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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Butzemännern?«
    »Vor Bären.«
    »Und Banditen.«
    »Das sind gute, vernünftige Ängste für einen fahrenden Schauspieler«, sagte Ben. »Ängste, mit denen Städter nichts anzufangen wissen. Jeder Ort hat seinen eigenen kleinen Aberglauben, und jeder lacht über das, woran die Leute am anderen Ufer des Flusses glauben.« Dann sah er sie mit einem strengen Blick an. »Aber habt Ihr jemals ein lustiges Lied oder eine lustige Geschichte über die Chandrian gehört? Ich wette einen Penny, dass nicht.«
    Meine Mutter überlegte einen Moment lang und schüttelte dann den Kopf. Mein Vater trank einen Schluck und tat es ihr gleich.
    »Also, ich behaupte nicht, dass die Chandrian da draußen sind und gleich dreinfahren werden wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Aber überall haben die Leute Angst vor ihnen. Und für so etwas gibt es normalerweise einen Grund.«
    Ben grinste und kippte seine Tontasse um, kippte den Rest von seinem Bier auf die Erde. »Und Namen sind etwas Seltsames. Etwas Gefährliches.« Er sah sie eindringlich an. »Das weiß ich mit Sicherheit, weil ich ein gebildeter Mann bin. Wenn auch ich ein ganz klein wenig abergläubisch bin …«, er zuckte die Achseln, »… so ist das meine Entscheidung. Ich bin alt. Und alten Leuten soll man ihren Willen lassen.«
    Mein Vater nickte nachdenklich. »Merkwürdig, dass mir nie aufgefallen ist, dass die Chandrian von jedermann gleich gesehen werden. Das hätte ich eigentlich bemerken müssen.« Er schüttelte den Kopf. »Auf die Namen können wir wohl auch noch später zurückkommen. Worüber wolltet Ihr mit uns sprechen?«
    Ich wollte mich schon davonschleichen, ehe man mich noch erwischte, doch was Ben als nächstes sagte, ließ mich erstarren.
    »Es ist wahrscheinlich leicht zu übersehen, da Ihr ja seine Elternseid, aber Euer Kvothe ist ein ausgesprochen kluger Junge.« Ben schenkte sich nach und bot auch meinem Vater den Krug an, der aber dankend ablehnte. »Ja, ›klug‹ ist wirklich noch untertrieben.«
    Meine Mutter sah Ben über ihren Becher hinweg an. »Das sieht jeder, der ein wenig Zeit mit dem Jungen verbringt, Ben. Ich wüsste nicht, warum man das zur Sprache bringen müsste.«
    »Ich glaube, Euch ist das nicht in seinem ganzen Ausmaß bewusst«, sagte Ben und streckte seine Füße fast bis ins Feuer. »Wie leicht hat er das Lautenspiel erlernt?«
    Mein Vater schien wegen des plötzlichen Themenwechsels etwas erstaunt. »Sehr leicht. Warum?«
    »Wie alt war er da?«
    Mein Vater zupfte sich nachdenklich den Bart. In diesem Schweigen ertönte die Stimme meiner Mutter wie ein Flötenton. »Acht.«
    »Denkt einmal an die Zeit zurück, als Ihr das Lautenspiel erlernt habt. Wisst Ihr noch, wie alt Ihr da wart? Erinnert Ihr Euch daran, wie schwer es Euch gefallen ist?« Mein Vater zupfte sich immer noch den Bart, aber seine Miene war nun nachdenklicher, und sein Blick schweifte in weite Ferne.
    Abenthy fuhr fort: »Und er hat doch bestimmt sämtliche Töne und Fingersätze beherrscht, nachdem man sie ihm ein einziges Mal gezeigt hatte, und zwar ohne daneben zu greifen oder sich zu beklagen, nicht wahr? Und wenn er doch einmal einen Fehler machte, dann machte er ihn nie ein zweites Mal, stimmt’s?«
    Mein Vater wirkte ein wenig verwirrt. »Meistens schon, aber er hatte auch seine Schwierigkeiten, wie jedermann sonst auch. Das E. Er hatte große Schwierigkeiten mit dem hohen und dem tiefen E. «
    Meine Mutter meldete sich zu Wort: »Daran erinnere ich mich auch, mein Lieber. Aber ich glaube, das lag nur an seinen kleinen Händen. Er war noch so unglaublich jung …«
    »Davon hat er sich bestimmt nicht lange aufhalten lassen«, sagte Ben. »Er hat überhaupt wunderbare Hände. Meine Mutter hätte gesagt: Die Hände eines Magiers.«
    Mein Vater lächelte. »Die hat er von seiner Mutter – zart und doch stark. Bestens geeignet zum Töpfeschrubben, nicht wahr, Weib?«
    Meine Mutter verpasste ihm einen Klaps, hielt dann eine seiner Hände fest und zeigte Ben die Handfläche. »Die hat er von seinem Vater – feingliedrig und zart. Bestens geeignet, um Edelfräuleins zu verführen.« Mein Vater wollte protestieren, aber sie beachtete ihn gar nicht. »Mit seinen Augen und Händen wird auf der ganzen Welt kein weibliches Wesen vor ihm sicher sein, wenn er erst einmal anfängt, den Frauen nachzustellen.«
    »Ihnen den Hof zu machen, meine Liebe«, berichtigte mein Vater behutsam.
    »Wortklauberei.« Sie zuckte die Achseln. »Es ist doch immer eine Jagd, und

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