Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
darüber ist man sich nicht einig.«
    »Lasst mich mal nachdenken …«, sagte Ben. »Die blauen Flammen sind natürlich klar. Aber ich hätte Bedenken, sie ausschließlich den Chandrian zuzuschreiben. In manchen Geschichten sind sie ein Zeichen für Dämonen, in anderen für Magie im Allgemeinen.«
    »Sie zeigen auch in Bergwerken schlechte Luft an«, sagte meine Mutter.
    »Tatsächlich?«, fragte mein Vater.
    Meine Mutter nickte. »Wenn eine Lampe bläulich brennt, weiß man, dass Grubengas in der Luft liegt.«
    »Ach du lieber Himmel! Grubengas?«, sagte mein Vater. »Entweder man löscht das Licht und verläuft sich in der Dunkelheit, oder man lässt es brennen und jagt den ganzen Laden in die Luft. Das ist furchterregender als jeder Dämon.«
    »Ich gebe auch zu, dass manche meiner Kollegen gelegentlich präparierte Kerzen oder Fackeln verwenden, um damit leichtgläubige Leute zu beeindrucken«, sagte Ben und räusperte sich verlegen.
    Meine Mutter lachte. »Bedenkt, mit wem Ihr sprecht, Ben. Ein wenig Effekthascherei werden wir niemandem verübeln. Ja, blaue Kerzen wären genau das richtige, wenn wir das nächste Mal Daeonica aufführen. Das heißt, falls Ihr noch irgendwo ein paar davon auftreiben könntet.«
    »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte Ben in belustigtem Tonfall. »Sonstige Anzeichen … Einer von ihnen soll Augen wie ein Ziegenbock haben – oder gar keine Augen – oder schwarze Augen. Das habe ich schon einige Male gehört. Ich habe auch gehört, dass Pflanzen eingehen, wenn die Chandrian in der Nähe sind. Holz vermodert, Metall rostet, Ziegelsteine zerbröckeln …« Er hielt inne. »Ich weiß bloß nicht, ob dies unterschiedliche Zeichen sind oder ein und dasselbe.«
    »Da seht Ihr mal, in was für Schwierigkeiten ich stecke«, sagte mein Vater verdrießlich. »Und hinzu kommt ja noch die Frage, ob sie alle die gleichen Zeichen führen oder jeder von ihnen eigene.«
    »Ich habe es dir doch gesagt«, sagte meine Mutter. »Jeder von ihnen hat ein eigenes Zeichen. Das ist die sinnvollste Erklärung.«
    »Die Lieblingstheorie meiner lieben Frau«, sagte mein Vater. »Aber das passt nicht. In manchen Geschichten sind die blauen Flammen das einzige Zeichen. In anderen werden Tiere wild, und es gibt keine blauen Flammen. In wieder anderen kommt ein Mann mit schwarzen Augen vor und werden Tiere wild und gibt es blaue Flammen.«
    »Ich habe dir doch erklärt, wie das einen Sinn ergibt«, entgegnete meine Mutter. Ihr gereizter Tonfall ließ erkennen, dass sie schon einige Male über dieses Thema debattiert hatten. »Sie müssen nicht immer alle zusammen sein. Sie könnten auch zu dritt oder viert losziehen. Und wenn einer von ihnen das Feuer dämpft, sieht es so aus, als würden sie alle das Feuer dämpfen. Das würde die Unterschiede der Geschichten erklären. Eine unterschiedliche Anzahl und unterschiedliche Zeichen, je nach dem, wie viele von ihnen es jeweils sind.«
    Mein Vater brummelte etwas.
    »Ihr habt wirklich eine kluge Frau, Arl«, meldete sich Ben zu Wort und löste damit die Anspannung, die in der Luft lag. »Für wieviel würdet Ihr sie mir verkaufen?«
    »Ich brauche sie leider für meine Arbeit, aber wenn Ihr an einem befristeten Mietverhältnis interessiert wärt, könnten wir sicherlich schnell –« Ein kräftiger Schlag, gefolgt von einem leicht schmerzhaften Glucksen des Baritons meines Vaters. »Kommen Euch noch irgendwelche anderen Merkmale in den Sinn?«
    »Sie sind angeblich ganz kalt, wenn man sie anfasst. Ich weiß allerdings nicht, wie irgendjemand das herausgefunden haben will. Außerdem habe ich gehört, dass Feuer nicht brennen, wenn sie in der Nähe sind. Das würde allerdings den Geschichten mit den blauen Flammen widersprechen. Es könnte –«
    Der Wind frischte auf, und es rauschte in den Bäumen. Das übertönte Bens Stimme. Ich nutzte die Gelegenheit und schlich mich ein paar Schritte näher heran.
    »… ›in den Schatten gespannt‹, was auch immer das bedeuten mag«, hörte ich meinen Vater sagen, als sich der Wind wieder legte.
    Ben seufzte. »Das weiß ich auch nicht. Ich habe einmal eine Geschichte gehört, in der sie sich damit verrieten, dass ihre Schatten indie falsche Richtung wiesen, zum Licht hin. Und in einer anderen Geschichte wurde einer von ihnen als ›Umschatteter‹ bezeichnet. Es war ›Soundso der Umschattete.‹ Ich kann mich aber leider nicht mehr an den Namen erinnern …«
    »Apropos Namen: Das ist auch so ein Punkt, der

Weitere Kostenlose Bücher