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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Westen, sondern eine sehr praktische Schlechtwetterausrüstung trug.
    Er musterte Rory mit dem empfindungslosesten, abschätzendsten Blick, den ich je gesehen hatte. Wäre dieser Blick auf mich gerichtet gewesen, ich hätte bestimmt ebenso zitternd und verängstigt dagestanden wie Rory.
    „Hallo, Mr. Bagosian“, sagte der junge Mann schließlich. „Wie geht’s? Wie geht es Therese?“
    „Nimm ihren Namen nicht in den Mund!“ Wie pathetisch diese Worte klangen, und doch dachte keiner von uns daran zu lachen. Karl war es todernst.
    Therese? Fieberhaft kramte ich in meinen Erinnerungen. Richtig: Therese war die mittlere von Karls Töchtern.
    „Ich muss mit dir reden, Martin“, sagte Karl. „In der Küche.“
    Manchmal hatte man es als Gastgeberin wirklich schwer.
    „Rory“, erkundigte ich mich gespielt munter, „möchten Sie nicht hochgehen und Ihre Sachen zusammensuchen? Dann brauchen Sie nicht noch mal hier herauszukommen.“
    Zu meiner Erleichterung reagierte der junge Mann auf den Wink mit dem Zaunpfahl und ging ins Obergeschoss. Irgendwie wirkte er in diesem Haus viel mehr zu Hause als ich. Ohne dass Karl und Martin, die in ihre Unterhaltung vertieft waren, mich beachteten, suchte ich in der Küche den alten sackartigen Pullover mit den Riesentaschen darin, den ich achtlos über die Rücklehne eines Küchenstuhles geworfen hatte, als ich mit Margaret Kaffee trank. Diesen Pulli hatte ich am Morgen bei meinem Schneespaziergang unter dem Mantel getragen, und in seiner linken Tasche befand sich noch immer das Babyphon.
    Durch die offene Küchentür warf ich meinen ungeladenen Gästen einen Blick zu. Auch sie erkannten den Hinweis und begannen, sich zu unterhalten. Hayden war ein paar Minuten zuvor aufgewacht. Martin hatte ihn in seinem Kindersitz auf dem Couchtisch abgestellt, und der Kleine trug natürlich zur Konversation bei. Ein weiteres heißes Thema war der nächtliche Schneeeinbruch. Danach ging man nahtlos zu lokalem Klatsch und Tratsch über, was für mich genauso langweilig war wie Gerede über Lawrenceton für die Leute hier. Aus den Bruchstücken, die ich hörte, während ich Becher neu füllte und Servietten verteilte, erfuhr ich, dass Margaret früher als Lehrerin gearbeitet hatte, Dennis Stinson ein Fan der Dallas Cowboys war und weiterer Schnee drohte.
    Draußen hupte jemand. Ich ging zur Tür, unser Fuhrpark hatte sich um einen antiken, schmutzigen Pick-up vergrößert, der ein abnehmbares Schild auf dem Dach trug. „US Mail“ stand darauf, und die Fahrerin des Wagens lehnte sich aus dem offenen Beifahrerfenster, ein Päckchen sowie diverse Umschläge in der Hand.
    „Hallo!“, rief ich ihr zu, ehe ich nur mit dem großen Pulli als Wetterschutz aus der Tür trat. Das Babyphon schlug mir beim Gehen gegen die Beine, und ich war froh, meine gefütterten Schuhe zu tragen. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, als die atemberaubende Kälte in meine Lunge drang.
    „Sind Sie die neuen Leute?“ Alles an der Postbotin war dick, und sie trug einen altmodischen und noch dazu äußerst nachlässig ausgeführten Zottelhaarschnitt. Sie roch nach Zigarettenrauch.
    „Wir wohnen hier nur kurz. Wir sind die Eigentümer.“ Inzwischen stand ich direkt neben dem Auto und musste nicht mehr schreien. Der Motor des Fahrzeugs klang in der Schneestille sehr laut.
    „Wollte mich nur erkundigen. Ich habe hier ein Paket für die Mieterin. Nehmen Sie es an, oder soll ich es behalten, bis sie zurückkommt?“
    Es war eine Schachtel von Victoria’s Secret. Gütiger Himmel.
    „Ich nehme es für sie an“, sagte ich verdrießlich und schob mir die Schachtel unter den Arm. Die Postbotin hatte in weiser Voraussicht ein Gummiband um die Schachtel gewickelt, um die Briefe daran zu befestigen.
    „Wie heißen Sie?“, rief die dickliche Dame.
    „Aurora Teagarden. Mein Mann heißt Martin Bartell, aber ich glaube nicht, dass wir Post hierher bekommen werden“, erklärte ich. „Werfen Sie die Post sonst immer in den Briefkasten unten an der Straße?“
    „Ja, normalerweise schon, aber die Schachtel passte nicht rein, und als ich sah, dass Spuren die Auffahrt heraufführten, dachte ich, hier ist bestimmt wer zu Hause“, sagte sie. „Na ja, nett, Sie kennengelernt zu haben.“
    Ich bedankte mich und eilte frierend zurück ins Haus, das Paket fest an die Brust gedrückt. Wieder schlug die schwere Pullovertasche gegen mein Bein.
    „Das war Geraldine Clooney“, begrüßte mich Margaret leicht erheitert. „Was

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