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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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ich ihn ein, sich zu unserer Truppe zu gesellen, in der Hoffnung, Antworten auf meine Fragen zu bekommen. Und obwohl es mir nicht bewusst war, wollte ich schon damals den Namen des Windes erfahren.

Kapitel 9
    In Bens Wagen

    A benthy war der erste Arkanist, den ich kennenlernte, für einen kleinen Jungen eine fremdartige, aufregende Gestalt. Er war in sämtlichen Wissenschaften beschlagen: Botanik, Astronomie, Psychologie, Anatomie, Alchemie, Geologie, Chemie …
    Er war beleibt und hatte einen funkelnden Blick, der schnell von einem Gegenstand zum nächsten huschte. Ein dunkelgrauer Haarkranz säumte seinen Hinterkopf, aber er hatte – und das ist es, woran ich mich am eindringlichsten bei ihm erinnere – keine Augenbrauen. Eigentlich hatte er durchaus welche, aber sie waren beständig dabei nachzuwachsen, denn er sengte sie sich bei seinen alchemistischen Betätigungen immer wieder ab. Das verlieh seinem Gesicht zugleich etwas Erstauntes und Spöttisches.
    Er sprach behutsam, lachte viel und machte nie Scherze auf Kosten anderer. Er konnte fluchen wie ein betrunkener Seemann mit gebrochenem Bein, tat das aber nur gegenüber seinen Eseln. Sie hießen Alpha und Beta, und Abenthy gab ihnen Möhren und Würfelzucker zu fressen, wenn er glaubte, dass niemand es sah. Seine große Liebe galt der Chemie, und mein Vater sagte, nie sei ihm ein fähigerer Destillateur begegnet.
    An seinem zweiten Tag bei unserer Truppe hatte ich es mir schon angewöhnt, auf seinem Wagen mitzufahren. Ich stellte ihm Fragen, und er antwortete. Dann bat er mich, etwas zu singen, und ich begleitete mich dabei auf einer Laute, die ich mir aus dem Wagen meines Vaters lieh.
    Hin und wieder sang er sogar mit. Er hatte einen hellen, unbekümmerten Tenor, der allerdings oft vom Weg abkam und an denfalschen Stellen nach Tönen suchte. Wenn das geschah, hielt er meist inne und lachte über sich selbst. Er war ein guter Mensch ohne jeglichen Dünkel.
    Bald nachdem er sich unserer Truppe angeschlossen hatte, fragte ich ihn, wie es denn so sei, Arkanist zu sein.
    Er sah mich nachdenklich an. »Bist du denn schon mal einem Arkanisten begegnet?«
    »Wir haben mal einen dafür bezahlt, dass er uns unterwegs eine gebrochene Achse repariert hat.« Ich überlegte kurz. »Er war mit einer Fischkarawane landeinwärts unterwegs.«
    Abenthy machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nein, nein, mein Junge. Ich spreche von Arkanisten . Nicht von irgendwelchen armseligen Hexern, die sich auf den Karawanenrouten damit verdingen, Frischfleisch vor dem Faulen zu bewahren.«
    »Was ist denn der Unterschied?«, fragte ich, da ich spürte, dass das von mir erwartet wurde.
    »Nun ja«, sagte er. »Es würde einige Zeit brauchen, das zu erklären …«
    »Ich habe alle Zeit der Welt.«
    Abenthy sah mich prüfend an. Darauf hatte ich gewartet. Dieser Blick besagte: »Du klingst gar nicht so jung wie du aussiehst.« Ich hoffte, er würde bald damit klarkommen. Es wird schnell lästig, wenn die Leute mit einem reden, als wäre man ein Kind, selbst wenn man rein zufällig noch eines ist.
    Er atmete tief durch. »Dass jemand ein oder zwei Tricks beherrscht, macht ihn noch lange nicht zum Arkanisten. Der weiß dann vielleicht, wie man einen Knochen richtet oder Eld Vintic liest. Vielleicht beherrscht er sogar ein klein wenig Sympathie. Aber –«
    »Sympathie?«, unterbrach ich ihn so höflich wie möglich.
    »Du würdest es wahrscheinlich als Zauberei bezeichnen«, sagte Abenthy widerwillig. »Aber das ist es in Wirklichkeit nicht.« Er zuckte die Achseln. »Aber selbst wenn man die Sympathie beherrscht, macht einen das noch nicht zum Arkanisten. Ein wahrer Arkanist hat sich an der Universität durch das Arkanum gearbeitet.«
    Als er auf das Arkanum zu sprechen kam, lagen mir sofort zwei Dutzend weitere Fragen auf der Zunge. Das ist nicht viel, denkt Ihrjetzt vielleicht, aber wenn man die vier Dutzend Fragen hinzuzählte, die ich ohnehin schon mit mir herumtrug, wohin ich auch ging, platzte ich fast vor lauter Fragen. Es erforderte eine erhebliche Willensanstrengung, den Mund zu halten und abzuwarten, bis Abenthy von sich aus weitersprach.
    Der bemerkte jedoch meine Reaktion. »Dann hast du also schon von dem Arkanum gehört?« Er wirkte belustigt. »Erzähl mir, was du darüber gehört hast.«
    »Ein Junge in Temper Glen hat mir erzählt, wenn einem der Arm abgeschlagen wird, können sie ihn an der Universität wieder annähen. Können sie das wirklich? Manche sagen, Taborlin

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