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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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und die mir trauen, können sich meine Dienste nicht leisten.« Er spähte in seinen Geldbeutel. »Wir haben noch anderthalb Penny, also sind unsere Möglichkeiten beschränkt. Wollen wir heute Nacht nass werden oder morgen hungern? Wir werden hier keine Geschäfte machen können, also wird uns wahrscheinlich eins davon nicht erspart bleiben.«
    Ich schlich mich bis an die Ecke des Gebäudes, so dass ich lesen konnte, was auf dem Wagen des alten Mannes geschrieben stand. Die Aufschrift lautete:
    ABENTHY – DER ARKANIST.
    Schreiber. Rutengänger. Chemiker. Dentist.
    Raritäten. Behandlung sämtlicher Gebrechen.
    Allesfinder. Allesflicker.
    Keine Horoskope. Keine Liebestränke. Keine Missetaten.
    Abenthy bemerkte mich, sobald ich hinter der Gebäudeecke hervortrat. »Hallo, junger Mann. Was kann ich für dich tun?«
    »Könnte ich für einen Penny irgendetwas bei Euch kaufen?«
    Er wirkte belustigt, aber auch neugierig. »Was hättest du denn gern?«
    »Ich hätte gern etwas Lacillium.« Wir hatten im vergangenen Monat ein Dutzend Mal Die holde Farien aufgeführt, und das hatte mein kindliches Gemüt mit Intrigen und Mordkomplotten erfüllt.
    »Rechnest du denn damit, dass dich jemand vergiften will?«, fragte er ein wenig erstaunt.
    »Nein, eigentlich nicht. Aber ich glaube, wenn man tatsächlich mal ein Gegengift braucht, ist es wahrscheinlich schon zu spät, um sich eins zu besorgen.«
    »Ich könnte dir wohl für einen Penny etwas davon verkaufen«, sagte er. »Das wäre ungefähr die richtige Dosis für einen Menschen von deiner Körpergröße. Aber es ist auch selbst eine gefährliche Substanz. Und es wirkt nur bei bestimmten Giften. Man kann sich großen Schaden zufügen, wenn man es zum falschen Zeitpunkt nimmt.«
    »Oh«, sagte ich. »Das wusste ich nicht.« In dem Stück wurde es als Allheilmittel dargestellt.
    Abenthy tippte sich nachdenklich mit einem Finger an den Mund. »Kannst du mir einstweilen eine Frage beantworten?« Ich nickte. »Wessen Truppe ist das?«
    »In gewisser Hinsicht ist es meine«, sagte ich. »In anderer Hinsicht jedoch ist es die meines Vaters, denn er leitet die Vorstellungen und bestimmt, wohin wir fahren. Aber es ist auch die von Baron Greyfallow, denn der ist unser Schirmherr.«
    Der alte Mann sah mich belustigt an. »Ich habe schon von euch gehört. Eine gute Truppe. Sehr angesehen.«
    Ich nickte, denn ich sah keinen Anlass für falsche Bescheidenheit.
    »Meinst du, dein Vater wäre an fremder Hilfe interessiert?«, fragte er. »Ich behaupte nicht, ein großer Schauspieler zu sein, aber es ist immer praktisch, mich dabeizuhaben. Ich könnte euch Schminke herstellen, die frei von Blei, Quecksilber und Arsen ist. Ich könnte auch für die Beleuchtung sorgen – schnell, sauber und hell. In unterschiedlichen Farben, wenn ihr wollt.«
    Da musste ich nicht lange überlegen. Kerzen waren teuer und bei Wind nicht zu gebrauchen. Fackeln waren schmutzig und gefährlich. Und welche Gefahren von schlechter Schminke ausgingen, hatte jeder in der Truppe schon in jungen Jahren gelernt. Es war nicht leicht, als Mime alt zu werden, wenn man sich jeden dritten Tag Gift ins Gesicht schmierte und deshalb schon mit fünfundzwanzig dem Wahnsinn anheim fiel.
    »Ich überschreite hier womöglich ein wenig meine Befugnisse«, sagte ich und streckte ihm die Hand zum Gruß entgegen. »Aber lasst mich der Erste sein, der Euch bei unserer Truppe willkommen heißt.«

    Da dies eine umfassende und aufrichtige Schilderung meines Lebens und meiner Taten werden soll, sollte ich erwähnen, dass ich Ben nicht ausschließlich aus uneigennützigen Motiven zu unserer Truppe einlud. Ja, es traf natürlich zu, dass gute Schminke und sauberes Licht eine willkommene Hilfe darstellten. Und es stimmt auch, dass mir der alte Mann dort ganz allein auf der Straße leid tat.
    Doch vor allem bewegte mich meine Neugier dazu. Ich hatte Abenthy etwas tun sehen, das ich mir nicht erklären konnte, etwas sehr Seltsames und Wunderbares. Ich meine nicht den Trick mit den Sympathielampen. Das erkannte ich als das, was es war: ein Bluff, um unwissende Leute zu beeindrucken.
    Was er danach getan hatte, war etwas anderes. Er hatte den Wind gerufen, und – der Wind war gekommen. Das war Magie. Echte Magie. Jene Art von Magie, wie ich sie aus Geschichten über Taborlin den Großen kannte. Jene Art von Magie, an die ich seit meinem sechsten Lebensjahr nicht mehr glaubte. Jetzt wusste ich nicht mehr, was ich glauben sollte.
    Und daher lud

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