so glaubten die Leute noch, ich hätte irgendetwas damit zu tun gehabt. Wenn er es nicht getan hätte, wäre ich jetzt vielleicht im Gefängnis, oder sie hätten mich gehenkt.«
    Mein Magen brodelte. »Denna«, sagte ich. »Ein Mann, der zu so etwas in der Lage ist, ist es nicht wert, dass du dich mit ihm abgibst. Und da stellt sich die Frage auch gar nicht, ob er die Taube oder der Spatz ist. So jemand ist durch und durch verkommen. Du hast doch Besseres verdient.«
    »Wer weiß schon, was ich verdient habe«, erwiderte sie. »Und er ist auch nicht mein schönster Spatz. Er ist nur mein einziger.«
    »Dir stehen doch andere Möglichkeiten offen«, sagte ich und hielt plötzlich inne, weil ich an mein Gespräch mit Deoch denken musste. »Du … du hast doch …«
    »Ich habe dich«, sagte sie mit verträumter Stimme, der ich ein warmes, schläfriges Lächeln anhörte, wie bei einem Kind kurz vor dem Einschlafen. »Wirst du mein dunkeläugiger Märchenprinz sein und mich vor den Schweinen beschützen? Wirst du mir Lieder singen? Mich auf die höchsten Bäume entführen? …« Sie verstummte.
    »Ja, das werde ich«, sagte ich, doch daran, wie schwer sie nun in meinen Armen lag, erkannte ich, dass sie eingeschlafen war.

Kapitel 80
    Eisen berühren

    I ch lag wach und spürte Dennas Atem auf meinem Arm. Auch wenn ich gewollt hätte, hätte ich nicht schlafen können. Ihre Nähe erfüllte mich mit knisternder Energie und wohliger Wärme. Ich lag wach und genoss es, jeder Moment war kostbar wie ein Edelstein.
    Dann hörte ich in der Ferne einen Ast brechen. Und noch einen zweiten. Kurz

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