Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
der Große sei dorthin gegangen, um die Namen aller Dinge zu erfahren. Da gibt es eine Bibliothek mit tausend Büchern. Sind es wirklich so viele?«
    Er antwortete auf die letzte Frage, die anderen waren zu schnell vorübergehuscht, als dass er darauf einzugehen vermochte. »Es sind mehr als tausend. Es sind zehn mal zehntausend Bücher. Und noch mehr. Mehr Bücher, als du je lesen könntest.« Abenthy klang leicht wehmütig.
    Mehr Bücher, als ich je lesen könnte? Irgendwie bezweifelte ich das.
    Ben fuhr fort: »Die Leute, die man im Gefolge der Karawanen sieht – die Hexer, die verhindern, dass Lebensmittel verderben, die Wünschelrutengänger, Wahrsager, Krötenfresser – das sind ebensowenig richtige Arkanisten wie alles fahrende Volk den Edema Ruh angehört. Die kennen sich vielleicht ein bißchen mit Alchemie aus, ein bißchen mit Sympathie, ein bißchen mit Medizin.« Er schüttelte den Kopf. »Aber Arkanisten sind das nicht. Es gibt viele Leute, die sich für Arkanisten ausgeben. Sie tragen Gewänder und tun ganz geheimnisvoll, um die Dummheit und Leichtgläubigkeit der Menschen auszunutzen. Aber das hier ist es, woran du einen wahren Arkanisten erkennst.«
    Abenthy zog sich eine dünne Kette über den Kopf und reichte sie mir. Es war das erste Mal, dass ich ein Gildenabzeichen des Arkanums sah. Es sah recht unscheinbar aus, nur ein Bleiplättchen mit einer Inschrift in einer mir unbekannten Sprache.
    »Das ist ein echtes Gildenabzeichen«, erklärte Abenthy mit einiger Genugtuung. »Das ist das einzige sichere Zeichen, an dem man einen wahren Arkanisten erkennt. Dein Vater hat sich meines zeigen lassen, ehe er mir gestattet hat, mich eurer Truppe anzuschließen. Daran sieht man, er ist ein Mann, der Bescheid weiß.« Er beäugte mich. »Unangenehm, nicht wahr?«
    Ich biss die Zähne zusammen und nickte. Sobald ich das Abzeichen berührt hatte, war meine Hand wie betäubt. Ich wollte die Inschriften auf der Vorder- und Rückseite betrachten, doch nach zwei Atemzügen war mir auch der Arm bis zur Schulter hinauf eingeschlafen, so als hätte ich die ganze Nacht lang darauf gelegen. Ich fragte mich, ob ich am ganzen Körper betäubt würde, wenn ich es lange genug in der Hand hielt.
    Ich sollte es nicht herausfinden, denn wir fuhren durch ein Schlagloch, und meine betäubte Hand hätte Abenthys Gildenabzeichen fast auf den Boden des Wagens fallen lassen. Er fing es auf und hängte es sich mit einem leisen Lachen wieder um den Hals.
    »Wie haltet Ihr das bloß aus?«, fragte ich und versuchte, wieder etwas Leben in meine Hand hineinzureiben.
    »So fühlt es sich nur bei anderen Menschen an«, erklärte er. »Dem Besitzer vermittelt es nur ein warmes Gefühl. Daran erkennt man den Unterschied zwischen einem Arkanisten und jemandem, der einfach nur die Gabe besitzt, Wasser zu finden oder das Wetter vorherzusagen.«
    »Trip ist so jemand«, sagte ich. »Er würfelt Siebener.«
    »Das ist etwas anderes«, lachte Abenthy. »Das ist nicht so unerklärlich wie eine Gabe.« Er sank ein wenig auf seinem Sitz zusammen. »Und das ist wahrscheinlich auch besser so. Vor ein paar hundert Jahren wäre man so gut wie tot gewesen, wenn irgend jemand mitbekommen hätte, dass man eine besondere Gabe besitzt. Die Tehlaner sahen darin Anzeichen für einen Dämon und verbrannten solche Menschen, wenn sie ihrer habhaft werden konnten.« Abenthys Stimmung verschlechterte sich offensichtlich.
    »Wir mussten Trip schon ein oder zwei Mal aus dem Gefängnis befreien«, sagte ich, bemüht, dem Gespräch eine heiterere Note zu verleihen. »Aber ihn zu verbrennen, das hat noch keiner versucht.«
    Abenthy schenkte mir ein müdes Lächeln. »Ich nehme mal an, Trip besitzt ein paar sehr raffiniert konstruierte Würfel, oder er verfügt über eine besondere Fingerfertigkeit, wahrscheinlich auch was Spielkarten anbelangt. Ich danke dir für diese zeitige Warnung. Aber eine Gabe ist etwas ganz anderes.«
    Ich kann es nicht ausstehen, herablassend behandelt zu werden. »Trip könnte nicht einmal mogeln, wenn sein Leben davon abhinge«, sagte ich in etwas schärferem Ton als eigentlich gewollt. »Und jeder aus unserer Truppe erkennt gezinkte Würfel. Trip würfelt Siebener. Ganz egal, welche Würfel er dazu nimmt, er wirft Siebener. Wenn er mit jemandem wettet, wirft er Siebener. Wenn er auch nur einen Tisch anrempelt, auf dem zwei Würfel liegen – Siebener.«
    »Hm.« Abenthy nickte nachdenklich. »Entschuldige bitte. Das klingt dann doch

Weitere Kostenlose Bücher