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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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eifriger Schüler geworden, oder du hast irgendwas ausgefressen.«
    »Was macht man denn nun an der Universität mit Schülern, die ihre Lehrer belauschen?«, fragte Bast neugierig.
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Ich habe mich nie dabei erwischen lassen. Doch ich glaube, wenn du dir den Rest meinerGeschichte anhören musst, ist das Strafe genug. Aber wie unachtsam von mir«, sagte Kvothe und zeigte in den Schankraum. »Wir vernachlässigen ja unseren Gast.«
    Der Chronist wirkte alles andere als gelangweilt. Gleich als Bast hereingekommen war, hatte der Chronist ihn aufmerksam beobachtet. Und je länger sich das Gespräch hinzog, desto verwunderter und forschender blickte der Chronist.
    Freilich muss auch etwas über Bast gesagt werden. Auf den ersten Blick sah er aus wie ein ganz normaler, wenn auch attraktiver junger Mann. Etwas an ihm jedoch war anders. Er trug zum Beispiel diese weichen schwarzen Stiefel. Erhaschte man allerdings einen Blick aus dem Augenwinkel auf ihn und stand er in diesem Moment gerade in der richtigen Art von Schatten, so sah man statt der Stiefel womöglich etwas gänzlich anderes.
    Und verfügte man über den entsprechenden Verstand, einen Verstand, der tatsächlich sah, was er erblickte, fiel einem womöglich auf, dass etwas an seinen Augen merkwürdig war. Und hatte der Verstand die seltene Gabe, sich nicht von seinen Erwartungen täuschen zu lassen, so entdeckte man womöglich noch etwas weiteres an ihnen, das seltsam und wunderbar war.
    Deshalb hatte der Chronist Kvothes Schüler angestarrt und festzustellen versucht, was an ihm anders war. Als ihr kurzes Gespräch dann endete, hätte man den Blick des Chronisten zumindest als sehr aufmerksam, unter Umständen sogar als eher unhöflich bezeichnet. Als Bast sich schließlich am Tresen umwandte, bekam der Chronist große Augen, und aus seinem ohnehin blassen Gesicht wich der letzte Rest Farbe.
    Er griff sich in den Hemdausschnitt und zog etwas hervor, das ihm am Hals gehangen hatte. Er legte es eine Armeslänge von sich entfernt auf den Tisch, zwischen Bast und sich. Das alles geschah binnen einer halben Sekunde, und er ließ den dunkelhaarigen jungen Mann am Tresen dabei nicht aus dem Blick. Die Miene des Chronisten war ganz ruhig, als er das Metallscheibchen mit zwei Fingern auf den Tisch drückte.
    »Eisen«, sagte er. Seine Stimme hatte einen seltsam vollen Klang, so als wäre das ein Befehl, dem Folge zu leisten war.
    Bast krümmte sich, wie von einem Schlag in die Magengrube, bleckte die Zähne und stieß ein Geräusch aus, das halb Knurren, halb Schrei war. Mit unnatürlicher Schnelligkeit und Geschmeidigkeit legte er sich eine Hand an die Schläfe und spannte sich zum Sprung.
    Das alles geschah so schnell wie ein scharfer Atemzug. Dennoch gelang es Kvothe irgendwie, Basts Handgelenk zu packen. Ohne es wahrzunehmen oder sich darum zu kümmern, stürzte Bast auf den Chronisten zu, wobei er von Kvothes Hand wie von einer Fessel zurückgehalten wurde. Bast versuchte sich mit aller Kraft loszureißen, doch Kvothe stand hinter dem Tresen, den Arm ausgestreckt, reglos wie Stahl oder Stein.
    »Halt!« Kvothes Stimme peitschte die Luft wie ein Gebot, und in die Stille, die nun folgte, drangen seine scharfen, ärgerlichen Worte. »Ich dulde keine Kämpfe unter meinen Freunden. Ich habe auch so schon viel zu viele verloren.« Sein Blick traf den Chronisten. »Löst das, oder ich werde es zerstören.«
    Der Chronist hielt erschüttert inne. Dann bewegte er stumm den Mund und nahm mit leichtem Zittern die Finger von der stumpfen Metallscheibe, die auf dem Tisch lag.
    Alle Anspannung wich aus Bast, und einen Moment lang hing er schlaff wie eine Stoffpuppe an dem Handgelenk, das der hinter dem Tresen stehende Kvothe immer noch hielt. Dann fasste er sich und lehnte sich an den Tresen. Nach einem langen, forschenden Blick ließ Kvothe sein Handgelenk los.
    Bast sank auf einen Hocker, ohne den Chronisten dabei aus den Augen zu lassen. Er bewegte sich vorsichtig, wie jemand, der eine empfindliche Wunde hat.
    Und er hatte sich verwandelt. Die Augen, die den Chronisten im Blick behielten, waren immer noch von einem leuchtenden Meeresblau, zeigten sich nun aber ganz von einer Farbe, wie Edelsteine oder tiefe Waldseen, und statt der weichen Lederstiefel kamen nun anmutige Pferdefüße zum Vorschein.
    Kvothe winkte den Chronisten mit einer gebieterischen Geste herbei, nahm dann zwei Gläser und eine offenbar aufs Geratewohl gewählte Flasche. Er

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